Dinslaken/Essen.. Nach den jüngsten Unwettern in NRW fängt nun die Arbeit für Versicherungen an. Nicht wenige Geschädigte bangen, auf ihrem Schaden sitzen zu bleiben.

Die Notrufnummer 112 war "dauerbesetzt" und das Wasser lief schwallartig ins Schlafzimmer, zwischen Fensterbank und Mauerwerk hindurch: Die vergangene Woche wird Werner Möller (Namen geändert) in Dinslaken nicht vergessen - wie viele in der Nachbarschaft. Starkregen hatte die Keller und Souterrain-Räume zahlreicher Wohnhäuser im Stadtteil Bruch unter Wasser gesetzt - innerhalb von nur einer Stunde. Möller schätzt seinen Schaden auf "mindestens 7000 Euro". Er bangt nun nicht nur, dass seine Versicherung etwas von den Kosten übernimmt - er hat Sorge, dass ihm die Versicherung deshalb kündigt.

Nun bekommen die Versicherer reichlich zu tun. Die Schäden in NRW dürften in die Millionen gehen. Ersten Zahlen der Provinzial Rheinland nach, lagen am Montag dort bereits rund 500 Schadensmeldungen alleine für den Niederrhein vor, mit insgesamt 729.000 Euro Schadensvolumen. Am Dienstag bezifferte die Versicherung die Schänden in NRW auf voraussichtlich rund 20 Millionen Euro. Bis Dienstag sei die Zahl der gemeldeten Schäden auf 4800 gestiegen.

Die heftigen Regenfälle gab es NRW-weit, wenn auch nicht flächendeckend. Zum Vergleich: Nach Tief Quintia, das im Juli 2014 besonders im Münsterland Überschwemmungen brachte, zählte die Versicherungswirtschaft bundesweit 30.000 Schadensmeldungen im Umfang von 200 Millionen Euro.

Kreis Wesel "dankt allen für ihren unermüdlichen Einsatz"

Im Kreis Kleve stehen auch am Montag noch zahlreiche Felder unter Wasser. Besonders heftig hatte es etwa in Uedem-Bruch, Kevelaer und Rees gegossen. 400 Unwettereinsätze zählte man in der Kreisleitstelle zwischen Mittwoch und Sonntag - und 110 Notrufe, "die wir für den Kreis Wesel erledigt haben", sagt eine Sprecherin. Im Kreis Wesel galt bis ins Wochenende Katastrophenalarm. Auch jetzt liefen noch Unwetter-Einsätze, inzwischen aber koordiniert ohne Krisenstab. "Wir bedanken uns bei allen Rettungs- und Einsatzkräften und allen engagierten Bürgern für ihren unermüdlichen Einsatz", teilte der Kreis am Montag auf seiner Internetseite mit.

Unwetter in der Region

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Zu den am stärksten vom Unwetter betroffenen Städten in der Region zählt Dinslaken im Kreis Wesel.
Zu den am stärksten vom Unwetter betroffenen Städten in der Region zählt Dinslaken im Kreis Wesel. © Rita Meesters | Unbekannt
In der rund 70.000 Einwohner zählenden Kommune geht derzeit wenig bis gar nichts. Tunnel stehen unter Wasser, Straßen sind zu Seen-Landschaften geworden.
In der rund 70.000 Einwohner zählenden Kommune geht derzeit wenig bis gar nichts. Tunnel stehen unter Wasser, Straßen sind zu Seen-Landschaften geworden. © Heiko Kempken / FUNKE Foto Servi | Heiko Kempken / FUNKE Foto Servi
Die Bundesstraße B8 ist nicht befahrbar, die Straßenbahn verkehrt nur sporadisch.
Die Bundesstraße B8 ist nicht befahrbar, die Straßenbahn verkehrt nur sporadisch. © Heiko Kempken / FUNKE Foto Servi | Heiko Kempken / FUNKE Foto Servi
Die Feuerwehr ist pausenlos im Einsatz, kann derzeit keine Angaben zum  Schadensumfang machen
Die Feuerwehr ist pausenlos im Einsatz, kann derzeit keine Angaben zum Schadensumfang machen © Heiko Kempken / FUNKE Foto Servi | Heiko Kempken / FUNKE Foto Servi
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Die Unterführung an der Wilhelm-Lantermann-Straße Richtung Hiesfeld.
Die Unterführung an der Wilhelm-Lantermann-Straße Richtung Hiesfeld. © Heiko Kempken / FUNKE Foto Servi | Heiko Kempken / FUNKE Foto Servi
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Der Din-Sevice bemuht sich, die Gullis wieder frei zu bekommen. Hier am Kreisverkehr Hünxer Straße an der Feuerwache. Zu allem Überfluss war die Feuerwehr auch selbst betroffen: Das Foyer der erst wenige Jahre alten Hauptwache in Lohberg stand unter Wasser.
Der Din-Sevice bemuht sich, die Gullis wieder frei zu bekommen. Hier am Kreisverkehr Hünxer Straße an der Feuerwache. Zu allem Überfluss war die Feuerwehr auch selbst betroffen: Das Foyer der erst wenige Jahre alten Hauptwache in Lohberg stand unter Wasser. © Heiko Kempken / FUNKE Foto Servi | Heiko Kempken / FUNKE Foto Servi
Die Gerhard-Malina-Straße war ebenfalls überflutet.
Die Gerhard-Malina-Straße war ebenfalls überflutet. © Adnan Akin | Unbekannt
Auch das Technische Hilfswerk wurde zur Unterstützung alarmiert, um die Wasserschäden in Dinslaken zu beseitigen.
Auch das Technische Hilfswerk wurde zur Unterstützung alarmiert, um die Wasserschäden in Dinslaken zu beseitigen. © THW Dinslaken | Unbekannt
Etliche überflutete Keller müssen leergepumpt werden.
Etliche überflutete Keller müssen leergepumpt werden. © THW Dinslaken | Unbekannt
Ein Polizist sucht auf der Hünxer Straße PKW-Kennzeichen in den Wassermassen.
Ein Polizist sucht auf der Hünxer Straße PKW-Kennzeichen in den Wassermassen. © imago/Reichwein | imago/Reichwein
THW und Feuerwehr waren im Dauereinsatz.
THW und Feuerwehr waren im Dauereinsatz. © imago/Reichwein | imago/Reichwein
Mehrere Fahrzeuge stehen in der Unterführung auf der B8 Willy-Brandt-Straße.
Mehrere Fahrzeuge stehen in der Unterführung auf der B8 Willy-Brandt-Straße. © imago/Reichwein | imago/Reichwein
Die Kreuzung Hünxer Straße / Gerhard-Malina-Straße.
Die Kreuzung Hünxer Straße / Gerhard-Malina-Straße. © imago/Reichwein | imago/Reichwein
30.05.2016 , DIN Dinslaken , Schwere Unwetter in Dinslaken , Straßen überflutet , Fahrzeuge in den Wassermassen eingeschlossen.30 05 2016 DIN Dinslaken serious Storm in Dinslaken Roads flooded Vehicles in the Water masses included
30.05.2016 , DIN Dinslaken , Schwere Unwetter in Dinslaken , Straßen überflutet , Fahrzeuge in den Wassermassen eingeschlossen.30 05 2016 DIN Dinslaken serious Storm in Dinslaken Roads flooded Vehicles in the Water masses included © imago/Reichwein | imago/Reichwein
Hatte keine Probleme durchzukommen. Ein Radfahrer in der Unterführung auf der B8 Willy-Brandt-Straße.
Hatte keine Probleme durchzukommen. Ein Radfahrer in der Unterführung auf der B8 Willy-Brandt-Straße. © imago/Reichwein | imago/Reichwein
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Mehrere Fahrzeuge stehen in der Unterführung auf der B8 Willy-Brandt-Straße.
Mehrere Fahrzeuge stehen in der Unterführung auf der B8 Willy-Brandt-Straße. © imago/Reichwein | imago/Reichwein
Auf der Schmachtendorfer Straße im Oberhausener Norden hielt eine Unterführung den Wassermassen nicht stand.
Auf der Schmachtendorfer Straße im Oberhausener Norden hielt eine Unterführung den Wassermassen nicht stand. © Marcel Kusch/dpa | dpa
Ein Mann und einen Frau hatten sich dort mit einem Renault Twingo festgefahren. Die beiden konnten sich aus eigener Kraft aus dem Wagen befreien und ins Trockene waten. Der Renault stand schließlich bis zum Dach unter Wasser.
Ein Mann und einen Frau hatten sich dort mit einem Renault Twingo festgefahren. Die beiden konnten sich aus eigener Kraft aus dem Wagen befreien und ins Trockene waten. Der Renault stand schließlich bis zum Dach unter Wasser. © Marcel Kusch/dpa | dpa
Kurz zuvor hatte sich bereits ein weiterer Autofahrer in der Unterführung festgefahren. Er konnte von Polizei und Feuerwehr aus dem Wagen befreit werden.
Kurz zuvor hatte sich bereits ein weiterer Autofahrer in der Unterführung festgefahren. Er konnte von Polizei und Feuerwehr aus dem Wagen befreit werden. © Marcel Kusch/dpa | dpa
Bis zum Dach unter Wasser stand dieses Auto, das unter der Brücke der Schmachtendorfer Straße in den Fluten des Unwetters stecken blieb. Die Insassen konnten sich rechtzeitig befreien.
Bis zum Dach unter Wasser stand dieses Auto, das unter der Brücke der Schmachtendorfer Straße in den Fluten des Unwetters stecken blieb. Die Insassen konnten sich rechtzeitig befreien. © Franz Naskrent / FUNKE Foto Services | FUNKE Foto Services
Hier werden gerade mehrere Keller an der Lütticher Straße in Schmachtendorf leergepumpt.
Hier werden gerade mehrere Keller an der Lütticher Straße in Schmachtendorf leergepumpt. © Kerstin Bögeholz /Funke Foto Services | Funke Foto Services
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An der Eichelkampstraße in Sterkrade muss eine Tiefgarage leer gepumpt werden.
An der Eichelkampstraße in Sterkrade muss eine Tiefgarage leer gepumpt werden. © Kerstin Bögeholz /Funke Foto Services | Funke Foto Services
Etwa 70 Feuerwehrleute waren im Einsatz, um die Spuren des Unwetters zu beseitigen – hier an der überfluteten Tiefgarage Eichelkampstraße.
Etwa 70 Feuerwehrleute waren im Einsatz, um die Spuren des Unwetters zu beseitigen – hier an der überfluteten Tiefgarage Eichelkampstraße. © Kerstin Bögeholz /Funke Foto Services | Funke Foto Services
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Auch einige Buden der Fronleichnamskirmes standen mehrere Zentimeter unter Wasser und konnten erst am frühen Nachmittag öffnen.
Auch einige Buden der Fronleichnamskirmes standen mehrere Zentimeter unter Wasser und konnten erst am frühen Nachmittag öffnen. © Kerstin Bögeholz /Funke Foto Services | Funke Foto Services
In Hamminkeln-Marienthal war bei dem Gewitter ein Eiche auf ein Wohnhaus gestürzt.
In Hamminkeln-Marienthal war bei dem Gewitter ein Eiche auf ein Wohnhaus gestürzt. © Markus Weissenfels / Funke Foto Services | Funke Foto Services
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Vergleichsweise glimpflich kam die Stadt Mülheim weg. Fünfmal rückte die Feuerwehr zu Überschwemmungen aus. Unter anderem lief die Aula der Förderschule an der Klotzdelle unter Wasser und die Fahrbahn der A 40 in Höhe der Haltestelle Rhein-Ruhr-Zentrum in Fahrtrichtung Duisburg.
Vergleichsweise glimpflich kam die Stadt Mülheim weg. Fünfmal rückte die Feuerwehr zu Überschwemmungen aus. Unter anderem lief die Aula der Förderschule an der Klotzdelle unter Wasser und die Fahrbahn der A 40 in Höhe der Haltestelle Rhein-Ruhr-Zentrum in Fahrtrichtung Duisburg. © Oliver Müller / FUNKE Foto Services | FUNKE Foto Services
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669 Hochwasser-Einsätze hat man im Kreis Wesel von Mittwoch bis zum Wochenende gezählt, 308 davon alleine im Ort Hamminkeln, der zweitweise abzusaufen drohte. Bis zu 1100 Einsatzkräfte waren zeitgleich im Einsatz; Aufgaben reichten vom Keller leerpumpen bis zum Sandsäcke häufen. Während die Feuerwehr in Sonsbeck 178- und in Xanten 148-mal ausrücken musste, gab es in Wesel nur 5 Unwetter-Einsätze; in Neukirchen Vluyn gar nur einen.

Viele verzichteten auf eine Elementarschaden-Versicherung

Die Unwetter kommen manchen Betroffenen teuer - die erst danach merkten, dass ihre Versicherungspolice solche "Elementarschäden" nicht abdeckt: "Viele Kunden haben auch bewusst auf eine Elementarschaden-Versicherung verzichtet, weil sie nicht damit gerechnet hatten, das uns mal solche Unwetter treffen", sagt Elisabeth Busch von einem Versicherungsmaklerbüro in Hamminkeln. Das letzte bemerkenswerte Issel-Hochwasser muss 1998 gewesen, heißt es beim Kreis Wesel. Experten prognostizieren, dass sich Unwetter-Ereignisse in den kommenden Jahren und Jahrzehnten noch häufen werden.

Beim Gesamtverband der Versicherungen warnt man vor solchen "Irrtümern": "Bei der Flut 2013 an Donau und Elbe entstanden 85 Prozent der versicherten Schäden abseits der großen Flüsse – also eben genau nicht an den Häusern mit Flusspanorama", heißt es im "Naturgefahrenreport 2015". Auch sei es nach erlittenen Wetter-Kapriolen nicht schwieriger, eine solche Versicherung abzuschließen, behauptet der GDV, und: "99 Prozent der Gebäude in Deutschland können gegen Naturgefahren versichert werden". Gleichwohl ist von Versicherungsmaklern zu hören, dass man etwa in unmittelbarer Nähe von großen Flüssen wie dem Rhein wohl nur sehr schwer und wenn, dann nur teuer Elementarschäden-Versicherungen bekommt. Auch gehen manche davon aus, dass die Prämien bei Gebäudeversicherungen nach den jüngsten Unwettern insgesamt weiter steigen dürften.

Werner Möller hat für sein Haus in Dinslaken-Bruch auch Elementarschäden abgedeckt, also Schäden durch Starkregen, Überschwemmung oder Wasser-Rückstau - eigentlich. Erst vor kurzem musste er sich mit Wasser im Souterrain herumärgern, weil Wasserleitungen mehrfach leckten. Die dafür abgeschlossene Gebäudeversicherung kam für den Schaden und die Renovierung auf. Jetzt muss das Souterrain erneut renoviert werden, seit Tagen lässt Möller Trockengeräte laufen. "Ich habe der Versicherung angeboten, das in Eigenarbeit zu erledigen", sagt Möller. Er wartet noch auf Antwort.