Bochum. Heiko Herrlich kennt Borussia Dortmund und den VfL Bochum. Die Situation bei beiden ist angespannt. Er vermisst die dritte Partei Schalke 04.

Als hätte es noch eine Klammer für dieses „kleine“ Revierderby zwischen Borussia Dortmund und dem VfL Bochum gebraucht, rutschten beide Mannschaften pünktlich vor dem Spiel in die erste kleine (BVB) und größere (VfL) Krise. Während in Dortmund die derbe Klatsche beim VfB Stuttgart nachhallt und erste Diskussionen über Trainer Nuri Sahin aufkeimen lässt, steht dessen Gegenüber Peter Zeidler in Bochum schon unter Druck. Nur ein Punkt aus vier Spielen, dazu das Aus im DFB-Pokal - es herrscht bereits jetzt Unruhe im Umfeld.

Jemand, der sich mit dieser Stimmungslage bei beiden Vereinen auskennt, ist Heiko Herrlich (52). Als Spieler hielt er neun Jahre jedem Sturm in Dortmund stand, als Trainer musste er den VfL Bochum im April 2010 nach 22 Spielen verlassen. Er kennt die Begebenheiten vor Ort aus erster Hand, lebt mit seiner Familie noch immer im Ruhrgebiet. Hier, wo Fußball eben nicht nur eine Nebensache ist, können schon einmal schnell die Nerven verloren werden, wenn es um den Lieblingsklub geht. Trainerdiskussionen seien aber dennoch zum aktuellen Zeitpunkt fehl am Platz, meint Herrlich.

Herrlich: Sahin und Zeidler benötigen Zeit

„Nach vier Spieltagen ist es zu früh, sich eine klare Meinung zum BVB zu bilden“, sagt er und schlägt den Bogen zum VfL Bochum: „Nur ein Punkt nach vier Spieltagen ist selbstverständlich dünn. Dass Unruhe herrscht, ist logisch. Aber ich hoffe, dass die Verantwortlichen die Ruhe bewahren und dem neuen Trainer Zeit geben, seine Idee auch wirklich umzusetzen. Es ist wie beim BVB: Es muss sich einspielen.“

Einst Trainer beim VfL Bochum: Heiko Herrlich im Januar 2010.
Einst Trainer beim VfL Bochum: Heiko Herrlich im Januar 2010. © WAZ FotoPool | KREIKENBOHM, Udo

Weder Sahin noch Zeidler haben bislang ihren Mannschaften vollumfänglich ihre Spielweise näher bringen können, zu viele Fehler werden noch gemacht. In Dortmund etwa hatte es sich schon in der vergangenen Woche trotz des 3:0-Erfolgs in der Champions League beim FC Brügge angedeutet, dass nicht alles rund läuft, in Stuttgart geriet Sahins Truppe dann heftig unter die Räder. „Das Spiel in Stuttgart war ernüchternd. Die Leistung gegen Stuttgart ist nicht zu erklären, es machte sich gewisse Ratlosigkeit breit, weil es ohne Gegenwehr geschehen ist und alle Offensivbemühungen harmlos waren. Es kam dem Anspruch des BVB nicht nahe, aber Nuri Sahin hat es klar analysiert und angesprochen“, sagt Herrlich. Wenngleich er die Probleme schon seit Saisonbeginn sieht. Das Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt (2:0) habe ihn schon nicht überzeugt.

Herrlich vermisst Schalke in der Bundesliga

Seitdem hat sich nicht viel verändert. Fünf Punkte beträgt der Rückstand auf den FC Bayern und damit die Spitze bereits. Herrlich bittet dennoch um Geduld, schließlich habe man sich in Dortmund bewusst für Sahin als neuen Cheftrainer entschieden. „Es dauert, bis sich alles unter einem neuen Trainer findet. Es kann Ausreißer nach unten geben, vor allem zu Beginn eines Projekts. Ansätze sind aber bereits klar zu sehen, noch muss er aber die Mängel austreiben, die er geerbt hat.“

Gänzlich neu hat sich der VfL Bochum derweil mit Peter Zeidler aufgestellt. Der Trainer will nicht nur eine neue Spielweise etablieren, sondern auch eine neue Systematik. Bislang noch nicht mit durchschlagenem Erfolg. Ob sich das ausgerechnet im Derby am Freitag beim BVB ändern wird? „In solchen Derbys ist naturgemäß viel möglich“, sagt Herrlich, der es schade findet, dass dieses Duell das einzige Derby in dieser Saison bleiben wird. „Schalke gehört in die Bundesliga. Es gibt doch nichts Besseres, als drei Bundesligisten aus dem Ruhrgebiet. Davon hatten immer alle profitiert“, sagt er.

Der BVB-Reporter

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    Umso klarer liegt der Fokus im Ruhrgebiet nun auf dem vermeintlich „kleinen Derby“. Und in dem hat der Ex-Borussen-Stürmer einen klaren Favoriten. „Der BVB wir hochmotiviert sein nach der Klatsche in Stuttgart, jeder will zeigen, dass er besser ist. Das ist nicht gut für den VfL.“ Nach der Qualität der Spieler würde sich die Frage nach dem Sieger ohnehin nicht wirklich stellen, schon allein durch die Ansprüche begründet. Während der VfL Bochum die Klasse halten will, plant der BVB fest mit der Champions-League-Qualifikation. Aber: „Bochum hat es immer wieder geschafft, den BVB in der Vergangenheit zu ärgern.“ Es wäre eine große Überraschung.