Duisburg. Der MSV Duisburg nimmt nach der Niederlage in Mannheim nun doch einen Rucksack mit in die Sommerpause.
Die Wortwahl wird gleich kaum weniger drastisch. Deshalb darf man es sagen: Trainer Torsten Ziegner war „angepi..t“. „Wir gehen jetzt mit einem Sch…-Gefühl in die Sommerpause.“ Das war die Kernaussage seiner überaus kurzen Zusammenfassung der 1:3 (0:2)-Niederlage seines Fußball-Drittligisten MSV Duisburg bei Waldhof Mannheim. Präsident Ingo Wald kommentierte die Pleite vor 9.414 Zuschauern zum Saisonkehraus in der Carl-Benz-Arena feinsinniger: „Man dachte, wir spielen um die goldene Ananas. Es hatte mehr den Eindruck, dass es um die Goldene Himbeere ging.“ Die Goldene Himbeere ist der Preis, der in Hollywood für den schlechtesten Film vergeben wird.
Wer immer das Drehbuch für die Produktion auf der rasengrünen Leinwand in Mannheim geschrieben hat, er sollte sich vielleicht lieber einen anderen Beruf suchen. Hier einige der vollkommen misslungenen Pointen: Rund 1500 Fans aus Duisburg waren mit nach Mannheim gekommen. Sie wollten sich bei ihrem Team für eine Saison ohne Abstiegsangst bedanken. Dass Platz zwölf bereits Anlass zur Wertschätzung ist, muss man als schlechten Witz sehen. Aber das nur nebenbei. Jedenfalls, die Fans hatten weiß-blaue Fahnen mitgebracht. Das MSV-Logo war deutlich sichtbar auf dem Zaun platziert. Da juchzte jeder Mensch mit einer Filmkamera angesichts des so schönen Bilds beleuchtet von der Frühsommer-Sonne.
Das Team wusste die Aufmerksamkeit nicht zu würdigen. Die Mannschaft kickte so blutleer, als wäre Graf Dracula seinen Neigungen schon vor dem Anpfiff nachgegangen. Trainer Ziegner beschrieb es so: Die Mannschaft hat auf ganzer Linie enttäuscht.“ Er vermisste dringend Willen und Bereitschaft. Spielwitz gab es nur in geringen Dosen. Ein anderer Moment, der Filmkritiker an besagte Himbeere denken lässt. Caspar Jander führte als Kapitän die Zebras zum Finale aufs Feld. Das Talent ist Mitglied des Mannschaftsrats. Das erklärt die Ehre. Aber Ziegner wollte dem Publikumsliebling wohl auch Anerkennung für das Geleistete in dieser Saison zollen. Mit 20 Jahren ist Jander der jüngste Kapitän in der Vereinsgeschichte. „Es war für mich eine Riesenehre. Ich habe die Binde für diesen großen Verein mit so viel Tradition mit Stolz getragen. Das war schön“, sagte der Mittelfeldmann. Mit großem Ehrgeiz war Jander als Kapitän am Werk. Er sagte nachher: „Ich habe alles gegeben.“ Das stimmte. Man konnte es sehen.
Doch: Vor dem 0:2 (18.) durch Thomas Pledl verfolgte er seinen Gegenspieler nur halbherzig. Vor dem 0:3 unterlief ihm ein Mörderbock. Seinen Fehlpass nahm der gerade eingewechselte Berkan Taz (72.) dankend in Empfang und verwandelte oscarreif zum 3:0 für die Hausherren und zur Entscheidung. Jander war sichtlich betroffen, von seinem Missgeschick. Die Kameraden kamen und trösteten ihn. Trotzdem, er wird sich an den 27. Mai mit gemischten Gefühlen erinnern. „Es ist schade, dass wir dieses Spiel verloren haben und dass mir dieser Fehler unterlaufen ist“, sagte er selbstkritisch. Eine Helden-Geschichte endete ohne Held.
MSV Duisburg: zwei Wechsel in der Pause
Noch so eine Szene, die man im Schnittraum lieber in den Mülleimer geworfen hätte. Baran Mogultay gehörte zu den Entdeckungen in der Saison. Wer hätte vor dem ersten Spieltag gedacht, dass der damals 18-Jährige eine feste Beschäftigung auf der linken Abwehrseite bekommt. Trainer Torsten Ziegner hält viel von Mogultay. In Mannheim aber sah er vor dem 0:1 in der siebten Minute wie ein Schuljunge aus, als ihn Dominik Martinovic bei einem Konter überlief und zur führen Führung für die Hausherren traf.
Den Ballverlust am Strafraum hatte Jonas Michelbrink verursacht. Nach seinem Tor gegen Saarbrücken und seiner frühen Auswechslung wegen der Gelb-Roten Karte wollte der Mann von der Hertha zeigen, dass er zu einem Team mit Perspektive in der kommenden Saison gehört. Ziegner nahm ihn in Mannheim zur Pause raus. Noch einer, der mit einem Sch…-Gefühl in die Sommerpause geht.
Zu den schrägen Gags eines Streifens, der von Beginn an nur Waldhof in der Hauptrolle sah, gehörte, dass ausgerechnet Aziz Bouhaddouz, die Ehre des Zebras rettete. Aus 20 Metern traf der Stürmer. Es war sein Abschiedsgeschenk. MSV-Geschäftsführer Sport, Ralf Heskamp, hat seinen Vertrag nicht verlängert. Bouhaddouz zeigte sich als Gentleman beim Abschied und sagte: „Ich wünsche der Mannschaft, dem Verein und den Fans für die nächste Saison alles Gute.“ Kein Unterton des Grolls färbte den Soundtrack ein.
Frey wurde beim MSV Duisburg vermisst
Als Kalauer geht vielleicht durch: Ausgerechnet am Tag vor Pfingsten wirkte der Spielverein wie von allen guten Geistern verlassen. Einer der Gewinner des Nachmittags stand gar nicht auf dem Platz. Marlon Frey – in Mannheim nach seiner Roten Karte gegen Saarbrücken gesperrt, pokert noch um seinen Anschlussvertrag. Der Mittelfeldmann mag darauf verweisen, dass seine Führungsqualitäten durchaus gebraucht werden.
Nach Spielschluss feierte die Mannschaft für ein paar Momente mit ihren Fans. Das Publikum wollte den Einzelfall nicht zu tragisch nehmen. Es ging ja wirklich nur um eine goldene Ananas. Die beherzte Vorstellung beim 2:2 gegen Saarbrücken glühte noch nach. Der Himbeer-Film bekam so doch noch eine Art Happy End.
Nach der Sommerpause beginnen am 26. Juni die Proben für die nächste MSV-Produktion. Arbeitstitel: „Die Rückkehr des Zebras“. Gemeint ist das Aufrücken ins erste Tabellendrittel.