Essen. Die Essener Handballer spielten im Pokal-Achtelfinale gegen den Spitzenreiter der 1. Bundesliga MT Melsungen lange furios. Warum es am Ende doch nicht reichte.
Es war ein Spaziergang für den großen Favoriten aus Melsungen – allerdings im Hochsommer, auf einem Bein und mit verbundenen Augen. Für den Spitzenreiter der 1. Handball-Bundesliga war das Achtelfinale des DHB-Pokals beim Tusem Essen eine schweißtreibende Angelegenheit. Der Außenseiter hielt das Spiel mit einer starken Leistung bis tief in die Schlussphase offen, musste sich letztendlich aber mit 27:32 geschlagen geben.
Mit rot-weißen Papierfähnchen begrüßten die Tusem-Fans in der Halle ihre Mannschaft, die davon vermutlich gar nicht allzu viel mitbekam. Denn die Essener wirkten so fokussiert auf das Spiel, was man in der ersten Halbzeit in jeder Aktion spürte. Jeder Ballgewinn wurde gefeiert wie ein eigenes Tor, jeder Treffer fachte das Feuer weiter an. Die Gastgeber waren in der Abwehr voll da, packten beherzt zu. Auch als der lettische Nationalspieler Dainis Kristopans nach einer Viertelstunde in die Partie kam, scheute der Tusem nicht zurück. Nils Homscheid, 33 Zentimeter kleiner als sein Gegenspieler, ging diesem ordentlich auf die Nerven.
DHB-Pokal-Achtelfinale: Tusem Essen hatte haushohen Favoriten aus Melsungen lange im Griff
Melsungen ließ sich von der Stärke und der Stimmung der Essener phasenweise überrumpeln. Der Tusem spielte mutig im Angriff, versuchte mit viel Tempo und Tiefe in Richtung MT-Tor zu kommen. Nils Homscheid gab wieder den Rhythmus vor, seine Kollegen Felix Göttler und Fynn Hermeling fackelten die Bälle schließlich ins Stimmungsfeuer, also ins gegnerische Tor.
Frei von Angst, beinahe sogar respektlos, spielte der Zweitligist gegen den Spitzenreiter der 1. Handball-Bundesliga auf. Mit Entschlossenheit in jeder Aktion, einer guten Einstellung und dem Mut in jeder Aktion machte es der Außenseiter dem großen Favoriten schwer. Frech war er auch: so klaute Essens Christian Wilhelm etwas Harz vom Schuh seines Gegenspielers Rogerio Moraes, der wiederum etwas irritiert zu Wilhelm schaute. Letzterem war es egal, er hatte Besseres zu tun.
Tusem Essen: Halbzeitführung gegen Spitzenreiter der 1. Handball-Bundesliga
Es war kein Zufall, dass der Tusem somit zu einer 15:14-Halbzeitführung gegen Melsungen kam. Diese war verdient, ein Klassenunterschied nicht zu spüren. „Wer hätte das gedacht?“, fragte sich ein Tusem-Fan zur Pause. Die Essener zeigten, was in ihnen steckt – wenn alle Sinne geschärft sind.
Auch im zweiten Durchgang hielt das Team von der Margarethenhöhe gegen das Star-Ensemble lange mit. Christian Wilhelm erledigte wertvolle Kraftarbeit am Kreis und Torhüter Dominik Plaue begeisterte die Zuschauer mit einigen Weltklasse-Paraden. Die Melsunger mussten oft tief Luft holen und sich strecken – obwohl sie ohnehin einen Größenvorteil hatten.
Fehler am Ende kosteten Tusem Essen die Sensation im DHB-Pokal
Tusem-Trainer Daniel Haase nahm gute Auszeiten, legte immer wieder eine Holzscheite nach, um das Feuer lodern zu lassen. Dies gelang, allerdings trampelten die Gäste in den Schlussminuten dieses Feuer doch aus. Ärgerliche Fehler auf Essener Seite sorgten für schnelle Gegenstöße und -tore. Somit setzte sich der Favorit letztendlich doch durch und konnte erleichtert durchatmen.
„Wir sind mit 50 Minuten zufrieden, haben dann aber leider das gemacht, was uns auch im Ligaalltag passiert. Wir sind ein bisschen von unserer Idee abgekommen und geben das Spiel leicht her. Insgesamt sind wir zufrieden, dürfen aber auch enttäuscht sein“, sagte Trainer Haase nach dem Spiel.
Nun gilt es den Schwung für die kommende Aufgabe in der Liga gegen den HC Elbflorenz mitzunehmen, die am Samstag ansteht (18 Uhr, „Am Hallo“). Fans dürfte der Tusem sicherlich hinzugewonnen haben.
So haben sie gespielt
Tusem Essen – MT Melsungen 27:32 (15:14).
Tusem: Wipf, Haberkamp, Plaue; Wilhelm (5), Göttler (4), Hermeling (5), Wolfram (1), Homscheid (4/2), Reimer (2/2), Eißing (2), Szczesny (2), Clarius, Szuharev (1), Kostuj, Mast (1), Werschkull.
Melsungen: Morawski, Simic; Enderleit, Balenciaga (2), Mandic (3), Sipos (2), Kristopans (1), Ignatow, Moraes (1), Drosten, Jonsson (1), Arnarsson (3), Cavalcanti (2), Mensing (5), Kastening (4), Barrufet (7/3).
Schiedsrichter: Blümel/Loppaschewski (beide Berlin).
Siebenmeter: 3/4 – 3/3.
Strafminuten: 4 – 2.
Zuschauer: 1936.
Spielfilm: 2:2 (5.), 4:3 (8.), 4:5 (12.), 8:7 (16.), 9:10 (21.), 10:12 (25.), 15:14 (30.) – 16:14 (33.), 18:17 (37.), 21:20 (41.), 23:21 (48.), 24:25 (52.), 25:27 (55.), 27:32 (60.).