Dinslaken. NRZ-Serie „Wir sind die Altstadt“: Gabriele Deutsch hat 1967 ihre Lehre bei „Betten Krüssmann“ begonnen. Vor 22 Jahren wurde sie die Chefin des Unternehmens.
- Früher sah der Altmarkt „luftiger“ aus
- Die Beratung ist für die meisten Kunden wichtig
- Auf die Mittagspause wird verzichtet
Ein wenig „luftiger“ sah es am Altmarkt aus, als Gabriele Deutsch 1967 ihre Lehre im Unternehmen „Betten Krüssmann“ begann. „Damals stand der ganze Gebäudekomplex hier noch nicht, der Markt war dadurch viel größer und wurde, außer an den Markttagen, als Parkplatz genutzt. Außerdem fuhren zu jener Zeit noch die Autos durch die Duisburger Straße“, erzählt die heute 62-Jährige. Und noch eines hat sich verändert, aus dem damaligen Lehrmädchen ist vor 22 Jahren die Chefin des Unternehmens geworden.
War es durch den Autoverkehr damals weniger belebt in der Altstadt? Gabriele Deutsch überlegt einen kurzen Moment und schüttelt dann den Kopf. „Eigentlich nicht, man parkte ja auf dem Marktplatz, ging von dort aus seinen Einkäufen nach und an den Markttagen war es so richtig voll.“ Zudem war an eine Konkurrenz durchs Internet noch gar nicht zu denken. Obwohl ihre Branche auch heute noch nicht so wirklich davon betroffen sei. „Die meisten Menschen kaufen doch ihre Handtücher, ihre Bettwäsche im Fachhandel, sie wollen den Stoff, das Material fühlen“, so Gabriele Deutsch. Auch die Beratung sei wichtig für die meisten ihrer Kunden. „Zudem muss heute ein Handtuch, ein Betttuch, die Tischwäsche zum Porzellan, zu den Fliesen, zum Mobiliar oder der Tapete passen. Das war vor 60 Jahren anders“, überlegt sie.
Gabriele Deutsch fühlt sich in der Altstadt wohl. Allerdings, so sagt sie, fehlten weitere kleine aber nette Geschäfte, zu viele leerstehende Räume würden als Büro genutzt werden, das verhindere eine Belebung der Altstadt. Doch weiß sie auch um die Schwierigkeit, sich heute mit einem Geschäft selbstständig zu machen. Die großen Einkaufszentren, das Internet, die Ketten auf der einen Seite – die inhabergeführten Läden auf der anderen Seite. Die Uneinigkeit der Öffnungszeiten sei da nur ein Beispiel. „Vor allem in der Altstadt sollten wir uns endlich einig werden.“
Seit Januar habe sie die Schließung über Mittag eingestellt, Betten Krüssmann sei nun den ganzen Tag über erreichbar. „Das ist manchmal ganz schön hart, die Pause fehlt mir, doch wenn ich mich weiterhin am Markt behaupten will, muss ich mich nach den Kunden richten.“ Die Unternehmerin erinnert sich an einen kalten, regnerischen Tag im Winter, kein Mensch weit und breit zu sehen, eine einzige Kundin fand den Weg zur Mittagszeit in ihren Laden. „Sie kam aus Oberhausen und wäre mit Sicherheit nicht eine Stunde durch Dinslaken spaziert, um anschließend bei mir einzukaufen“, erzählt sie. Ihr wäre ein gutes Geschäft entgangen.
Oft sei die Kundschaft dankbar, dass überhaupt noch so viele Fachgeschäfte in Dinslaken ansässig seien und fundierte Beratung böten. „Das ist heute nicht mehr so selbstverständlich.“ Kürzlich, erzählt sie lächelnd, sei eine junge Frau von knapp 20 Jahren mit ihrer Mutter ins Geschäft gekommen, habe ihre Traumbettwäsche erstanden und leise zur Mutter gesagt: „Das hat viel mehr Spaß gemacht als im Internet zu bestellen.“ Das lässt hoffen, meint Gabriele Deutsch dazu und wünscht sich nun nur noch, dass der Altmarkt wieder mehr durch Aktionen wie Martinimarkt oder Ähnlichem belebt wird.