Am Niederrhein. Drei Teams haben sich im Zuge der Corona-Krise aus der Volleyball-Bundesliga zurückgezogen. Der Moerser SC peilt indes die Rückkehr in die VBL an.

Seit sechseinhalb Wochen hat es für die Volleyballakteure des Moerser SC keinen Ballwechsel mehr gegeben. Die Corona-Krise bremst sportliche Aktivitäten beim Tabellendritten der 2. Bundesliga Nord bis auf Weiteres aus. Und dennoch verfolgt die MSC-Crew um den Vorsitzenden Günter Krivec und Cheftrainer Henrik Rieskamp aufmerksam den weiteren Planungsverlauf rund um Corona und ihre Sportart. Die aktuelle Situation könnte schließlich für den Moerser Volleyball auch eine unerwartet gute Seite haben.

Der MSC hat bislang als einziger Zweitligist fristgerecht einen Lizenzantrag für die neue Saison in der Bundesliga gestellt. „Wir würden in die höchste Liga zurückkehren“, betont MSC-Chef Krivec im Gespräch mit der Redaktion, „aber nur unter machbaren Bedingungen.“ Über Letzteres diskutiert der 77-jährige Geschäftsmann, der bislang die Bundesliga-Rückkehr stets mit einer sportlichen Qualifikation als Grundbedingung verknüpft hatte, mit der zuständigen VBL.

„Moers genießt Anerkennung“

Krivec weiß, dass der Zeitpunkt günstig ist, um ein Comeback nach dem finanzbedingten Aus des MSC im Frühjahr 2014 zu wagen. Die Zwölferliga entpuppt sich aus wirtschaftlichen Gründen zunehmend als fragiles Gebilde. Und Moers ist ein Standort, der so Krivec „eine gewisses Anerkennung genießt“.

Knackpunkt bleibt allerdings die wirtschaftliche Machbarkeit. Die von der VBL festgelegten Lizenzanforderungen sind teuer. Bevor der erste Ballwechsel erfolgt, sind schon locker 200.000 Euro investiert. „Wir können uns keinen hauptamtlichen Geschäftsführer leisten. Und die Sache mit dem austauschbaren, fremdlinienfreien Hallenboden könnten wir in der Enni-Sporthalle auch nicht umsetzen“, betont Krivec.

Mister MSC-Volleyball, hier mit der erfolgreichen Moerser U13-Mädchen-Auswahl: Günter Krivec (rechts).
Mister MSC-Volleyball, hier mit der erfolgreichen Moerser U13-Mädchen-Auswahl: Günter Krivec (rechts). © Juergen A Sabarz

Der MSC-Chef und -Gönner plant, den Etat für eine Bundesliga-Saison um 100.000 Euro auf gut 250.000 Euro zu steigern: „Das ist realistisch. Wir hätten die Chance, im Mittelfeld mitzuspielen.“

Liu Changcheng soll MSC unterstützen

Trainer Henrik Rieskamp hält acht Spieler seines aktuellen Teams für Bundesliga tauglich. Vier Zugänge würden noch gesucht: ein erfahrener Zuspieler, ein Annahmespieler, ein guter Diagonalangreifer, ein Mittelblocker. Als Cheftrainer wird Henrik Rieskamp nach einer guten Zweitliga-Saison mit Platz drei bei Abbruch dem MSC erhalten bleiben. Einmal pro Woche würde er in der Trainingsarbeit vom früheren Moerser Meister-Volleyballer und chinesischen Olympia-Teilnehmer Liu Changcheng unterstützt, aktuell Trainer der Zweitliga-Frauen bei den Skurios Volleys Borken.

In den nächsten 14 Tagen soll erkennbar sein, in welche Richtung der Weg der Moerser Volleyballer führt. MSC-Chef Krivec taktiert vorsichtig, um das Wagnis Bundesliga noch einmal einzugehen. Die aktuellen Nachrichten sind schließlich für die VBL nicht gerade günstig.

Entscheidungen bis Ende April

Erst meldeten die Heitec Volleys aus dem fränkischen Eltmann Insolvenz an. Für die neue Saison gibt es keine Spiellizenz seitens der VBL. Dazu kam kürzlich der unerwartet abrupte Ausstieg des TV Rottenburg. Das Team vom Neckar, seit 20 Jahren in der obersten Spielklasse vertreten, bilanziert ein sechsstelliges Loch im Etat.

Trotz einer sportlich erfolgreichen Saison, die vom Halbfinaleinzug im DVV-Pokal gekrönt wurde, und dem mit 2000 Zuschauern pro Heimspiel zweitbesten Schnitt der gesamten Liga hätten sich die finanziellen Aussichten des Vereins, der schon vor der Corona-Krise mit knappen Mitteln zu kämpfen hatte, schlagartig verschlechtert.

Auch Haching spielt nicht mehr mit

Am Mittwoch gesellte sich das Aus für die AlpenVolleys Haching hinzu, die seit drei Saisons ihre Spiele in München und in Innsbruck ausgetragen hatten. Titelsponsor HypoTirol ist wegen Corona in Nöten, so dass die Volleyballer des Stammvereins TSV Unterhaching demnächst allenfalls in der Zweiten Liga starten.

Letzter Ballwechsel der Saison für den Moerser SC beim 3:2 im Heimspiel gegen den VC Bitterfeld-Wolfen.         
Letzter Ballwechsel der Saison für den Moerser SC beim 3:2 im Heimspiel gegen den VC Bitterfeld-Wolfen.          © Juergen Sabarz

Auch der Standort Frankfurt mit den United Volleys scheint finanziell am seidenen Faden zu hängen. VBL-Präsident Michael Evers will nun bis Ende April intern die Lizenzanforderungen für die Bundesliga auf den Prüfstand stellen. Evers mahnt auf der VBL-Internetseite: „Ohne Klubs keine Liga.“

Das heißt aber nicht, dass die Lizenzanforderungen neu definiert würden. „Es wäre kontraproduktiv“, sagt Evers, „in Zukunft aus Kostengründen auf einen fremdlinienfreien Boden zu verzichten.“

Volleyball mit oder ohne Zuschauer im Oktober?

Zudem ist es nicht abzusehen, ob der reguläre Saisonstart der Bundesliga Anfang Oktober auch mit Zuschauern erfolgen kann. Gleiches dürfte auch für die Zweite Liga gelten, deren Saisonstart Mitte September erfolgen soll.

Das finale Lizensierungsverfahren hat die VBL jedenfalls zeitlich nach hinten versetzt. Die Wirtschaftlichkeit eines Teilnehmers muss demnach erst bis zum 31. Juli nachgewiesen sein.

Übrigens:

Der Moerser SC wurde vor 35 Jahren von Unternehmer Günter Krivec gegründet. Der Olympia-Teilnehmer von 1964 im Dreisprung feierte mit den Volleyballern auf deutscher und internationaler Ebene schnell Erfolge.

Das Team gewann 1990 den Europapokal, wurde 1992 Deutscher Meister, dazu 1991 und 1993 Pokalsieger. Für den MSC spielten unter anderem Olympiasieger Jonas Reckermann und Volleyball-Legende Georg Grozer.