Bochum. Das E-Rezept ist seit Januar für alle Arztpraxen Pflicht. Was hat das für Auswirkungen in Praxen und Apotheken? Und was gilt es zu beachten?

Das E-Rezept ist da! Für alle. Seit dem 1. Januar dieses Jahres sind sämtliche Arztpraxen dazu verpflichtet, Verordnungen elektronisch auszustellen, und alle Patientinnen und Patienten – egal ob jung oder alt – sehen sich mit einer neuen Art konfrontiert, ihre Medikamente zu erhalten. Das E-Rezept soll laut dem Bundesgesundheitsministerium unter anderem mehr Komfort bieten, Zeit sparen und die Zusammenarbeit zwischen Krankenkassen, Ärzten sowie Apothekern erleichtern. Das klingt doch in der Theorie alles richtig gut, wie sieht es denn wortwörtlich in der Praxis aus?

Lange Vorbereitung zahlt sich aus für Bochumer Arztpraxen und Patienten

„Bei uns läuft die Versorgung der Patienten durch das E-Rezept wirklich gut, bislang gab es noch keine Klagen“, sagt Dr. Eva Drewermann. „Allerdings kam die Umstellung bei uns auch nicht überraschend, wir haben bereits im letzten Jahr begonnen, E-Rezepte auszustellen.“

Mehrere Monate wurden die Mitarbeiterinnen ihrer Praxis für Allgemeinmedizin an der Viktoriastraße auf die Einführung des E-Rezeptes vorbereitet und geschult, danach sei damit begonnen worden, die Patienten über das gesamte Verfahren und die verschiedenen Möglichkeiten der Ausführung aufzuklären und zu informieren. „Natürlich war das erst einmal ein Mehraufwand im Praxisalltag für uns – aber langfristig zahlt es sich sowohl für die Praxis als auch für unsere Patienten aus“, ist sich Dr. Drewermann sicher.

Bochumer Praxis auch vom ökologischen Aspekt des E-Rezepts überzeugt

So sei jetzt schon ein positiver Trend zu verzeichnen. „Durch die Ausstellung von Folgerezepten per Telefon sparen unsere Patienten viel Zeit, zumal auch einige von ihnen außerhalb Bochums wohnen. Zudem bieten wir auch Video-Sprechstunden an, in Folge derer wir nun Rezepte ausstellen können“, freut sich die Allgemeinmedizinerin über den neuen Komfort. „Außerdem ist mir persönlich auch der ökologische Aspekt ein besonderes Anliegen: Das E-Rezept spart nicht nur Zeit, sondern auch Ressourcen wie Benzin und Papier.“

Bochumer Apotheken zeigen sich noch zwiegespalten

„Wenn sich jede Praxis so gut vorbereitet hätte, dann wäre der Start sicherlich viel einfacher gewesen“, sagt Inka Krude. Sie ist für die Apothekerkammer Westfalen-Lippe Sprecherin der Bochumer Apotheken und betreibt selbst die Alte Apotheke 1691 an der Bongardstraße.

„Was darf aufs Rezept, wie bekomme ich die Software ans Laufen, habe ich meine Patienten ausreichend aufgeklärt… das sind alles Punkte, um die sich in den Arztpraxen im Vorfeld nicht ausreichend gekümmert wurde“, schildert die promovierte Pharmazeutin die Problematik. „Das beeinträchtigt uns natürlich auch im Arbeitsalltag, ganz oft müssen wir zum Beispiel in den Praxen anrufen und um eine Korrektur des Rezepts bitten.“ Das allerdings sei „das Coole“ am E-Rezept. „Ein Anruf genügt und das neue Rezept wird digital hochgeladen. Somit hat niemand doppelte Wege, um die neue Verordnung abzuholen.“

Bochumer Krankenversicherung beklagt mangelnde Aufklärung der Patienten

Tobias Dunkel, Pressesprecher der in Bochum ansässigen Krankenversicherung Viactiv, kann zumindest bestätigen, dass die Patienten „vermutlich durch Misskommunikation zwischen den Arztpraxen und Apotheken“ nicht genug aufgeklärt seien über die drei Möglichkeiten, ein E-Rezept einzulösen. „Dass es ausgedruckt ausgehändigt werden kann, wissen fast alle. Aber 90 Prozent der telefonischen Anfragen unserer Versicherten zum Thema E-Rezept handeln davon, dass sie keine Ahnung haben, wie sie die App verwenden sollen“, berichtet Tobias Dunkel. Die Menschen seien „dann ganz erstaunt, dass es eine viel einfachere Art gibt, die die App gar nicht benötigt – nämlich einfach durch das Vorzeigen ihrer Versicherungskarte bei den Apotheken.“

Bochums ältere Patienten finden die neue E-Rezept-Regelung katastrophal

Andrea Zimmermann hat zu dem ganzen Thema eine ganz klare Meinung: „Die neue Regelung ist katastrophal!“ Ihre Eltern Heinz und Christiane Hofmann sind 86 und 82 Jahre alt, der Vater leidet an Demenz. „Er selbst kann seine Medikamente also nicht abholen, der Pflegedienst hat seine Karte nicht immer dabei und meine Mutter kann ihn nicht alleine lassen, solange er wach ist“, schildert die 60-Jährige.

Bislang sei sie oft mit dem rosa Rezept vom Arzt direkt in die Apotheke gegangen. Ihre Erfahrung mit dem E-Rezept: Dieses sei nicht unmittelbar einlösbar, sondern müsse erst manuell vom Arzt freigegeben werden, "und das kann dauern“.

>>> Info: Drei Möglichkeiten, das E-Rezept einzulösen

1. In ausgedruckter Form direkt aus der Praxis mitnehmen

2. Die eigene Versicherungskarte in der Apotheke vorlegen

3. Per E-Rezept-App – Voraussetzungen: NFC-fähiges Handy, NFC-fähige Gesundheitskarte Ihrer Krankenkasse, PIN