Düsseldorf. Die Karatekämpfer eröffnen “Die Finals 2023“ in Düsseldorf. Europameisterin Johanna Kneer zeigt ihre Klasse im Duell über alle Gewichtsklassen.
Es war ein Zufall, dass über eine der digitalen Werbebanden just der Satz eines Sponsors lief, der so passend war für die Situation von Johanna Kneer. „Es geht um große Momente“, stand da für wenige Sekunden, als Kneer nach dem Finalsieg die Arme in die Höhe riss. Die 25 Jahre alte Karatekämpferin ist nun die Deutsche Meisterin aller Klassen. Ein großer Moment.
Am Anfang steht die Verbeugung – und am Ende der Jubel. So ist es meist, wenn Johanna Kneer auf die blaue Matte mit der roten Umrandung tritt. Der kurze Beuger Richtung Gegnerin und Schiedsrichter. Dann bis zu drei Minuten Kampf – und Kneer verlässt den Wettkampfort als Siegerin. So war es im März bei der EM im spanischen Guadalajara, so war es jüngst bei den European Games im polnischen Krakau. Und so war es nun auch in Düsseldorf, beim Supercup, der das Multisport-Event Die Finals Rhein-Ruhr am Donnerstagmorgen eröffnete. Johanna Kneer vom KJC Ravensburg ist eine der besten Karate-Kämpferinnen Europas – und bewies dies nun erneut beim Aufeinandertreffen der stärksten deutschen Kämpferinnen.
Kampf gleicht einem Tanz
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Acht mal acht Meter misst die Tatami, und auf der Kampffläche fliegen Hände und Füße. Blitzschnell wird getreten und geblockt, geschlagen und ausgewichen. In manchen Phasen gleicht ein Karatekampf einem Tanz. Agieren und reagieren, angreifen und ausweichen. In Düsseldorf gab es gleich mehrere hochklassige Duelle zu sehen. Die Deutsche Meisterschaft in den jeweiligen Gewichtsklassen hatten die Kämpfer bereits hinter sich, beim Supercup traten sie noch einmal gegeneinander an – jedoch ohne Rücksicht auf die Gewichtsklassen. Leicht- kämpfte gegen Schwergewicht, kleine und flinke Kämpfer nahmen es mit großen und kräftigen auf. Bei den Männern triumphierte überraschend Leichtgewicht Muhammed Özdemir (bis 60 kg). Bei den Frauen jubelte Johanna Kneer – weniger überraschend.
Dazu muss man wissen: Die Zweikampf-Disziplin Kumite, die Begegnung der Hände, ist im altehrwürdigen Karate eine eher modernere Erscheinung. Der legendäre japanische Großmeister Gichin Funakoshi sah die Sport-Variante des Karate einst gar mit großer Skepsis, würde sie doch die grundlegenden erzieherischen Werte des traditionellen Karate verfälschen. Doch der sportliche Wettkampf nach dem Vorbild der Duelle im Judo und Boxen setzte sich schlussendlich doch durch und wird auch in tausenden deutschen Karateschulen praktiziert.
Olympiatraum ist begraben
Dort begann auch Johanna Kneer im Alter von sechs Jahren. Woche für Woche erlernte sie Schlag-, Stoß-, Tritt- und Blocktechniken. Die setzte sie auch in Düsseldorf ein. Den Druck der Favoritin? Blendete sie aus. „Zumindest versuche ich das. Ich sehe nur Punkt für Punkt, Kampf für Kampf“, sagte sie nach dem Finalsieg.
Schon in der Vorrunde geriet die 25-Jährige gegen Hannah Riedel und danach gegen Madeleine Schröter in Rückstand. Doch kurz vor Kampfende zeigte sie Nervenstärke und platzierte punktreiche Tritte und Schläge. Die Europameisterin (über 68 kg) ballte die Hände zu Fäusten, schrie die Erleichterung hinaus – und war dann wieder ganz still. „Zur Zeit liegt es mir ganz gut, ruhig zu bleiben. Ich denke immer: Klappt schon!“ Wie auch im Finale. Wieder war Madeleine Schröter die Gegnerin, diesmal gewann Kneer souverän 2:0.
Weitere große Momente sollen folgen
Und nun? Wartet im Oktober die WM in Budapest auf Johanna Kneer. „Darauf freue ich mich schon sehr“, sagte sie. Der Traum von Olympia wird allerdings einer bleiben. Nur einmal war Karate Teil der Sommerspiele, in Tokio 2021. Zuvor hatten dies zu viele unterschiedliche Stilrichtungen, zu viele verschiedene Wettkampfsysteme und eine weltweit doch sehr unterschiedlich ausgeprägte Beliebtheit verhindert. Die Ausnahme in Tokio war ein Wunsch des Gastgeberlands, schon in Paris im kommenden Sommer wird es keine olympischen Karatekämpfe mehr geben.
Johanna Kneer hatte die Olympiaqualifikation damals knapp verpasst, sich geärgert und dann einfach weitergemacht. Die Vergangenheit ist längst abgehakt, Kneer blickt in die Zukunft und will die ihr zugedachte Rolle als Starkämpferin des Deutschen Karate-Verbandes weiter mit Erfolgen ausfüllen. Weitere große Momente sollen folgen. So nahm sie lächelnd den großen Pokal in Empfang – und verbeugte sich ein letztes Mal zum Abschied.