Kamp-Lintfort. Die Corona-Pandemie legt zwar den Handball lahm, hat den Zweitligafrauen vom TuS Lintfort als Tabellenachter die Saison jedoch nicht verhagelt.
Es war ein abruptes Ende. Die Corona-Pandemie zwang bislang viele Sportarten in die Knie – auch die Zweitliga-Handballerinnen des TuS Lintfort. Seitdem herrscht eine Leere, denn für alle ist es immens schwierig und vor allem ungewohnt mit dieser Situation umzugehen. Fakt ist aber bekanntlich: Die Saison 2019/2020 wurde für beendet erklärt.
Was der TuS Lintfort aus dieser abgebrochenen Spielzeit noch gemacht hätte, ist müßig und spekulativ. Dennoch überwiegen ganz klar die positiven Eindrücke. Die Mannschaft um Trainerin Bettina Grenz-Klein und ihrem „Co“ David von Essen hat eine sensationelle Entwicklung genommen und sich dafür selbst mit einem überragenden achten Tabellenplatz belohnt. Für den TuS Lintfort ist es der zweite Klassenerhalt in Folge und das Team hat dadurch zum dritten Mal hintereinander das Ticket für die 2. Bundesliga gelöst – Vereinsrekord.
Eine kampfstarke Einheit
Der jüngste Erfolg fußt auf einer übergeordneten Gemeinschaft. Die Spielerinnen haben sich mehr denn je zu einer kampfstarken Einheit zusammen gefunden. Die Kombination aus Herzblut, gewachsenes Selbstbewusstsein, sowie den läuferischen Fähigkeiten brachten den Aufschwung.
Und ganz zu schweigen davon, dass viele Spielerinnen mittlerweile von der zuvor jahrelangen harten und schweißtreibenden Trainingsarbeit profitierten, somit einen sichtbaren Schritt in ihrer Entwicklung nahmen. Ein weiterer, wichtiger Aspekt war die Zusammenstellung des Kaders. Die Vereinsführung bewies ein glückliches Händchen. Ob Lisa Kunert, Anika Henschel und Katrin Kaiser, oder das Eigengewächs Jana Willing – alle vier „Neuen“ fügten sich problemlos in das vorhandene System ein.
Und somit zeigte sich gleich mit dem Startschuss in die Saison: Der TuS Lintfort sollte für die Konkurrenz ein unberechenbarer und unbequemerer Gegner werden. Insbesondere die Auftritte in der Abwehr verzückten und waren in dieser Form nicht zu erwarten.
„Ich bin auch ein wenig überrascht“
„Ich bin auch ein wenig überrascht, welche Kampfkraft meine Mannschaft in der Verteidigung freisetzen konnte. Das war in dieser Souveränität so nicht zu erwarten“, freute sich TuS-Trainerin Bettina Grenz-Klein und fügt hinzu. „Wir haben uns nach reichlichen Überlegungen dazu entschlossen unser System voll und ganz und zu hundert Prozent auf die 6:0-Formation auszurichten. Zwar etwas offensiver als im Jahr zuvor, aber ohne eine echte Alternative. Das war riskant.“
Die Mannschaft fühlte sich in dieser Ausrichtung allerdings pudelwohl und trat ihren Gegner mutig und aggressiv entgegen. Es war jedoch ein Erfolg der „kleinen Schritte“ und der Feinjustierung gleich einiger Stellschrauben.
Gerade die doch ziemlich offensive Interpretierung der beiden Halbpositionen war somit der Schlüssel zum Erfolg. Die Formation stifte gehörig Verwirrung und lähmte den gegnerischen Spielfluss. So waren es vor allem Becky van Nijf (rechts) und Loes Vandewal, die auf unglaublich „schnellen Beinen“ unterwegs waren. Dennoch hatte die Kompaktheit stets Vorrang. Hier waren es Eva Legermann, Jana Willing und Naina Klein die mit Übersicht und der dazu gehörigen Kompromisslosigkeit das „Zentrum“ dicht hielten.
Aber den wohl größten Leistungssprung machte Laura Graef. Die Torhüterin ist im Vergleich zur Vorsaison in ihren Auftritten deutlich gereift, war der große Rückhalt auf der Linie, wuchs mit vielen sehenswerten und wichtigen Paraden oft über sich hinaus. Auch ihr Zusammenspiel mit den Vorderleuten wirkte klarer und strukturierter.
Der Angriff hingegen war nicht unbedingt das Paradestück. Trotzdem präsentierte sich die Mannschaft auch dort als eine intakte Gemeinschaft, die zweifellos vorhandene Defizite mit jeder Menge Einsatz kaschierte. Erneut spielte sich dabei Loes Vandewal in den Vordergrund. Die kleine und quirlige Holländerin war die überragende Konstante im Rückraum mit eingebauter Torgarantie. Die Haupttorschützin profitierte allerdings auch von ihren Mitspielerinnen.
Vandewal, in Kombination mit Spielmacherin Mie Norup Isaksen und Linkshänderin Becky van Nijf, brachten im Zusammenspiel eine bemerkenswerte Passgeschwindigkeit auf die „Platte“, rissen große Lücken in des Gegners Verteidigung und schafften zusätzliche Räume für Kreisläuferin Jana Willing.
Frischen Wind in die Aktionen
Aber selbst dem Trio gingen manches Mal die Ideen aus oder die Tagesform stimmte nicht. Da war es gut, dass die Qualität des Kaders auf „breiten Füßen“ stand. Spielerinnen wie Naina Klein oder Lisa Kunert waren in den Momenten am Zug, brachten durch eine kraftvoller interpretierte Spielweise frischen Wind in die Aktionen.
„Wir hatten in der Offensive schon so unsere Probleme“, erinnert sich Bettina Grenz-Klein. „Aber es ist uns oft gelungen, die Verantwortung auf dem Spielfeld besser als im Vorjahr zu verteilen. Die Mannschaft hat sich eindeutig weiterentwickelt, war bei Misserfolgen nicht deprimiert sondern zeigte eine Reaktion.“
Der TuS-Trainerin ist es wichtig, dass hinter dem ganzen Erfolg viel Arbeit und Training steckt. „Alle aus dem Trainerstab sind unglaublich wichtig und leisten wichtige Beiträge, wie Co-Trainer David von Essen, Physiotherapeut Andreas Claßen, Fitnesstrainer Jörg Schneider oder Betreuer Harald Metsches.“
>>>BILANZ UND TORSCHÜTZELISTE VOM TUS LINTFORT FÜR DIE SAISON 2019/2020
Der TuS Lintfort beendete die Saison 2019/20 auf dem achten Tabellenplatz der 2. Bundesliga, mit 20:22 Punkten, 536:553 Toren, bei zehn Siegen und elf Niederlagen.
Die TuS-Torschützenliste: 1. Loes Vandewal (133 Tore/davon 41 Siebenmeter), 2. Naina Klein (73/5), 3. Mie Norup Isaksen (60/24), 4. Becky van Nijf (41), 5. Eva Legermann (40), 6. Leonie Lambertz (38), 6. Jana Willing (38), 8. Lisan van Hulten (33), 9. Lisa Kunert (26), 10. Anika Henschel (25/6), 11. Katharina Ueffing (12), 12. Katrin Kaiser (11), 13. Prudence Kinlend (4), 14. Laura Graef (2).