Moers/Düsseldorf. 2008 war Benjamin Kleibrink auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Der Florettfechter des FC Moers holte bei den Olympischen Spielen in Peking Gold.

„Ich wollte es mit Olympia vernünftig zu Ende bringen“, spricht Benjamin Kleibrink über seine Motivation, noch einmal bei den Sommerspielen in Tokio anzutreten. Die Qualifikation für die Spiele in der japanischen Metropole hatte der 34-Jährige Florettfechter noch vor dem letzten Qualifikationsturnier, dem Florett-Weltcup im kalifornischen Anaheim, im Sack. Doch nun liegt der Olympia-Start inklusive einem vernünftigen Karriereende erst einmal auf Eis.

Zwei Tage vor dem Turnierstart an der Westküste der Vereinigten Staaten ist das Team vor dem Coronavirus und dessen Einschränkungen geflohen. „Wir sind Freitagnacht vor der Sperre in den USA wieder zurückgekommen“, so Kleibrink. Für Abergläubische: Das war einmal mehr Freitag, der 13. – diesmal der 13. März.

Da stand schon fest, dass in der Welt nichts mehr problemlos ablaufen würde. Zwei Wochen später sagte Thomas Bach, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), schließlich die Sommerspiele in Tokio ab.

Einziger Sieg seit 1988

Das war ein schwerer Schlag für alle Athleten, auch für Benjamin Kleibrink. Obwohl der Düsseldorfer, der mit zwölf Jahren zum Fechtclub Moers gekommen war, bereits seine olympische Goldmedaille zu Hause hat. Die holte er sich 2008 sensationell in Peking. Sensationell schon deshalb, weil der damals 23-Jährige den bis heute einzigen deutschen olympischen Einzelsieg mit dem Florett schaffte – und obendrein den ersten Einzelsieg im Fechten seit 1988 in Seoul. Bei den Spielen in Südkorea war Benjamin Kleibrink erst drei Jahre alt und dachte noch nicht ans Fechten. Das änderte sich im Laufe der Zeit. Deutlich.

Mit zwölf Jahren kam der Teenager zum FC Moers. Dort bereitete der damalige Trainer Herbert Wagner ihn auf die Planches des sportlichen Lebens vor, die für einen Florettfechter die Welt bedeuten. „Ich hatte nie einen besseren, motivierteren und disziplinierteren Fechter als Benni“, erinnert sich der 77-Jährige.

Abschied vom FC Moers mit 18 Jahren

Während Wagner nach 50 Jahren Trainerarbeit – 30 Jahre davon in Moers – mittlerweile im verdienten Ruhestand ist, hatte sich sein ehemaliges Top-Talent noch einmal fit gemacht für die Spiele in Tokio.

Trainer Herbert Wagner hat Benjamin Kleibrink beim FC Moers stark gefördert.
Trainer Herbert Wagner hat Benjamin Kleibrink beim FC Moers stark gefördert. © UZak

Auch wenn die Erinnerungen an den Sieg in Peking „nun doch etwas verblassen“, wie Benjamin Kleibrink rückblickend zugibt, „war es ein außergewöhnliches Ereignis und sicher der Höhepunkt meiner Karriere.“ Er weiß noch ganz genau, dass der Erfolg kein Zufall war, der Olympiasieg quasi das logische Ende einer langen Reihe zahlreicher Siege in etlichen Jahren bildete.

„Ich war sehr zielstrebig“, versichert er, „habe viel und hart trainiert.“ Es sei nicht möglich, einen Olympiasieg im Vorbeigehen einzutüten. Auch wenn Kleibrink es mit links schaffte – als Linkshänder.

„Ich habe in den Jahren vor Olympia schon viel gewonnen und bin 2003, mit 18 Jahren, vom FC Moers zu Bundestrainer Ulrich Schreck gewechselt.“ Auch Herbert Wagner erinnert sich daran, dass Kleibrink in der Vorbereitungszeit Richtung Olympia „jedes Turnier gewonnen“ hat. „Benni hat gefochten wie ein Gott“, versichert der ehemalige Trainer. „Als Sportler ist er ein toller Typ.“

Olympiasieg mit Bundestrainer Ulrich Schreck

Ulrich Schreck war schließlich auch 2008 der Bundestrainer, der Kleibrink zum Olympiasieg geführt hat. Und Schreck ist auch heute noch sein Trainer. Damals, in Peking, war Kleibrink aber nicht der einzige deutsche Weltklasse-Fechter. „Das war schon ein starker Jahrgang“, sagt er heute rückblickend. Stimmt, denn dazu gehörte beispielsweise auch noch der drei Jahre ältere und damals bereits dreifache Weltmeister Peter Joppich, der 2010 einen weiteren WM-Titel seiner Sammlung beifügte.

Doch Joppich musste sich im olympischen Turnier in Peking mit 12:15 im Viertelfinale gegen den Japaner Yūki Ōta geschlagen geben. Nachdem der Mann aus Tokio schließlich noch den Italiener Salvatore Sanzo im Halbfinale denkbar knapp mit 15:14 besiegte hatte, stand er im olympischen Finale.

Grund zur Freude nach einem entschlossenenm Gefecht: Benjamin Kleibrink.
Grund zur Freude nach einem entschlossenenm Gefecht: Benjamin Kleibrink. © FFS

Benjamin Kleibrink hatte schon im Viertelfinale beim 15:7-Erfolg gegen Lei Sheng und im Halbfinale deutlich mit 15:4 gegen Zhu Jun zwei Chinesen aus dem Wettbewerb geworfen. „Ōta kannte ich ja“, betont Kleibrink, „ich hatte schon bei der Junioren-Weltmeisterschaft 2005 in Linz im Halbfinale gegen ihn gefochten.“ Und gewonnen. Auch damals holte sich der Deutsche am Ende den Gesamtsieg.

Finalsieg in Peking gegen Japaner Ota

Und in Peking 2008 war es beim 15:9 über Yūki Ōta nicht anders. „Woran sich viele gar nicht mehr erinnern, ist, dass ich ja schon mit 14:6 vorn lag und das Gefecht nur noch wenige Sekunden ging. Da konnte nichts mehr anbrennen. Es lief wie am Schnürchen.“ Dennoch war Kleibrink auf der Hut. „Yūki Ōta setzte am Ende natürlich alles auf eine Karte und stürmte nur noch nach vorn. Da habe ich dann noch drei Treffer kassiert“, erinnert sich Kleibrink ganz genau an die letzten Sekunden des Kampfes. Doch noch vor Ablauf der Zeit setzte der deutsche Florettfechter, der beim FC Moers wichtige Lehrjahre verbrachte, seinen 15. Treffer und holte sich die olympische Goldmedaille.

2012 verkündete Benjamin Kleibrink schließlich sein Karriereende. „Ich hatte einfach keine Lust mehr, ich musste aufhören“, sagt er rückblickend. Doch 2015 folgte der Rücktritt vom Rücktritt. „Ich hatte wieder ein gutes Gefühl.“ Auch wenn es für die Olympischen Spiele 2016 in Rio nicht gereicht hatte – „dafür bin ich viel zu spät ins Geschehen eingestiegen“ –, kämpfte sich der Düsseldorfer wieder an die Weltspitze heran. Yūki Ōta, sein Finalgegner von Peking, wurde übrigens 2015 in Moskau noch einmal Weltmeister.

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„Will nicht einfach da gewesen sein“

Benjamin Kleibrink holte schließlich noch 2017 und 2018 bei Deutschen Meisterschaften viermal Bronze – in beiden Jahren jeweils im Einzel und mit der Mannschaft. 2019 ließ er es schließlich noch einmal bei der Europameisterschaft krachen: Silber mit der Mannschaft in seiner Heimatstadt Düsseldorf.

Und zu diesem Zeitpunkt hatte er die Olympischen Spiele 2020 und sein Karriereende bereits fest im Blick. „Ich wollte doch nicht dahin fahren, um einfach da gewesen zu sein“, unterstreicht Kleibrink seine Zielsetzung.

Ob das für 2021 genauso gilt, lässt sich Benjamin Kleibrink heute aber völlig offen. „Mit 25 Jahren hätte ich sofort gesagt, auf jeden Fall.“ Doch das ist fast zehn Jahre her, die körperlichen Zipperlein nehmen zu. Und der Olympiasieger will seine Karriere auf jeden Fall vernünftig beenden. Zwar mit links, aber eben nicht im Vorbeigehen.

Das sind Kleibrinks Erfolge:

DEUTSCHE MEISTERSCHAFT
Gold: 2005, 2008, 2010, 2011;
Silber: 2007;
Bronze: 2006, 2012, 2017, 2018;
Mit der Mannschaft
Gold:
2011;
Silber: 2010;
Bronze: 2017, 2018.

EUROPAMEISTERSCHAFT
Izmir 2006
Bronze
Gent 2007 Silber;
Gold Mannschaft
Plowdiw 2009 Bronze Mannschaft
Legnano 2012 Silber;
Bronze Mannschaft
Düsseldorf 2019 Silber Mannschaft.

WELTMEISTERSCHAFT
Leipzig 2005 Bronze Mannschaft
Turin 2006 Silber Mannschaft
St. Petersburg 2007 Bronze;
Silber Mannschaft
Peking 2008 Silber Mannschaft
Antalya 2009 Silber Mannschaft
Catania 2011 Bronze Mannschaft.

OLYMPISCHE SPIELE
Peking 2008 Gold
London 2012 Bronze Mannschaft.