Bochum. Mit Charisma, Überzeugung und Vertrauen: Dieter Hecking wählt die richtigen Kniffe und gibt dem VfL Bochum wieder Hoffnung auf den Klassenerhalt
Dieter Hecking hatte es eilig. Es wartete die wohlverdiente Belohnung auf den neuen Cheftrainer des VfL Bochum. „Ein, zwei Bierchen“, wolle er trinken, sagte er nach dem überraschenden wie euphorisierenden 1:1 gegen Bayer Leverkusen. Ab auf die Kirmes nach Soest sollte es gehen, zusammen mit seinen Schwestern anstoßen. Aber vorher noch einmal kurz unter die Dusche. Bei seinem erfolgreichen Debüt an der Castroper Straße schüttete er dann doch etwas mehr Adrenalin aus, als er es vielleicht gedacht hätte. Wie der Abend anschließend verlief - davon ist nichts bekannt. Wer Hecking am Samstagabend im Bochumer Ruhrstadion erlebte, der bekam aber den Eindruck, dass nach der Belohnung auch schnell der Fokus auf den kommenden Wochen liegen würde.
Diese nämlich werden entscheidend dafür, wohin die Reise des VfL Bochum in dieser Spielzeit wirklich geht. Das hart erkämpfte Remis gegen den Deutschen Meister am Samstagabend war zwar ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Doch mehr auch nicht. Der Punkt war bedeutungsvoll für die Moral des gesamten Vereins. Mehr aber zunächst nicht. Das weiß auch Hecking. „Das heute war die Basis“, sagte er. „Aber wir müssen uns weiterentwickeln.“ Auch deshalb hatte der gebürtige Castrop-Rauxler schon in der vergangenen Woche an der Castroper anfangen wollen. Eine Woche Arbeit, um die Mannschaft wieder in die Spur zu bekommen - und dann Vollgas in Richtung Zukunft.
Hecking über den VfL Bochum: „Jetzt noch 24 Mal“
„Das war eine tolle Antwort der Mannschaft nach dem Debakel in Frankfurt“, sagte Hecking im Rückblick auf die 2:7-Klatsche in der Vorwoche bei Eintracht Frankfurt. „Aber wir brauchen das, was wir gezeigt haben, jetzt noch 24 Mal“, so Hecking. Trotz der Leistungssteigerung beträgt der Rückstand auf den Relegationsrang nach dem historischen Fehlstart des VfL immer noch sechs Punkte. Dieser Platz, so Hecking, sei aber auch nicht sein Ziel. „Ich will über dem Strich landen - also mindestens Platz 15.“
Die Hoffnung darauf hat Hecking zurückgebracht. In gerade einmal vier Tagen hat er es geschafft, die in dieser Saison so wackelige und nur selten als Einheit auftretende Mannschaft zu stabilisieren. Zwar hatte der Gast aus Leverkusen deutlich mehr Ballbesitz, die Passmaschinerie um den wieder einmal stark aufspielenden Florian Wirtz lief heiß. Viele Chancen allerdings spielte sich der Meister nicht heraus, weil der VfL eng verteidigte, die Räume verdichtete und selbst mit Umschaltsituationen Nadelstiche setzte. Einzig Patrik Schick konnte nach einem perfekten Pass von Wirtz Torhüter Patrick Drewes (18.) überwinden. „Sie haben sehr eng verteidigt, sehr diszipliniert“, sagte Xabi Alonso leicht begeistert, leicht enttäuscht nach dem Spiel.
VfL Bochum: Zwei Testspiele geplant
Mit dieser Art zu spielen, gewann die VfL-Mannschaft die Fans zurück. In der Schlussphase feierte die lang vermisste „Ruhrstadion-Atmosphäre“ genauso ein Comeback wie die Bochumer im Spiel durch den Ausgleich des eingewechselten Japaners Koji Miyoshi (89.). „Wir haben das gezeigt, was wir neun Spiele haben vermissen lassen“, sagte der starke Gerrit Holtmann nach einer leidenschaftlichen Vorstellung des VfL, an der der neue Trainer einen großen Anteil hatte. „Er hat uns positive Sicherheit gegeben, hat uns Bilder gezeigt, was wir gut oder schlecht gemacht haben. Mit Basics hat er uns Sicherheit gegeben.“
Diese Sicherheit, diese Struktur fehlte dem VfL seit Saisonbeginn. Hecking schaffte es in nur vier Tagen, den Spieler das mit an die Hand zu geben, was sie offenbar unter Vorgänger Peter Zeidler vermissten. Jeder lief plötzlich wieder für den anderen, die Spieler agierten zudem auf ihren Lieblingspositionen - wie Torschütze Miyoshi, der sich auf der rechten Mittelfeldseite am wohlsten fühlt. Dass es ein Modell für die Zukunft ist - dem sind sie sich in Bochum bewusst. Wenngleich der Trainer einschränkte: „Das geht nicht immer so, aber ohne Leidenschaft wirst du das nicht hinbekommen.“
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Die Spieler hat Hecking schon jetzt gewonnen. „Er ist ein überragender Trainer. Er hat Charisma und Aura und gibt uns etwas mit. Er sagt was und du glaubst ihm“, sagte Holtmann nach der Partie so euphorisch, wie man es selten über neue Trainer hört. Nun wird es an Hecking sein, diese Euphorie durch die Länderspielpause zu retten. „Am Dienstag beginnt eine intensive Trainingswoche“, sagte der 60-Jährige, der gern am Donnerstag und Freitag je ein Testspiel bestreiten lassen möchte, um jeden seiner Spieler einmal über 90 Minuten zu sehen. Dann könne er inhaltlich richtig arbeiten. Die Vorstellung gegen Leverkusen sei zwar die Basis, es gehe aber noch mehr.