Oberhausen. . Vor 60 Jahren legte der FC Kickers Alstaden den Grundstein für Frauenfußball in Oberhausen - und verwirrte mit einer großen Ankündigung.

Mit dem Abstand von immerhin 60 Jahren ist dieser Abschnitt im Oberhausener Sport sicher zum Schmunzeln geeignet, obwohl er vor besagten sechs Jahrzehnten zu heißen und hitzigen Diskussionen geführt hatte. Es geht um Frauenfußball, um einen Beschluss des Sportauschusses und um ein „Länderspiel“ in der Alstadener Kuhle – und irgendwo im Hintergrund geht es zudem auch um Gleichberechtigung.

Letztere war erst im Mai 1957 durch ein Bundesgesetz fixiert worden, ein Bundesgesetz, das den Verfassungsartikel „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ mit Verspätung in feste Formen goss. Im Fußball war es mit der Gleichberechtigung allerdings nicht weit her. Belächelt und verlacht wurden sowohl vom Deutschen Fußball-Bund als auch auf örtlicher Ebene Versuche von Frauen, den Fußballsport für sich zu reklamieren.

Damen-Fußball einstimmig eine Bresche geschlagen

Wenig rühmlich verhielten sich übrigens auch etliche Sportjournalisten, die zum Beispiel meinten, dass Fußball schon deswegen nichts für Frauen sein könne, weil diese sich nicht mit blauen Flecken an den Beinen in der Öffentlichkeit zeigen wollen würden – so die „Ruhrwacht“ 1951.

Sechs Jahre danach aber gab es bereits den FC Kickers Alstaden, einen Frauenfußballklub, und dem wurde ein Sportplatz als „Übungsstätte“ zugestanden, nämlich die Kuhle in Alstaden, und alles schien seine beste Ordnung zu haben.

Bis im Herbst 1958 plötzlich der offenbar verstörende Wunsch der „Kickers“ kam, sich am Spielbetrieb, so ungeordnet, unübersichtlich und vom DFB ungenehmigt er auch war, beteiligen zu wollen. Darüber wurde im städtischen Sportausschuss tatsächlich mehrfach diskutiert, und Ende November kam es zum einstimmigen Beschluss: Ja, sie dürfen! „Damen-Fußball einstimmig eine Bresche geschlagen“, lautete die Schlagzeile in der NRZ.

„Gesund und robust“

Der Verein müsse die Möglichkeit erhalten, „auch Spiele gegen Eintrittsgeld“ durchführen zu können, wie Sportdezernent Detrois es formulierte. Die Sportausschussmitglieder (lauter Männer übrigens) hatten sich das alles nicht einfach gemacht, im NRZ-Bericht hieß es: „Mehrere Mitglieder berichteten von ihren Beobachtungen, wonach die Kickers-Mädchen es mit ihrem Sport ernst meinen und nicht um der bloßen Sensation willen eine solche (für Frauen freilich etwas ausgefallene) Sportart betrieben.“

Und Frau Dr. Mücke vom Gesundheitsamt beruhigte, die Frauen seien allesamt „sehr gesund und sehr robust“.

Die Aufregung um den Beschluss hatte sich kaum gelegt, da tauchten in Oberhausen Flugblätter und Plakate auf, die ein „Länderspiel“ zwischen Deutschland und Holland in der Kuhle ankündigten, für das erste Dezember-Wochenende. Tatsächlich kamen samstagnachmittags zwischen 600 und 800 Zuschauer und sahen ein Match zwischen „Deutschland“ (acht Kickers plus drei Spielerinnen aus Kettwig) und „Holland“ (Kombination aus Utrecht und Umgebung).

Torhüterin gibt den Ball nicht heraus

Die Berichterstattung in der WAZ widmete sich zunächst der holländischen Torhüterin, weil sie eine extrem knappe Hose trug und weil sie nach einem Gegentor die Herausgabe des Balles verweigerte und so erreichte, dass der Treffer nicht anerkannt wurde.

Zweiter Schwerpunkt war eine Schelte der Verantwortlichen, die in einer Gruppe um den so genannten „DDFB (Deutscher Damenfußballbund)“ festgemacht wurde: Aufgrund eines telefonischen Übermittlungsfehlers sei es zu der fehlerhaften Benennung der Partie als „Länderspiel“ gekommen.

Zum Spiel schrieb der Kollege: „Gegen das, was die 22 Mädchen boten, ist indessen nichts oder zumindest wenig einzuwenden. Was sie boten, war zwar Fußball in Zeitlupe, aber doch streckenweise mit beachtlichem technischem Niveau.“ Das Spiel endete übrigens 2:1 für „Holland“, und danach gab es viele Jahre lang keinen Frauenfußball mehr in Oberhausen.

Der begann erst wieder in den frühen 70er-Jahren, und dann sogar mir dem Segen des DFB. Übrigens: Gesetzgeberisch relevante Maßnahmen zur Gleichberechtigung gab es auch erst wieder 1977. . .