Kamp-Lintfort. In der neuen Saison stellen die Lintforter Fußballvereine TuS Fichte und DJK eine gemeinsame A-Jugend. Das nährt die Spekulation auf eine Fusion.
Manch ein traditioneller Fußballfreund aus Kamp-Lintfort wird vermutlich seinen Ohren nicht trauen. Dabei ist die gemeinsame Sache, die der TuS Fichte und die DJK nun praktizieren, sportlich eigentlich unausweichlich – zumindest, wenn in der neuen Saison eine A-Juniorenmannschaft an der Franzstraße spielen soll. Fichte stellt aktuell 15 Akteure, die DJK nur noch zehn. Allein wäre für beide Vereine eine Spielzeit also kaum machbar gewesen. Die Nachbarn und Rivalen tun sich in der ältesten Nachwuchsklasse zusammen.
Die Trainer, der ehemalige Torhüter Christian Fahl (Fichte) sowie Mittelfeldspieler Carsten Faets (DJK), wollen mit einer guten Mannschaft in der neu geschaffenen Grenzlandliga starten. Jener Kreis übergreifenden Spielklasse also, die unterhalb der Niederrheinliga angesiedelt ist. Dazu müssten aber vermutlich Qualifikationsspiele bestritten und gewonnen werden.
Spiele in Rot und Blau
Auch über eine gemeinsame B-Jugend wird derzeit zumindest mal gegrübelt. Die JSG soll diplomatisch in Rot für Fichte und Blau für die DJK spielen. Oder wahlweise im neutralen Schwarz.
Nägel mit Köpfen machten kürzlich Norbert Lewing und Marcello Ulbl. Fichte-Abteilungsleiter Lewing, selber 30 Jahre lang bis 2008 ein DJKler, macht schon seit langem keinen Hehl daraus, dass beide Vereine zusammenwachsen sollten. „Das wäre wirklich sinnvoll, zumal wir ja eh auf einer Anlage spielen“, hebt Lewing hervor.
Genau dies ist übrigens durchaus auch ein Problem. Derzeit sind 23 Mannschaften beider Klubs gemeldet. Trainingszeiten und Spiele unter einen Hut zu bringen, ist stets aufs Neue schwierig. Die Platzanlage an der Franzstraße soll im neuen Jahr mit einem zweiten Kunstrasen aufgebessert werden, der den alten Aschenplatz rechts des Schotterparkplatzes ersetzen soll. Dazu wollen die Klubs versuchen, den Trainingsrasen neben dem Hauptplatz „ein wenig aufzumotzen“, wie Lewing es ausdrückt.
Mit Marcello Ulbl hat er beim großen Vorhaben einen Mitstreiter vom Lokalrivalen an seiner Seite. Ulbl ist 2. Vorsitzender der DJK, dazu auch noch Fußballobmann, Jugendkoordinator und E-Juniorentrainer in Personalunion. Ganz schön viel für eine Person.
Ein ehemaliger Bergmann der Zeche Friedrich Heinrich
Dazu muss man aber wissen, dass Ulbl als gelernter Bergmann zuletzt auf der Lintforter Zeche Friedrich Heinrich beschäftigt, mit 49 Jahren aber in Frührente geschickt worden war. „Sonst wäre die Arbeit bei den DJK-Fußballern in diesem zeitlichen Umfang gar nicht möglich“, versichert der blau-weiße Multifunktionär.
Seit Sommer 2014 ist die DJK nach der Aufgabe der eigenen Platzanlage mit auf der Fichte-Anlage am Volkspark. Zuletzt pendelte die Mitgliederzahl beim Traditionsverein von 1926 bei nur noch rund 150 Mitstreitern, davon 43 passive Mitglieder. TuS Fichte hat derzeit immerhin gut 580 Mitglieder.
Ein Ziel: Mehr Sponsoren und qualifizierte Trainer
„Früher war die Konkurrent deutlich stärker zwischen beiden Vereinen“, sagt Ulbl, „irgendwann wird es eine Fusion geben. Das ist derzeit eher ein Thema als noch vor fünf Jahren. Dazu müssen wir natürlich die Mitglieder beider Vereine ins Boot holen und ein entsprechendes Votum bekommen. Und wir müssen auch die Stadt einbinden. Wir spielen schließlich auf einer städtischen Anlage.“
Die Konzentration der Lintforter Fußballkräfte, die dann mit dem aktuellen A-Kreisligisten SV Alemannia Kamp nur noch einen lokalen Konkurrenten in der Stadt haben würden, sieht Ulbl nur positiv: „Wir müssten die Jugendarbeit mit qualifizierten Trainern verbessern, können natürlich als ein großer Verein vielleicht auch den einen oder anderen Sponsor mehr gewinnen. Sportlich könnte man langfristig auch über mehr als einen Mittelfeld- oder Abstiegsplatz in der Landesliga nachdenken.“
Junge Fußballspieler in Lintfort halten
Die Spielgemeinschaft bei den A-Junioren ist dazu offenbar nur ein erster sportlicher Schritt. Der soll dafür sorgen, dass sich der Lintforter U18- und U19-Nachwuchs nicht in alle Winde verstreut, sondern sich in der Heimatstadt auf einem guten Niveau unterhalb der Niederrheinliga entwickeln kann. Mit dem Landesliga-Team gibt es auf Seniorenebene eine gute Perspektive.
Rückzug von SV Lintfort und Türkiyemspor
Übrigens: In den vergangenen Jahren hat sich die Zahl der Fußballvereine in Kamp-Lintfort bereits von fünf auf nur noch drei reduziert. Lediglich elf Jahre spielte der TSV Türkiyemspor Lintfort in den Klassen des Kreises Moers mit, ehe der Klub im Frühjahr 2011 wieder aufgelöst wurde.
Schmerzhafter war der Rückzug des Traditionsvereins SV Lintfort im Jahr 2013. Der ehemalige Verbandsligist, der als erster Verein der Stadt auf dem Platz an der Bertastraße auf Kunstrasen spielte, war sportlich auf den letzten Platz der Kreisliga B abgerutscht. Die Mitgliederzahl war zuletzt nur noch zweistellig, so dass der Verein dann auch kaum handlungsfähig war.