Kamp-Lintfort. Nils Hermsen, Neuzugang bei Fußball-Landesligist Fichte Lintfort, ist vergangene Saison wegen einer schweren Schulterverletzung lange ausgefallen.

Mit seinen 23 Jahren hat Nils Hermsen noch eine Menge Spielzeiten im Amateurfußball vor sich. Doch es fehlte wahrlich nicht viel und der neue Linksverteidiger von Landesligist TuS Fichte Lintfort hätte die Stollenschuhe vor wenigen Monaten auf Nimmer-Wiedersehen in der Ruhr versenkt. Mitte Oktober des vergangenen Jahres fiel der Neuzugang von Oberligist 1. FC Kleve beim Kreis-Derby in Straelen nämlich im Laufduell so unglücklich unkontrolliert auf die Schulter, dass sämtliche Bänder gerissen, die Kapsel beschädigt und das Gelenk ausgekugelt war.

„Ich kann mich nicht erinnern, schonmal je solch üble Schmerzen verspürt zu haben“, bekräftigt Nils Hermsen, „und wenn man dann vor und nach einer Operation weitgehend tatenlos bleiben muss, steigen in einem schon Gedanken über das Aufhören hoch.“ Ein kleiner Anker, der die Schulterkapsel stabil hält und bei manch Bewegung wie eine Sperre wirkt, erinnert Hermsen noch an die schlimme Verletzung. Dem Fußball blieb er treu. Wenn auch nun eine Liga tiefer.

Jede Fahrt mehr als 100 Kilometer

Beim 1. FC Kleve in der Oberliga wurde es für den Architektur-Studenten schnell zu zeitaufwendig, obwohl bis zur schweren Verletzung bereits zehn Einsätze zu verzeichnen waren, acht davon in der Startelf. „Jede Fahrt bedeutete mehr als hundert Kilometer“, rechnet Hermsen vor. Der wohnt und studiert in Bochum, will in den nächsten zwei Jahren seinen Bachelor of Art in der Tasche haben und dann in den Beruf einsteigen. Sein Vater hat als Architekt eine eigene Firma in Düsseldorf. „Als mit Kleve dann die schwere Verletzung passierte, habe ich lange drüber nachgedacht, ob und wie es im Fußball mit mir weitergeht“, so Hermsen, der auch stets sein berufliches Ziel im Blick hat.

Dass die Klever im April es öffentlich so darstellten, dass Hermsen eigentlich beim FC bleiben wolle, wurmt ihn im Nachhinein. „In Kleve war eigentlich alles gut: Mannschaft, Trainer, Platzanlage. Nur die Sache mit dem Vertrag am Ende wurde falsch dargestellt“, sagt der Offensivverteidiger. Ob der FC einfach nur mögliche Interessenten von Hermsen fernhalten wollte? Immerhin ließ sich Fichte Lintfort nicht beirren. Sportleiter Georg Mewes und Cheftrainer Volker Hohmann kannten den Defensivspieler aus der gemeinsamen Landesligazeit bei der SV Hönnepel-Niedermörmter.

Schmerzvoller Abgang: Nils Hermsen nach seiner Verletzung im Klever Dress beim Derby in Straelen im Oktober 2019.
Schmerzvoller Abgang: Nils Hermsen nach seiner Verletzung im Klever Dress beim Derby in Straelen im Oktober 2019. © FFS | Thorsten Tillmann

Das gab für Hermsen auch den Ausschlag, in Lintfort dann zuzusagen. Mit dem neuen Spielmacher Hilal Ali Khan, der in Gelsenkirchen wohnt, war schnell auch eine Fahrgemeinschaft vom Pott über die Autobahn 42 an den Niederrhein vereinbart. Hermsen: „Fichte ist für mich ein kalkulierbares Risiko. Ich kenne hier einige Leute. Die Mannschaft ist gut besetzt. Und zu weit zu fahren ist es auch nicht.“ Das Spielsystem von Trainer Hohmann mit eher hoch stehenden Außenverteidigern kommt Hermsen entgegen.

Vorbild ist Gareth Bale

Der hat übrigens ein großes Vorbild: Gareth Bale. „Aber in seiner Rolle, als er bei Tottenham ein kraftvoller Linksverteidiger war“, schränkt Hermsen ein. Der hat wie Bale ein gewisse Schnelligkeit und Schusskraft, dazu Offensivdrang. Bis zur A-Jugend hat der gebürtige Emmericher meist Angreifer gespielt. Bei Rot-Weiß Oberhausen machten dann der dänische Trainer Mike Tullberg (jetzt U19 Borussia Dortmund) und sein Mitstreiter Mike Terranova (jetzt RWO-Nachwuchskoordinator) aus dem Stürmer einen offensiven Außenverteidiger.

„Die Umstellung habe ich bisher nicht bereut“, betont Hermsen, der in der Jugend auch sieben Jahre für den MSV Duisburg unterwegs war. In Oberhausen war er im gemeinsamen Training ein- oder zweimal pro Woche nahe dran an den Profis. Doch zu einer echten Chance kam es nicht. Kurz vor dem Sprung ins U17-Bundesligateam beim MSV Duisburg hatte sich der damals B-Jugendliche einen Meniskusschaden im Knie zugezogen.

Es sollte nicht die einzige üble Verletzung bleiben. Vor der schweren Schulterblessur in Kleve gab es auch schon zwei Schlüsselbeinbrüche. Versteht sich also von selbst, dass Nils Hermsen bei Fichte Lintfort auch ein ganz profanes Ziel vor Augen hat: eine Fußballsaison ohne eigene große Ausfallzeit.