Dinslaken. . Das Frauenhaus in Dinslaken besteht seit 35 Jahren. Schon vier Wochen nach der Gründung 1981 waren alle Plätze belegt. Bis heute fanden 2684 Hilfesuchende mit 2947 Kindern Zuflucht.

  • Das Frauenhaus in Dinslaken besteht seit 35 Jahren
  • Schon vier Wochen nach der Gründung 1981 waren alle Plätze belegt
  • 2684 Hilfesuchende mit 2947 Kindern fanden bis heute Zuflucht

„Wenn es kein Frauenhaus gäbe, dann hätte uns unser Vater totgeschlagen.“ Der Satz der siebenjährigen Nadine, die mit ihrer Mutter in die Dinslakener Einrichtung flüchtete, offenbart nicht nur, wie wichtig das Frauenhaus auch heute ist, sondern auch, dass die Einrichtung zugleich ein Kinderhaus ist. 2684 Hilfesuchende fanden in den 35 Jahren seiner Existenz Zuflucht – und 2947 Kinder. Dabei konnten sich viele Dinslakener (auch in der Politik) Anfang der 80er Jahre nicht vorstellen, dass eine derartige Einrichtung in der Stadt benötigt wird.

„So etwas brauchen wir hier nicht“, hieß es damals oft, wissen altgediente Mitglieder des Vereins „Frauen helfen Frauen“ zu berichten. Ein Irrtum: Schon vier Wochen nach der Gründung war die Einrichtung überbelegt – und bis heute steht selten mal ein Zimmer leer. Zum 35-jährigen Bestehen informiert eine Ausstellung in der Sparkasse über das Leben im Frauenhaus – daraus stammt auch das Zitat von Nadine.

Als im Mai 1980 eine Gruppe Dinslakenerinnen den Verein „Frauen helfen Frauen“ mit dem Ziel gründete, eine Zufluchtsstätte für misshandelte Frauen zu eröffnen, war das Thema noch recht neu. Das erste Frauenhaus Deutschlands war fünf Jahre zuvor in Berlin gegründet worden. Der damalige Dinslakener Bürgermeister Karl-Heinz Klingen, so berichtete die NRZ im Jahr 1980, zeigte sich nach einer Sitzung der „Initiative Frauenhaus“ erschüttert zu hören, was sich auch in der „Stadt im Grünen“ im Verborgenen tue. Damit meinte er die Gewalt in den eigenen vier Wänden. Man müsse unbürokratisch helfen, forderte er damals. Die Politik stimmte zu: 15 000 Mark für Mietkosten und 30 000 Mark für die Einrichtung erhielt der Verein 1981 – und konnte das erste Frauenhaus an der B8 im Bruch einrichten, das mit seinen 108 Quadratmetern schon bald aus allen Nähten platzte.

Zwei Jahre später zog die Einrichtung in das heutige Gebäude um, dessen Adresse aus Sicherheitsgründen nie genannt wird. Die Gemeinschaftsräume im Erdgeschoss sind hell und wohnlich gestaltet, in der Küche können die Bewohnerinnen selbst ihr Essen kochen, für die Kinder gibt es einen Spielbereich, dazu einen Jugend- und einen Tobekeller sowie ein Dachgeschoss mit einem Ruhe- und einem Gruppenraum. Zwei Einzelzimmer, vier Zweibettzimmer und vier Vier-Bett-Zimmer stehen für die Frauen und ihre Kinder, die im Schnitt 100 Tage bleiben, bereit.

Viele Spendengelder wurden dazu verwendet, das Haus so herzurichten, dass die Frauen und ihr Nachwuchs, die ihr Zuhause meist Hals über Kopf verlassen mussten, Ruhe und vor allem Sicherheit finden. Die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen – vier Stellen werden vom Land Nordrhein-Westfalen anteilig finanziert – helfen den Frauen bei Behördengängen und dabei, die täglichen Dinge des Lebens zu organisieren.

Häufig flüchten die Frauen mit leeren Händen. „Neulich kam eine Frau mit einem Neugeborenen. Sie konnte nicht stillen und hatte auch keine Babynahrung dabei – und das am Wochenende“, berichtet Karin Schlichte vom Trägerverein. Kerstin Duda, hauptamtliche Mitarbeiterin, weiß: „Viele Frauen brauchen lange, bis sie endlich von zu Hause weggehen.“ Meist gibt es einen Auslöser. Zum Beispiel, wenn der Ehemann zum ersten Mal zu einer Waffe greift. „Ich schlackere selbst noch manchmal mit dem Ohren, wenn ich höre, was die Frauen alles mitmachen“, so Duda.

Trotz der wichtigen Arbeit, die die Frauenhäuser seit Jahrzehnten leisten, ist es noch nicht gelungen, die schon lange geforderte bundeseinheitliche Finanzierung für die autonomen Häuser zu erreichen. Die Absicherung ist von Bundesland zu Bundesland und selbst von Kommune zu Kommune unterschiedlich. Auch das Dinslakener Haus, das neben den Landesmitteln einen jährlichen Sachkostenzuschuss von der Stadt erhält, ist bei einigen Aufgaben auf Spendengelder angewiesen – etwa bei Renovierungsarbeiten. Und hier steht das nächste Projekt schon vor der Tür: Die Schlafzimmer der Frauen haben eine gründliche Renovierung nötig.

Die Ausstellung zum 35-jährigen Bestehen des Frauenhauses Dinslaken ist vom 15. bis 28. November in der Kundenhalle der Niederrheinischen Sparkasse Rhein-Lippe an der Friedrich-Ebert-Straße 31-37 zu sehen.

Der Verein „Frauen helfen Frauen“ sucht noch weitere Mitglieder, die bei der aktiven Arbeit für das Frauenhaus (Öffentlichkeitsarbeit, Spendenaktionen) helfen. Interessenten können sich unter 13646 melden.