Voerde. . RWE beruft sich bei Forderung nach Stilllegung auf eine Klausel aus dem Jahr 1975. Laut Steag wäre ohne die Blöcke A und B auch das Kraftwerk „West“ gefährdet.

Setzt RWE sich mit der Forderung durch, gehen im September 2016 die Öfen des Steinkohlekraftwerks „Voerde“ aus. Das Essener Unternehmen hat, wie berichtet, Ende September von der Steag die Stilllegung der Blöcke A und B gefordert. Im Klartext heißt es, RWE will ein Kraftwerk stilllegen, das jemand anderem mehrheitlich gehört. Und die Steag sagt, dass es ohne die beiden Blöcke des Kraftwerks Voerde schwierig sei, den Betrieb des Kraftwerks „West“ mit den Blöcken 1 und 2 aufrecht zu halten. Verlieren somit die 320 Mitarbeiter Ende September 2016 ihren Job?

Noch ist keine Entscheidung gefallen. Jetzt sind erst einmal die Juristen am Zug. Die Steag lässt es kartellrechtlich überprüfen, ob der kleinere Partner überhaupt die Stilllegung der Kraftwerksblöcke durchsetzen kann. Interessant ist, dass RWE nicht seine Anteile am Kraftwerk Voerde verkaufen möchte. Das Unternehmen hat nicht die Stromlieferverträge gekündigt, es geht um die Abschaltung eines Kraftwerkes. Warum? Um das Angebot zu verknappen, um eigene Anlagen besser auszulasten?

Klausel wird überprüft

Betreiber der Kraftwerke West und Voerde ist die Steag. Und der Vertrag, auf den sich nun RWE beruft, stammt aus dem Jahre 1975. Der enthält allerdings eine Klausel, die dem kleineren Partner das Recht gibt, jeweils Ende September die Stilllegung zu verlangen. Mit einer Frist von einem Jahr. Nun wird geklärt, ob diese Klausel angesichts der allgemeinen Entwicklungen auf dem Energiemarkt heute noch Bestand habe. „Wir unterstützen, dass die Steag den rechtlichen Weg geht“, erklärt Bodo Wilms, Leiter des Bezirks Duisburg der Industrie-Gewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie (IG BCE). Auch für ihn stellt sich die Frage, ob ein solches Vertragswerk heute noch Bestand habe. Der Gewerkschafter erinnert daran, dass RWE in der Vergangenheit schon Stromlieferverträge gekündigt habe. Das zeige, unter welchem Druck RWE stehe. „Sie greifen nach jedem Strohhalm“, sagt Wilms.

Mitte Oktober hatte die Steag-Geschäftsführung die Mitarbeiter des Standortes Voerde in einer außerordentlichen Betriebsversammlung umfassend über die RWE-Forderung informiert.

Nach Informationen der NRZ möchte die Steag gerne am Standort Voerde festhalten. Nach Walsum verfügt man dort über die neueste Generation von Anlagen. Und man geht davon aus, dass der Standort künftig wieder wichtig sein wird, wenn kein Atomstrom mehr produziert wird.

Wie lange die Mitarbeiter in Voerde auf eine Entscheidung warten müssen, kann heute noch niemand sagen. Über den zeitlichen Ablauf des kartellrechtlichen Verfahrens kann nach Angaben der Steag-Pressestelle keine Prognose abgegeben werden.

Hintergrund

Das Steinkohlekraftwerk in Voerde ist das größte der Steag. Und eines der größten in Deutschland. Rund 320 Mitarbeiter sind am Standort in Voerde-Möllen beschäftigt.

Die Blöcke West 1 und 2 sind 1970/71 in Betrieb genommen worden, der Block A im Jahre 1982 und der Block B drei Jahre später.

Das Kraftwerk West gehört zu 100 Prozent der Steag. Das Kraftwerk Voerde (Block A und B) gehört zu 75 Prozent der Steag und zu 25 Prozent der RWE.