Voerde. .
Der Betrieb der Landeserstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge im Gewerbegebiet Grenzstraße wird nicht über den mit der Caritas vereinbarten Zeitpunkt hinaus verlängert. Dies teilte Bürgermeister Dirk Haarmann gestern Abend im Sozialausschuss mit. Der Betreibervertrag mit dem Wohlfahrtsverband läuft zum 30. September dieses Jahres aus. Danach müsse das Gebäude – der ehemalige Praktiker-Markt – freigeräumt werden.
In der über 300 Plätze verfügenden „Notunterkunft“, die Voerde dem Land im Wege der Amtshilfe zur Verfügung stellte und die im November 2015 von den ersten Flüchtlingen bezogen wurde, sind aktuell 59 Menschen untergebracht. Neu belegt wurde die Einrichtung, von der aus die Flüchtlinge nach wenigen Wochen auf die Kommunen im Land verteilt werden sollen, zuletzt am 3. März. Mit ihrer Amtshilfe für das Land hatte sich die Stadt Voerde etwas Luft für die eigenen Planungen zur Unterbringung der ihr regulär zugewiesenen Flüchtlinge verschafft, deren Zahl 2015 massiv gestiegen war. Die in der Notunterkunft bereit gestellten Plätze werden der Kommune im Verhältnis 1:1,3 angerechnet, womit nach damaliger Aussage Haarmanns 390 Flüchtlinge erst einmal nicht nach Voerde kämen.
Prognosen über die weitere Entwicklung der Zahlen anzustellen, ist schwierig: Die Stadt Voerde bezieht sich auf eine Angabe des Landesinnenministers, wonach im April dieses Jahres 5326 Asylsuchende nach NRW kamen. Auf dieser Prognosezahl basierend, würden Voerde im laufenden Jahr 257 neue Flüchtlinge zugewiesen. Die Stadt geht aber angesichts des von ihr geleisteten „Übersolls“ bei der Aufnahmequote und monatlicher „Abgänge“ nach der momentanen Lage davon aus, dass sie ab Februar 2017 monatlich regulär 21 Flüchtlinge zugewiesen bekommt. Zusätzlich müssten bis März 2017 monatlich 60 Personen durch die Auflösung der Notunterkunft aufgenommen werden. Zudem seien monatlich je 13 Abgänge abzuziehen, so die Stadt in ihrer Prognose.
Zum Ende des vergangenen Jahres hatte die Kommune 566 Flüchtlinge zu versorgen, womit sich ihre Prognose (rund 580) nahezu bestätigt habe, wie Haarmann ausführte. Bis zum 30. Mai habe sich die Anzahl auf 500 verringert, darunter befänden sich derzeit 43 anerkannte Personen in städtischen Unterkünften. Aktuell leben 70 geduldete Flüchtlinge in Voerde.
232 Personen seien im Rahmen des Asylverfahrens noch nicht angehört worden. „Das ist eine Zahl, die uns deutlich zu hoch ist“, merkte Haarmann an. Iris Rutert, bei der Stadt für die Betreuung der Flüchtlinge zuständig, erläuterte später, was dies bei den Menschen, die eine relativ gute Bleibeperspektive haben, auslöst. So sei zunehmend feststellbar, dass sie die Ungewissheit „nicht mehr aushalten“.
54 Prozent der Menschen seien auf dem freien Wohnungsmarkt untergebracht, 40 Prozent in den Übergangseinrichtungen der Stadt und sieben Prozent in der Unterkunft, die von der türkischen Gemeinde in Friedrichsfeld errichtet wurde (Investorbetreibermodell). Christian Garden, Fraktionschef der Wählergemeinschaft (WGV), stellte die Frage nach der Unterkunft „Am Nordturm“ – die Stadt hatte das ehemalige Hotel gekauft. Und zunächst für die Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge genutzt. Vor 14 Tagen seien die letzten Personen ausgezogen. Nun werde die Immobilie für die ursprünglich vorgesehene Belegung hergerichtet, hieß es seitens der Verwaltung.