Dinslaken. .
Da hat Oma ihrer Tochter und der Enkelin doch tatsächliche eine Nase gedreht. Die gestresste Enkelin (Anita Decker) hatte gerade einige Prüfungen im Studium absolviert und meinte, ein Recht auf Urlaub zu haben und der alten Oma ihren Hund in Pflege zu geben. Natürlich mit entsprechenden Auflagen: Er muss mehrmals am Tag ausgeführt werden, er frisst nur mageres Frischfleisch und schläft natürlich nur im Bett.
Auch die Tochter (Regina Klemm) hat ein paar Wünsche, hier ist es nicht der Hund, der abgeliefert werden soll für einige Wochen, sondern sind es die beiden Kleinkinder, auf die bitteschön die Oma aufzupassen hat. Damit Tochter und Schwiegersohn endlich mal wieder in Urlaub fahren können. Doch Pech gehabt – Oma Ruth Wendt fährt just zu jener Zeit nach Lanzarote. Das erste Mal in ihrem Leben Urlaub. Mit ihrem neuen Freund, dem Erich, den sie im Internet kennengelernt hat.
Eine Szene „wie im Leben“ waren sich ein paar ältere Zuschauerinnen einig. „... so geht es mir auch“, flüstert die eine. „Echt aus dem Leben gegriffen“, antwortet die andere. Und wirklich, Wendts Sketch des Seniorennachmittags in der Halben Treppe spricht wohl jeden der Zuschauer an, berührt ihn, lässt ihn bzw. sie vielleicht auch die eigenen Vorurteile erkennen. Denn es sind weiß Gott nicht nur Senioren im Publikum, die eine ähnliche Situation aus der Sicht der „Oma“ kennen.
Die 86-jährige Ruth Wendt steht nicht nur auf der Bühne ihre Frau, sondern hat auch jeden Sketch selbst geschrieben. Und dabei der Gesellschaft „aufs Maul geschaut“. „Meine Geschichten haben immer einen tieferen Sinn“, so erzählt sie, „sonst wäre es ja nur bloßer Klamauk.“ Und die 86-Jährige trifft den Nerv ihrer Besucher, spricht in jenem kurzen Stück gleich mehrere Themen an – die Oma hat immer für Kinder und Enkel da zu sein, sie darf sich natürlich nicht in ihrem Alter einen neuen Freund gönnen – ein eigenes, unabhängiges Leben, wo gibt’s denn so etwas. Immer noch aktuell, meint die rüstige Seniorin, auch wenn schon vor Jahrzehnten Brigitte Horney und Carl-Heinz Schroth als „Jakob und Adele“ den Alten vormachten, wohin die Reise noch gehen könnte, wenn man nur den Mut dazu hat.
Ob Führerscheinprüfung, oder Trickbetrüger (mit Jutta Ulrich als Polizistin), „mein Geld bringe ich nicht zur Sparkasse, erstens ist die in Dinslaken pleite, zweitens verlangen die Banken ja Gebühren für Geldeinlagen“, oder die etwas vergessliche Oma: Ruth Wendt versteht es in schönster Weise, ihr Publikum zum Lachen zu bringen. Ihre Wortspiele kennt ein jeder nur zu gut aus seinem eigenen Leben. Oder wissen Sie etwa nicht mehr, dass der Nachbarjunge ihnen vor 30 Jahren mal einen Ball gegen ihre frisch geputzten Fenster schoss und sich nicht einmal dafür entschuldigte.
Zimmertheater vom Feinsten, das Erinnerungen weckt an Heidi Kabel und Co.