Dinslaken.
Sie sind gekommen, um die Menschen wach zu rütteln: Die Theatergruppe „Berliner Compagnie“ mit ihrem Stück „Anders als du glaubst“, gastierte am Dienstagabend zum zweiten Mal im Ledigenheim Lohberg. Das Stück beginnt fast sanft, die Darsteller liegen auf dem Boden. Sie stehen für fünf Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Was sie gemeinsam haben? Sie sind alle tot, bei einem Attentat ums Leben gekommen, und finden sich ungefragt zusammen im Jenseits wieder. Sie hadern miteinander: Die fromme Muslima Mariam Samet (Selin Kavak) ruft: „Dieser Terror hat nichts mit dem Islam zu tun. Der Islam ist Barmherzigkeit!“ Sämtliche Vorurteile der drei großen Weltreligionen Christentum, Islam und Judentum werden aufgetischt, um gleich darauf mit Fakten oder Argumenten zerschlagen zu werden.
Die Gruppe muss sich finden, sich verstehen lernen. Sie landet, um eine letzte Aufgabe zu erfüllen, wieder auf der Erde, in Afrika. Ob in Burkina-Faso, Somalia oder Nigeria, Probleme gibt es genug anzuprangern: Allein die Geschichte birgt so viele religiöse Konflikte, dass der Lauf der Darsteller auf fünf grauen Quadern zum Drahtseilakt wird.
Jeder von ihnen verliert sich dabei, und stolpert fast, in Erklärungen über seine Religion. „Geschichte ist die Wissenschaft vom Unglück der Menschen“, sagt der Rabbi Jehoschua Benda (H.G. Fries). „Ich will doch nur in Frieden leben“. Doch gerade dieser Wunsch scheint schwer zu erfüllen. Gnadenlos werden die Ausbeutung unschuldiger Menschen, Korruption und Machtmissbrauch unter Beschuss genommen. Schonungslos erzählt die „Schwester in einem somalischen Krankenhaus“ (Elke Schuster) von ihrer Pflicht, den Müttern das Todesurteil ihres Kindes sagen zu müssen. „Dürre Beine – der Hungerstod ist nah. Etwa 70 Kinder auf Matten, eine Kanüle im Arm“. Im Verlauf des Stückes geht es ans Eingemachte. „Wo Leute arm sind, werden Seelenfischer reich“, so der Rabbi. Flüchtlinge nach Europa oder in den Tod? Piraterie statt Fischerei wird zur Überlebensform. Das Publikum wird kritisch aufgerüttelt. Am Ende sind die drei bei Abraham, dem Stammvater aller drei Glaubensrichtungen. Er lehrte unbedingtes Gottvertrauen. Und endlich streiten der linke Atheist (Jean-Theo Jost), der Jude, die Muslima, die gläubige Christin und der Skeptiker (Rondo Beat) nicht mehr. Können sie am Ende ihre Aufgabe, ein Verständnis füreinander, meistern? „So viel ist noch zu tun“, sagen sie. „So wenig gelingt.“ Ein wenig wehmütig, das Ende bleibt offen.