Oberhausen. . Für den 30-Jährigen war es die letzte Saison beim KTTO. Trainer Sydnee Ingendorn richtet den Blick bereits auf den Neuanfang in Liga drei.

Es war in vielerlei Hinsicht ein emotionaler Abend in der Heinrich-Böll-Sporthalle. Als sich um kurz nach 20 Uhr das gesamte Publikum von seinen Plätzen erhob, war noch keinesfalls Schluss beim letzten Saisonwettkampf des KTTO gegen die KTV Koblenz.

Doch für einen war es in der Tat der Schlussakt, nämlich für André Sauerborn, der nach fast zehn Jahren seinen letzten Zweitligaeinsatz für die Schmachtendorfer turnte. Die Standing Ovation und die Glückwünsche seiner Teamkollegen sorgten für einige feuchte Augen, auch wenn das ganz große Happy End letztlich ausblieb. „Es ist verdammt schade, dass wir heute den Klassenerhalt nicht geschafft haben. Deshalb sehe ich meinen Abschied auch mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, beschrieb Sauerborn kurz nach dem bitteren Abschied des KTTO in die Dritte Bundesliga seine Gefühlslage.

Aufhören wenn das Niveau noch gut ist

Auch Mr. Zuverlässig Matthias Bramkamp, der mit Sauerborn schon seit vielen Jahren zusammen turnt und viele Aufs und Abs erlebte, freute sich für seinen Kameraden, dass die Halle so voll wie selten war. „Die Unterstützung war wirklich unglaublich, was wirklich toll für André war, weil er so einen Beifall zum Abschied absolut verdient hat.“

Die Entscheidung aufzuhören, hatte der 30-Jährige, der gebürtig aus Essen stammt, bereits vor dem Saisonstart getroffen. Der Beruf neben dem Turnen, aber auch die Familie fordern einfach mehr Zeit von ihm, so dass er für sich selbst entschieden hat, „dann aufzuhören, wenn mein Niveau noch gut ist.“

Doch nicht nur für Sauerborn war der Wettkampf gegen Koblenz der letzte für das KTTO. Auch Siegfried Ingendorn wird nicht mehr länger den jetzt ehemaligen Zweitligisten trainieren. „Doch weg bin deshalb noch lange nicht“, erklärt er aber mit einem Augenzwinkern, wobei auch sein Sohn direkt anmerkt. „Mein Vater wird auch weiterhin wohl sieben Mal die Woche in der Halle sein.“

Kreislauf wird fortgesetzt

Nun will er sich in erster Linie um die Turnschule kümmern und potenzielle Talente, die in vier bis sechs Jahren nach oben stoßen könnten, fördern. „Somit wird der Kreislauf immer weiter fortgeführt“, sagt Sydnee Ingendorn natürlich auch mit Blick auf den Neuanfang in der dritten Liga. Denn trotz der Enttäuschung über den verpassten Klassenerhalt, will das KTTO schnell wieder nach vorne blicken. „Die dritte Liga ist kein Beinbruch. 2001 sind wir auch schon abgestiegen, wo Leute wie Matthias Bramkamp, Kai Berner oder Mirco Osting erst zu dem Leistungsvermögen gekommen sind, was sie heute haben.“

Somit liegt im Abstieg auch eine Chance, besonders für die jungen Turner, wie Timo Balk eben mehr als nur ein Gerät zu turnen. Davon ist auch Matthias Bramkamp überzeugt. „Ich kenne das noch von mir selbst: Durch mehr Einsatzzeiten steigt auch die Motivation im Training, mehr zu leisten.“ Genau das fordert auch der Coach: „Klar muss jetzt auch eine Reaktion gezeigt werden, dass man versucht, das Quäntchen im Training noch drauf zu packen und sich nicht auf der aktuellen Leistung ausruht, nur weil sie vielleicht für die dritte Liga reicht.“

„Nach faulen Ausreden suchen wir nicht“

Beim Abstieg selbst will der Coach nicht groß drum herum reden. Natürlich seien Verletzungen wie bei Jakob Guthke, der besonders an den Ringen zu glänzen weiß, auch Pech gewesen, doch: „Nach faulen Ausreden suchen wir nicht. Am Ende hat es aus sportlichen Gründen nicht gereicht. Jetzt gilt es, wieder aufzustehen.“

Dabei soll der eingeschlagene Weg, auf Turner aus der Region zu setzen, weiter beschritten werden. Gerade weil so auch die vielen Zuschauer immer wieder lautstark in die Böll-Halle kommen. „So ist das Ökosystem KTTO aufgebaut. Wenn wir einmal anfangen, die Leute einzukaufen, dann stirbt das hinten raus den Heldentod.“

„André war immer ein wichtiger Baustein und ein super Typ“

So soll weiter auf Menschen wie eben André Sauerborn gesetzt werden, für den der Trainer ein Sonderlob parat hatte. „André war immer ein wichtiger Baustein und ein super Typ, der diese Saison noch mal alles rausgeholt hat.“

Für André Sauerborn, der im Februar zum ersten Mal Vater wird, steht also eine Zukunft als Zuschauer bei den Wettkämpfen des KTTO an. Ist das aktuell bereits vorstellbar? „Das wird sicherlich ungewohnt sein. Bestimmt werden am Anfang die Finger schon noch anfangen zu kribbeln. Aber ich freue mich auch, mal die andere Seite kennenzulernen.“

Info: Auch Mirco Osting macht Schluss

Auch Turner Mirco Osting wird im kommenden Jahr nicht mehr an die Geräte des KTTO gehen. Mit dem 28-Jährigen wird dem Verein ein weiterer wichtiger Eckpfeiler fehlen.

Trainer Sydnee Ingendorn bedauert, aber respektiert die Entscheidung: „Mit Mirco hat meine Trainerlaufbahn angefangen und es wird komisch sein, wenn dieser verrückte Typ nicht mehr durch die Halle brüllt und pfeift, sowie wenn er sein charmantes Lächeln beim Spagat nicht mehr zur Tribüne werfen wird.“