Essen / Bottrop. Seriös oder mit Humor – Amateurfußballvereine gehen sehr unterschiedlich an Social Media heran. Diese Accounts aus Essen und Bottrop fallen besonders auf.
- Immer mehr Vereine und Mannschaften aus den unteren Fußball-Ligen versuchen mit ihren Accounts auf Social Media hervorzustechen.
- Die Taktiken dafür sind jedoch sehr unterschiedlich. Während die Einen es ihre Seiten und Inhalte fast professionell produzieren, sind Andere ironisch unterwegs.
- Im Ruhrgebiet gibt es dafür einige Beispiele. In Essen erreicht der Account von Adler Union Frintrop III momentan mit „Männer-Humor“ Millonen Aufrufe. In Bottrop arbeitet der VfB Kirchhellen sehr strukturiert seriös und bedient sich sogar einer KI.
Auf Social Media sind sie fast alle vertreten. Bei den Meisten der kleineren Vereine im Amateurfußball sehen die Kanäle aber mehr oder weniger so aus: ein paar Fotos von den Spielen, ein paar Info-Grafiken. Je nach Kapazitäten mit geringerem und größerem Aufwand gemacht. Einige gucken sich sogar die Beiträge der Profis ab, stellen zum Beispiel „Vertragsunterschriften“ nach.
Immer mehr versuchen aber auch kreativer herauszustechen. Die viralen Könige im Ruhrgebiet kommen momentan aus Frintrop. Die dritte Mannschaft von Adler Union aus der Essener Kreisliga B hat bei den Aufrufzahlen der Videos bzw. Reels auf ihrem Instagram-Auftritt die Millionenmarke geknackt. Über 5.000 Follower hat der Account – mehr als die meisten Oberligisten.
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Die Frintroper Admins Niklas Lüdke und Frank Oynhausen bedienen sich dabei allerdings trickreich eines aktuellen TikTok- und Instagram-Trends: Sie drehen und schneiden die Videos zum Beispiel so zusammen, dass zuerst eine „geklaute“ Szene aus dem Video einer attraktiven Influencerin zu sehen ist, die irgendwas sexuell Aufreizendes in die Kamera fragt. Dann kommt Niklas ins Bild, verneint die Frage und macht Werbung für das nächste Spiel von Adler Union III.
Kreisliga B in Essen: Adler Union Frintrop III verschafft sich mit „Sexappeal“ Reichweite
Das hat dann nur zur Hälfte mit Fußball zu tun, finden Einige zu platt und sexistisch, scheint aber Reichweite zu bringen. „Für unseren Vorstand ist das bisher alles in Ordnung, was wir machen“, versichert Frank Oynhausen. „Über eine bestimmte Grenze gehen wir auch nicht hinaus.“
Die Reichweite auf Instagram wirkt für Adler III auch insofern, dass die Mannschaft dadurch zwar kaum einen Zuschauer mehr bei ihren Spielen gewinnt, lokale Unternehmen, die ihre Hauptzielgruppe auch im Umfeld Männer und Fußball verorten, ließen für eine Erwähnung in den Beiträgen aber schon mal neue Trainingsjacken oder Bier springen.
SV 1911 Bottrop: Selbstironie für den eigenen mäßigen Kreisliga-B-Fußball
Humoristisch, aber anders als die Frintroper, fällt auch der Instagram-Account vom SV 1911 Bottrop auf. Torwart Lukas Schneider ist hier der Redakteur: „Es war klar, dass ich das übernehmen muss. In der Kabine bin ich auch nicht unbekannt dafür, den einen oder anderen Spruch auf Lager zu haben.“
2018 wurden die Homepage und Social Media beim SV neu aufgestellt. Mittlerweile verweist der Verein insgesamt nur noch auf die Social-Media-Kanäle für Informationen, die Webseite liegt brach. Informationen zu den Spielen verpackt Lukas zumeist nicht einfach in Grafiken und Texte, sondern in witzige Memes. „Die halte ich vor allem immer selbstironisch. No Gos sind Witze unter der Gürtellinie und Diffamierendes gegenüber Anderen. Wenn wir wen diffamieren, dann uns selbst.“
Auch wenn der SV Bottrop in der Kreisliga B fußballerisch nicht gerade glänzt, in Bottrop habe die Mannschaft durch ihre Postings Bekanntheit erlangt, so Schneider. Seine Arbeit am Instagram-Account sei medientechnisch auch keine große Produktion. „Die Memes kennt man ja von überall her. Ich pack mir die, bearbeite die am Smartphone für uns. Viel Zeit kostet mich das nicht.“
VfB Kirchhellen auf Social Media: Aus dem und für das „Dorf“
Etwas anders der VfB Kirchhellen. Beim Bottroper Bezirksligisten hat Marco Samland seit März 2024 alles unter seine Fittiche genommen und eine seriösere Social-Media-Strategie entwickelt: „Ich muss hier keine Brüste zeigen, um drei Follower mehr zu bekommen. Wir sind immer noch ein Amateurfußballverein.“ Das Vorstandsmitglied macht keinen Hehl aus seiner Meinung zu Social-Media-Trends. „Humor ist okay, aber nicht um jeden Preis.“
Beim VfB gab es einen Neustart im Vorstand und der Vereinsarbeit, Samland übernahm die Öffentlichkeitsarbeit. Seitdem stellt der VfB auf Social Media seine Grundsätze „lokal, identitätsstiftend und aktiv“ dar. „Kirchhellen besticht durch Aktionen und Menschen, und die will ich sichtbar machen“, sagt Samland. So zeigt er beispielsweise auch die ehrenamtlichen Helfer, die die Anlage sauber halten, oder erzählt im Video-Format „Dorfgeflüster“, was in Kirchhellen und rund um den VfB los ist.
Das Besondere dabei: „Dorfgeflüster“ erstellt Samland mit Hilfe einer künstlichen Intelligenz. Ein KI-Programm macht Video-Animationen, erweckt seinen Foto-Avatar zum Leben und imitiert sogar seine Stimme – fertig ist die Nachrichtensendung über das Dorf und den VfB. Effekte seien durch all diese Social-Media-Arbeit bereits spürbar, so Samland: „Potentielle Sponsoren nehmen uns mehr wahr, es sind einige neue Deals entstanden.“
Das komme auch daher, dass bei den Kirchhellenern auf Instagram, Facebook sowie dem WhatsApp-Kanal alles recht professionell wirkt. „Beruflich bin ich in einem großen Konzern tätig, und lege Wert auf einheitliches Branding“, erklärt Samland sein Credo. „Und Öffentlichkeitsarbeit ist nicht nur Social Media. Die fängt bei den Tassen im Vereinsheim an. Da sollten keine von Disney stehen, sondern nur mit VfB Kirchhellen drauf.“
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