Wetter. Er stand im Tor bei der HSG Wetter/Grundschöttel. Als Physiotherapeut hilft Roger Bösel Sportlern mit modernen Geräten:

Matthias Spöttle sitzt auf einer Bank und hat die Hände aufgestützt. Er konzentriert sich und zieht mit seinem rechten Bein vorsichtig über ein Seil Gewichte nach vorne. Er befindet sich in der Reha-Phase nach einer Knieverletzung, die er sich beim Handball zugezogen hat. Nach der Übung geht es auf ein Koordinationsgerät, um die Muskulatur zu kräftigen, koordinativ zu arbeiten und gleichzeitig durch die federnde Vorrichtung das Kniegelenk zu entlasten. Das ist in der Physiotherapiepraxis von Roger Bösel möglich. Der Wetteraner, der bis zum Sommer das Tor der dritten Sieben der HSG Wetter/Grundschöttel hütete, hat in Schwelm das moderne Therapie- und Trainingsgerät stehen. Dazu noch ein Anti-Schwerkraft-Laufband.

Infobox: Investitionen im fünfstelligen Bereich

Anti-Gravitations-Laufbänder sowie Koordinationsgeräte zur Unterstützung der Gelenke haben einen sehr hohen Preis. Nicht allein durch die Vorrichtung an sich, die über gezielte interne Mechanismen betrieben wird. Auch die Monitore mit dem Programm kostet schon eine vierstellige Summe.

Insgesamt bewegen sich die Investitionen jeweils in einem fünfstelligen Bereich. Für Roger Bösel war dies eine hohe Summe, die er investiert hat. Doch der Einsatz in seiner Praxis habe sich bewährt, allein aufgrund der modernen und effektiven Behandlungsoptionen.

Auf dem Koordinationsgerät der Marke Sensopro betreten die Nutzer quasi zwei Slaglines. Sie können sich an Handstangen festhalten und dazu drei verschieden feste Schlingen für die Übungen mit einbinden. „Wichtig ist immer, dass man keinen Schmerz spürt. Auf einer Skala von eins bis zehn ist höchstens eine drei erlaubt“, betont Bösel. Durch die Entlastung von bis zu 30 Prozent werden die Gelenke geschont und durch die instabile Stehfläche werden die Nutzer immer wieder angespornt. Sie lachen auch mal, wenn es nicht ganz klappt. Bösel wirkt zufrieden und schafft damit eine lockere Behandlungsatmosphäre. „Das Gute ist die Be- und Entlastung im Wechsel. Das brauchen unsere Gelenke“, erklärt er. Ein Patient steht nach seiner Knie-Op bei unserem Ortstermin recht stabil auf den nachgebenden Bändern. Der 52-Jährige möchte demnächst gerne Skifahren. Das Koordinationsgerät ist auf sportwissenschaftlicher Basis von Surfern entwickelt worden. Im Spitzensport besitzen etwa die Fußball-Stars Robert Lewandowski und Joshua Kimmich privat ein solches Gerät, weiß Bösel.

Nur 20 Prozent des Körpergewichts müssen die Gelenke tragen

Das spezielle Anti-Schwerkraft-Laufband ist dagegen ursprünglich in Amerika konzipiert worden, um Astronauten für die Schwerelosigkeit im All vorzubereiten. Seit vier Jahren ist Praxisinhaber Bösel in Besitz eines solchen Laufbandes. In der Spitze wird durch Luftzufuhr das eigene Körpergewicht nur noch zu 20 Prozent von den Läufern getragen. Wenn die Luft wieder herausgelassen wird, fühlen sich die ersten Schritte seltsam an. „Daran erkennt man, wie sehr die Gelenke unterstützt werden. Drei Wochen nach einer OP kann das Laufband genutzt werden, selbst wenn Patienten im Alltag die Gelenke noch nicht stark belasten sollen“, erklärt der Physiotherapeut und schiebt hinterher: „Unsere Gelenke müssen belastet werden, damit sich Zellen aufbauen. Der Körper braucht stetig Bewegung.“

In der Physiotherapiepraxis von Roger Bösel steht ein hochmodernes Anti-Schwerkraft-Laufband zur Abfederung der Gelenke beim Training. Hier läuft Patient Matthias Spöttle auf dem Gerät.
In der Physiotherapiepraxis von Roger Bösel steht ein hochmodernes Anti-Schwerkraft-Laufband zur Abfederung der Gelenke beim Training. Hier läuft Patient Matthias Spöttle auf dem Gerät. © Schwelm | Hendrik Steimann

Sein Sportkamerad Matthias Spöttle wird demnächst weiter in den Genuss kommen, effektiv seine Ausdauer anzutrainieren. „Mir ist in einem Handballspiel ein Gegenspieler in mein Knie gefallen, dabei habe ich mir einen Innenbandriss zugezogen“, erzählt er. Früher war der Rückraumspieler für die HSG Herdecke-Ende auf dem Feld. Mittlerweile spielt er beim CVJM Gevelsberg, zusammen mit Bösel in der Kreisliga. So ist auch der kurze Draht zur effektiven Behandlungsmöglichkeit entstanden. Der entsteht auch bei anderen Handballern, teilweise breitet Bösel Patienten auf die Rückkehr zum Sport vor, die mit ihrem Team gegen seine Mannschaft in der Liga spielen. Vor sieben Jahren hatte der heute 47-Jährige selbst einen Kreuzbandriss und danach eine beginnende Artrose. Er sollte eine Knie-Schlittenprothese tragen. „Ich habe mich aber dagegen gewehrt. Ich fuhr viel mit dem Rad und bewegte mich ohne große Überbelastung“, erzählt er. Und: Durch das besondere Laufband arbeitete er sich selbst zurück zwischen die Pfosten, in denen er wieder seit vier Jahren zu finden ist.

B-Junioren aus Gevelsberg und Wetter werden in der Praxis fit gemacht

Zwischen der HSG Wetter/Grundschöttel und der HSG Gevelsberg/Silschede besteht eine Kooperation in zwei Jugendmannschaften. Die B-Junioren treten im Wettkampfbetrieb offiziell unter Gevelsberger Flagge an, die C-Junioren und Wetteraner. Bis Ende Oktober war Bösel, Inhaber der Trainer-C-Lizenz, Coach der B-Jugend. Nun fungiert er noch als Athletiktrainer, wenn das Team einmal in der Woche in seiner Praxis gastiert. Das Anti-Gravitations-Laufband nutzen mit dem Torhüter und Kreisläufer zwei der jungen Handballer. Darauf fühlt es sich im ersten Moment gewöhnungsbedürftig an, wenn sich die Luft um und unter dem Körper aufbläst. Dann spürt man bei den ersten Schritten, dass man quasi wie in der Luft schwebt. Über ein Display ist eine Ganganalyse möglich, zum Beispiel mit Werten zur Gewichtsverlagerung und Schrittlänge. Die Geschwindigkeit kann individuell eingestellt werden, bis zu 25 Stundenkilometer. So bietet es wie auch das Koordinationsgerät eine moderne Methode auf dem Weg zurück zum Kräftemessen.