Oberhausen. . Es liegt nahe, dass man bei einer Unterwasser-Rugby-WM interessante Leute trifft. So etwa das Ehepaar Kalle und Maarit Keltto aus Finnland.
Maarit und Kalle Keltto haben sich Donnerstag Nachmittag von ihrem kleinen Ort in Mittelfinnland die 500 Kilometer nach Helsinki aufgemacht. Von dort sind sie abends nach München geflogen. Dann ging es spätabends per Flieger nach Düsseldorf. Danach übernachtete das Ehepaar im Mietwagen und war um 11 Uhr morgens hundemüde in Oberhausen. Willkommen bei der Unterwasser-Rugby-WM der Junioren!
Eine Stunde vor Spielbeginn begrüßen sie ihre Söhne Eetu (15) und Iikka (20) und drückten dann die Daumen. Half nicht viel, die finnische Nationalmannschaft mit den beiden Keltto-Brüdern unterlag Kolumbien 0:27. „Eine gute Erfahrung“, fand Vater Kalle sportlich fair und erzählte aus dem Nähkästchen. Von kalten Nächten in Deutschland und warmen in Finnland. Derzeit hat’s dort neun Grad Celsius nachts, höchst ungewöhnlich. Aber man friert nicht im Auto. Und hundemüde sind sie, man soll sie doch bitte nicht fotografieren, die Falten verschwinden einfach nicht. Und im Sommer schwimmen ihre Söhne viel. Ein dritter ist 22 Jahre alt und für die WM schon zu alt. Aber sie trainieren sehr viel, schießen auch schon mal mit Harpunen in Seen und Flüssen auf Fische.
Tauchen mit Harpunen und auf Fische schießen
Was Finnen eben so machen, und Unterwasser-Rugby natürlich. „Das ist eine große Familie“, sagt Gregor Reiter. Der ist Spartenleiter im NRW-Verband und seit 30 Jahren beim Unterwasser-Rugby dabei. Er ist einer von 50 ehrenamtlichen Mitarbeitern, die diese Weltmeisterschaft stemmen. Das betrifft auch die Athleten, denn die bestreiten einen guten Teil der Kosten aus eigener Tasche. „Aber wenn man dann im Ausland alte Bekannte aus Schweden oder Norwegen trifft, dann ist das Hallo groß. Alle freuen sich und erzählen von ihren Erlebnissen bei anderen Turnieren.“ Reiter sagt dies zur örtlichen Presse und wechselt parallel ins Englische, um einem kolumbianischen Spieler den Weg ins Gdanska zu erklären.
Die Gaststätte am Altmarkt ist Café und Treffpunkt für die Sportler. Maria und Czeslaw Golebiewski sind die Gastgeber und das sind sie mit Begeisterung. Kulturmensch Czeslaw: „Ich dachte zunächst, da kommen alles so große, starke und laute Menschen. Völliger Quatsch, ich bin völlig begeistert über die jungen Leute. Freundlich und hilfreich alle.“
Die Zentrale ist das Gdanska
Das Wirtspaar hat aber auch einen Hintergrund in Sachen Sport: Die beiden Töchter Monika und Martha haben Fechten als Leistungssport betrieben. Sehr erfolgreich sogar. Monika war 2004 Weltmeisterin für Deutschland in der Mannschaft, Martha gewann 1999 WM-Silber solo. Das ist lange her, jetzt haben sich die beiden Mittdreißigerinnen dem Marathon gewidmet. „Was mich das damals an Geld gekostet hat, all die Fahrten, all die Reisen. Ich habe ein Vermögen fürs Fechten ausgegeben, Aber ich habe es gern getan“, sagt Czeslaw und schmunzelt. Maria schleppt einen großen Topf Suppe aus der Küche. Mittagszeit, gleich kommen die ersten Sportler aus dem Hallenbad und sie werden hungrig sein. Die Wirtsleute halten immer Essen und Trinken für die Sportler bereit. Im Hauptsaal läuft auf einer großen Leinwand das Unterwasser-Gerangel in Live-Übertragung aus dem Bad, 300 Meter Luftlinie entfernt.
Und, kommen extra Besucher, um sich die Spiele anzuschauen?
„Ja“, sagt Maria, „gestern haben sich extra zwei Freunde hier verabredet, um Unterwasser-Rugby zu schauen. Meist aber sind es die Spieler.“
Um 17 Uhr ist Schluss mit Aktivenverköstigung. Um 18 Uhr enden die Spiele, dann beginnt für die Sportler die Abendgestaltung,.
Und für Jörg Markovic beginnt im Hallenbad das Großreinemachen und die Vorbereitung auf den neuen Tag. Er hat mit Carsten Köster die Tauchsportabteilung des TC 69 mit aufgebaut und ist jetzt einer der vielen Helfer, die dafür sorgen, dass alles glatt über die Bühne geht. Denn während der Spiele wird es nicht nur im Wasser hektisch. Der Verein hat alle Schulen der Stadt eingeladen, dem Turnier beizuwohnen.
Bedingungen sind optimal
Oben auf der Bad-Empore verfolgen gerade zwei Schulklassen die Spiele am Bildschirm, fünf Meter unter ihnen lassen sie sich in echt im Wasser beobachten. Aber eben nur von oben, nicht vom Unterwasser-Kameramann aufgenommen und übertragen. „Ist schon ein bisschen Pech, dass wir keine Tribüne für den Beckenrand haben. Aber so geht’s auch.“ Dafür sind die Wettkampfbedingungen in dem Becken optimal. Das wurde damals beim Bau berücksichtigt, Köster war in die Planungen einbezogen und hatte damals schon Unterwasser-Rugby international im Hinterkopf. In Bottrop wurde diese Badplanung dann kurz darauf übernommen.
Das Becken ist derzeit zweigeteilt. Links wird aufgewärmt und ausgeschwommen, rechts im 4,20 Meter tiefen Bereich gespielt und gekämpft. Getrennt werden die Bereiche durch die Wechselzone, von der aus die Spieler zu ihren Einsätzen ins Wasser gleiten.
Was die hohen Ergebnisse erklärt
Manchmal nicht schnell genug, und wenn das dem Torwart passiert, hat der Gegner einen Vorteil.
Markovic, mit allen Wassern gewaschen, erklärt: „Das unterscheidet die guten von den schlechten Teams. Die guten klauen den anderen den Ball und greifen überfallartig mit zwei Mann an. Dann ist der Ball oft schon im Korb, bevor der Torwart unten angekommen ist.“ So einfach lassen sich die zum Teil sehr hohen Ergebnisse von 44:0 erklären. Markovic weiß auch: „In Deutschland wird Unterwasser-Rugby längst nicht so gefördert, wie in den Ländern, die hier bei uns zu Gast sind.“ Er muss es wissen, er reist beruflich als Gasanlagenbauer sehr viel und er ist für seinen Sport viel gereist. „Reisen macht Spaß und bringt die Menschen zusammen.“
Und deswegen hilft er hier mit vielen anderen jetzt bei der WM, um ein großes Miteinander zu schaffen. In dem sich dann auch übermüdete finnische Eltern wohlfühlen. Auf dass alle Gäste wie die Kelttos gute Erinnerungen an diese Stadt mit nach Hause nehmen. Auch wenn es mal 0:27 ausgeht.