Essen. Der GTSV Essen gehört zu Europas Top-Klubs. Er stellt Nationalspieler, die einen historischen Moment feiern. Doch es gibt ein Problem: das Geld.
Es ist ein großer Traum, der nun allerdings auf der Kippe steht. Der GTSV Essen hat sich gleich doppelt für die Champions League qualifiziert – sowohl auf dem Großfeld (26. bis 31. Mai in Reims/Frankreich) als auch beim Futsal der Gehörlosen (29 März bis 06 April in Huelva/Spanien). Sportlich ist also alles klar, die Essener gehören zu den besten Mannschaften Europas. Der Knackpunkt ist das Finanzielle.
„Nach Frankreich würden wir mit mehreren Neunsitzern hinfahren. Zudem müssten wir dort für die Zeit eine Unterkunft buchen und die Verpflegung selbst zahlen. Auch für die Futsal Champions League in Huelva müssten wir für eine Unterkunft und die Verpflegung sorgen. Zudem wird die Anreise per Flug geplant. Somit kommt einiges an Kosten auf uns zu, circa 20.000 Euro“, sagt Bastian Ziganner vom GTSV Essen.
Eine Summe, die der Klub alleine nicht aufbringen kann und daher auf der Suche nach Partnern, Gönnern und Sponsoren ist. „Wir wollen die Spieler nicht alles mit Eigenmitteln finanzieren lassen. Das die wirtschaftliche Lage aktuell überall sehr angespannt ist, ist uns bewusst. Es ist uns als Verein aber wichtig, den Spielern die Chance zu geben, sich mit den besten Spielern in Europa zu messen. Diese Gelegenheit bekommt nicht jeder“, so Ziganner.
GTSV Essens Spieler waren zuletzt auch bei einem historischen Moment für Deutschland dabei
Es ist nicht die einzige Erfolgsgeschichte, die der GTSV Essen aktuell schreibt. Erst vor kurzem waren Ziganner und Tayfun Schlechter bei einem historischen Moment dabei - für Deutschland. 22 Jahre lang gab es die deutsche Futsal-Nationalmannschaft der Gehörlosen nicht. Nun ist sie nach zuvor mehreren erfolglosen Versuchen wieder da – und die zwei Essener sind mittendrin.
„Wir sind unglaublich stolz, dass Tayfun Schlechter und Bastian Ziganner beim ersten Futsal-Lehrgang dabei waren und für das Länderspiel gegen die Schweiz nominiert wurden. Dieser Tag war nicht nur ein sportlicher Erfolg, sondern auch ein Meilenstein für den gehörlosen Futsal in Deutschland. Mit mehr als 100 begeisterten Zuschauern vor Ort wurde eindrucksvoll gezeigt, wie viel Potenzial und Leidenschaft in unserem Sport steckt“, zeigt sich der GTSV Essen, der zuletzt auch die NRW-Meisterschaft im Futsal feierte und bei dem Ziganner und Schlechter spielen, begeistert.
Futsal-Nationalmannschaft der Frauen eilte von Erfolg zu Erfolg - die Männer schauten nur zu
Der Weg zum Comeback war ein steiniger. Das Spiel um Platz neun in Bulgarien bei der 1. Futsal-Europameisterschaft im November 2002, welches Deutschland damals mit 3:1 gegen Großbritannien gewann, schien lange das letzte in der Geschichte für die Futsal-Gehörlosen-Nationalmannschaft gewesen zu sein.
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„Der Schritt zur Wiederaufnahme der Nationalmannschaft zog sich über mehrere Jahre, da man zum Teil auf geschlossene Türen traf und auch allgemein kein großes Interesse daran hatte, die Futsal-Nationalmannschaft wiederzubeleben“, sagt Ziganner selbst.
Während die Frauen auf 2002 auf Anhieb Europameisterinnen wurden, in den folgenden Jahren auch an Futsal-Welt- und Europameisterschaften teilnahmen und vom Bundesinnenministerium gefördert werden, reichte der 9. Platz der Herren nicht für eine Weiterverfolgung des Sports. Der Leistungssportausschuss des Deutschen Gehörlosen-Sportverbands schloss die Futsal-Herren von weiteren Wettkämpfen anders als die Frauen aus, unterstützte sie nicht weiterhin.
Der Essener Torhüter betont aber, dass der Sport unter den Gehörlosen immer populärer wurde und werde und mehr Mannschaften den Sprung auch in den hörenden Futsal-Spielbetrieb wagen würden. „Nun wurde nach hartem Kampf des Leistungssportausschusses des deutschen Gehörlosensportverbands die Genehmigung erteilt, aber es gibt unter anderem die Vorgaben, dass die Futsal-Abteilung sich selbstständig finanzieren muss. Es gibt keine Fördergelder und sonstige Unterstützungen seitens des deutschen Gehörlosensportverbands“, so Ziganner.
Die Förderung fehlt weiterhin, also greifen die Essener in die eigene Tasche
Beim historischen Länderspiel im Dezember schauten dann 100 Menschen vor Ort und 800 über den Youtube-Livestream zu. Neben Schlechter und Ziganner waren auch Spieler aus Stuttgart, Frankfurt, Heidelberg, Düsseldorf und Spanien nominiert. Die An- und Abreise sowie die Hotel-Unterbringung erfolgte allerdings auf eigene Kosten der Spieler, 250 Euro investierte Ziganner aus der eigenen Tasche. Immerhin die Verpflegung und die Kosten für die Trainingsausrüstung übernahm ein Sponsor.
„Für mich stellte sich die Frage wegen der Kosten aber nicht, da es immer mein Traum war, in einer Futsal-Nationalmannschaft der Gehörlosen zu spielen“, so Ziganner. Am Ende trennten sich die Schweiz und Deutschland 2:2-Unentschieden.
„Für das erste Spiel war dies ein tolles Ergebnis. Ich habe mich sehr geehrt gefühlt und fand es klasse, wie sich um einen gekümmert wurde. Auch die Kameradschaft untereinander war super. Man kam mit jedem klar und alle haben gut miteinander harmoniert und sich gegenseitig unterstützt. Es war fast so, als würde man sich schon lange kennen“.
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