Gelsenkirchen. MMA-Kämpferin Mandy Böhm gelingt mit ihrem UFC-Sieg Historisches. Den Erfolg musste die Gelsenkirchenerin aber teuer bezahlen. Ein Interview.

Als der Kellner an den Tisch kommt, bestellt Mandy Böhm einen Cappuccino und einen Eistee Himbeer-Granatapfel. Nachdem die Gelsenkirchenerin kürzlich den größten Erfolg ihrer Karriere im Mixed-Martial-Arts (MMA) gefeiert hat, darf sie sich jetzt auch mal etwas gönnen. Mitte Mai feierte Mandy Böhm im dritten Anlauf ihren ersten Sieg in der größten MMA-Organisation der Welt, der UFC. Sie ist die erste Deutsche überhaupt, die einen UFC-Kampf gewinnen konnte.

Der Kampf gegen die Südkoreanerin Ji Yeon Kim wurde in der dritten Runde abgebrochen, nachdem Ji Yeon Kim ihrer Gegnerin Mandy Böhm einen unerlaubten Kniestoß gegen den Kopf verpasst hatte und der MMA-Kämpferin aus Gelsenkirchen damit ein Schädel-Hirn-Trauma zugefügt hatte. Der Ringarzt entschied anschließend, dass Mandy Böhm nicht weiterkämpfen konnte. Zwei der drei Punktrichter werteten den Kampf für die Gelsenkirchenerin.

Dennoch musste sich die 33-Jährige zuletzt immer wieder Schauspielerei vorwerfen lassen. Im WAZ-Interview spricht sie über Hassnachrichten und die unsportlichen Aktionen ihrer Gegnerin.

Mandy Böhm: Schädel-Hirn-Trauma nach Kniestoß der Gegnerin

Frau Böhm, sie trinken leidenschaftlich gerne Kaffee. Wie hat Ihr erster Kaffee nach dem UFC-Sieg geschmeckt?

Mandy Böhm: Hervorragend. Den besten Kaffee macht übrigens mein Mann, er ist der Barista in der Familie. Er ist ein Genie darin, die Milch so aufzuschäumen, dass sie die perfekte Konsistenz hat. Deshalb ist jeder Kaffee auswärts eine Enttäuschung (lacht).

Kam der erste Kaffee nach Ihrem Sieg denn auch von Ihrem Mann?

Nein, leider nicht. Aber egal was du nach deinem Sieg zu dir nimmst, der Sieg schmeckt einfach so gut, dass das irrelevant ist.

Sie hatten nach dem illegalen Kniestoß Ihrer Gegnerin ein Schädel-Hirn-Trauma. Wie geht es Ihnen jetzt?

Jetzt geht’s mir langsam besser. Ich bin jetzt die erste Woche symptomfrei, das heißt kein Schwindel, keine Probleme, wenn ich spazieren gehe. Ich hatte Übelkeit des Todes. Ich musste nur zu schnell gehen und das war schon zu viel für meinen Körper.

„Diese unsportliche Art hat sie nicht nur im Kampf gezeigt“

Wie ging es Ihnen in dem Moment des Kniestoßes?

Der Kniestoß war brutal, das war ein ganz übler Wirkungstreffer. Viele denken: Mh, das ist ja nicht so schlimm. Doch, es ist schlimm. Ein Knie hat eine komplett andere Wirkung als ein Fauststoß. Das war das Heftigste, was ich bisher hatte. Meine Sicht war total weg.

Also haben Sie gar nichts mehr gesehen?

Erst mal war alles komplett schwarz. Danach konnte ich nur verschwommen sehen und mir war schwindelig. Es hat auch 20, 30 Minuten gedauert, bis meine Sicht wieder einigermaßen klar geworden ist. Deshalb bin ich auch ins Krankenhaus gekommen.

Dieser Kniestoß war nicht die einzige unsportliche Aktion Ihrer Gegnerin. Nach dem Ende der zweiten Runde hatte Kim Sie mit dem Fuß weggetreten.

Diese unsportliche Art hat sie nicht nur im Kampf gezeigt, das hat sich schon Wochen vorher in Las Vegas beim Training zugespitzt. Wir sollten ja eigentlich im Februar gegeneinander kämpfen (Böhm musste aus gesundheitlichen Gründen absagen, Anm. d. Red.), da war noch alles gut. Nachdem dieser Kampf aber abgesagt wurde, ist die Stimmung gekippt. Auf Social Media hat sie Sachen geschrieben wie ‚Diesmal rennst du nicht vor mir weg‘, obwohl ich krank gewesen war. Als wir uns dann in der Kabine gesehen haben, hat sie mich angestarrt. Da habe ich sie gefragt, ob sie sich mit einem Hammer gekämmt hat und was sie für einen Mist auf Social Media schreibt. Das war ihr zehnter UFC-Kampf, ich weiß nicht, warum sie sich so emotional verhalten hat. Ich halte das für ziemlich unprofessionell.

„Es war nicht das, was ich mir gewünscht hatte“

Als der Sieg dann feststand: Konnten Sie sich angesichts Ihres gesundheitlichen Zustands überhaupt richtig freuen?

Es war nicht geil. Es war nicht das, was ich mir gewünscht hatte. Ich hätte sie gerne über die komplette Distanz geschlagen.

Nach dem Kampf haben Internetnutzer Ihnen Schauspielerei vorgeworfen. Wie gehen Sie damit um?

Ich habe auf Social Media sogar Nachrichten bekommen, in denen stand: Töte dich, du Schlampe. Richtig ekelhaft. Ich habe überlegt, ob ich das strafrechtlich verfolgen lasse. Aber ich habe für mich entschieden, dass ich meine Energie nicht in Negativität stecke. Ich weiß, wer ich bin, ich bin stolz auf meine Leistung. Die Leute versuchen, mir das wegzunehmen, was ich mir so hart erarbeitet habe. Denken Sie, ich lasse mir das von jemandem wegnehmen, der auf seiner Couch sitzt und sagt: Ach, die Alte hätte mal weiterkämpfen können?

Mandy Böhms Mann vor wichtigem Kampf

Auch Mandy Böhms Ehemann, Khurshed Kakhorov, ist MMA-Kämpfer. Der 31-Jährige, gebürtig aus Tadschikistan, lebt seit acht Jahren in Gelsenkirchen und startet auch für Deutschland. Er bereitet sich gerade auf einen wichtigen Kampf vor.

Am 8. Juli kämpft Khurshed Kakhorov in Berlin beim European-Series-Turnier der PFL, einer Konkurrenz-Organisation zur UFC, gegen den Franzosen Mokhtar Benkaci. Der Gewinner kämpft um den Einzug in die reguläre PFL-Saison.

Aber können Sie solche heftigen Nachrichten ignorieren? Das sind ja fast Morddrohungen.

Nein, die kann ich nicht einfach ignorieren. Das war so bösartig, dass ich mich nicht getraut habe, etwas zu posten. Ich habe meine Kommentarleiste deaktiviert. Ich habe aber auch ganz viel positives Feedback bekommen, ganz viel Zuspruch.

Wie geht’s jetzt für Sie weiter?

Ich bin sechs Monate von der UFC-Kommission gesperrt worden, wegen des Schädel-Hirn-Traumas. Aber wenn ich mich von einem Neurologen und Augenarzt durchchecken lasse und Formulare ausfülle, könnte ich die Sperre aufheben lassen. Ich habe auch schon ein neues Kampfangebot bekommen. Für wann, darf ich nicht sagen.

Wie viele UFC-Kämpfe werden Sie denn noch haben?

In meinem Vertrag steht noch ein Kampf. Wir gehen jetzt in die Vertragsverhandlungen und dann schauen wir, wo wir landen.