NRW/Ruhrgebiet. Wetten auf Amateurfußball sind in Deutschland verboten, aber leicht möglich. Heute beschäftigt das Thema auch den Sportausschuss des Landes NRW.

Das Thema hat die Landespolitik erreicht. In der heutigen (Di, 19.11.2024) Sitzung des Sportausschusses des Landes Nordrhein-Westfalens steht der Tagesordnungspunkt vier „Welche Maßnahmen werden gegen illegale Wettspiele im Fußball-Amateurbereich ergriffen?“ auf der Liste. Ein Antrag der Fraktion der SPD, CDU-Innenminister hat dem Ausschuss dazu auch bereits einen Bericht vorgelegt.

In Deutschland sind Wetten auf Amateurfußball, bzw. -sport generell, in der Regel verboten. Da hier mit geringen finanziellen Mitteln bereits Manipulationen stattfinden könnten, ist die Integrität des Amateursports stärker gefährdet. Es ist dennoch fast wöchentlich möglich bspw. auf ausgewählte Amateurfußballspiele zu wetten. Viele Online-Wettanbieter sitzen im Ausland und sind auch von Deutschland aus erreichbar. Sogenannte Datenscouts vor Ort bei den Spielen übermitteln ihnen die Ergebnisse.

Illegale Wetten auf Amateurfußball: Speziell seit dieser Saison virulentes Thema

Der Bericht des Innenministers enthält erstmal wenig Neues dazu. Dem Ministerium seien bisher keine Vorkommnisse gemeldet worden. Solange die Anbieter durch technische Maßnahmen (wie Geolokalisierung) eine Teilnahme vom deutschen Staatsgebiet aus verhindern, könne ihnen kein zuverlässigkeitsrelevanter Vorwurf gemacht werden. Die Vereine müssten ihr Hausrecht gegen die Datenscouts wahrnehmen. Aber: Das Ministerium sehe die Notwendigkeit, dieses neue Phänomen zu prüfen. Gegenmaßnahmen könnten im Datenschutzrecht der Spieler sowie einer Anpassung des Glücksspielstaatsvertrags von 2021 liegen.

Illegale Amateurfußball Wetten
Sie heißen ganz einfach „20bet.com“ oder „22bet.com“. Weltweit gibt es unzählige weniger bekannte Portale und Apps für Online-Sportwetten. Auch in Deutschland eingentlich illegale Wetten sind dort zu finden. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Weltweit gibt es unzählige Portale und Apps für Online-Sportwetten. Die bekannten Großen, aber auch unzählige Kleine. Und auf Einigen davon sind verbotene Wetten auf deutsche Amateurfußballspiele möglich - das gilt auch für das Ruhrgebiet, wie unsere WAZ-Recherche zeigt. Aufgrund verschiedener Berichte um Spielmanipulation steht das Thema gerade im Fokus. In der vergangenen gab es in Hilden am Niederrhein einen Vorfall, nachdem der Oberligist zwei Datenscouts von Wettfirmen vom Platz warf. Der Verein war gewarnt worden, dass es beim Spiel gegen Schonnebeck Spiel ein illegales Wettangebot gebe.

Das Spiel war kein Einzelfall. Insbesondere Oberliga-Spiele in Westfalen und am Niederrhein sind regelmäßig bei Wettanbietern im Angebot. In den vergangen Monaten tauchten bei verschiedenen Wettanbietern zum Beispiel Partien vom ETB Schwarz-Weiß Essen, der SpVg Schonnebeck, dem TVD Velbert, dem VfL Bochum II sowie sogar das Niederrheinpokalspiel des Essener Bezirksligisten Vogelheimer SV gegen den KFC Uerdingen auf.

Die Wettangebote öffnen die Tür für Manipulationen

Die Vereine tragen dafür keine Verantwortung. Wie die kürzlich ausgestrahlte Sportschau-Dokumentation zeigt, werden die Ereignisse und Ergebnisse von den Spielen durch Mittelsleute, die live vor Ort sind, ganz einfach mit dem Smartphone verschickt oder telefonisch durchgegeben. Die Informationen gehen mutmaßlich an Datenagenturen, die die Beobachter vor Ort beauftragt haben, und die Spielgeschehnisse wiederum in Echzeit an Wettanbieter liefern, so zeigt es der Beitrag.

Auch die U23 des Profivereins VfL Bochum tauchte zuletzt auf den Wettportalen auf.
Auch die U23 des Profivereins VfL Bochum tauchte zuletzt auf den Wettportalen auf. © Screenshot WAZ.

Brisant: Wie bei Bundesligaspielen kann bei vielen Amateurspielen beispielsweise auch darauf gewettet werden, ob beide Teams ein Tor schießen oder ein Pokalspiel in die Verlängerung geht – und zwar nicht nur vorher, sondern auch live. Um eine Wette zu manipulieren, müsste man also nicht den Ausgang eines Spiels verschieben. Es würde zum Beispiel reichen, den sportlichen irrelevanten Ehrentreffer eines Gegners zuzulassen. Kaum jemand würde je eine Manipulation dahinter vermuten.

Das heißt ausdrücklich nicht, dass regelmäßig Oberliga-Spiele verschoben werden. Dass das Szenario aber nicht weit hergeholt ist, zeigt ein Bericht der Hamburger „Morgenpost“ vom Freitag: Demnach könnten in den vergangenen zwei Jahren Partien aus der 3. Liga, zwei Regionalligen und mehreren Oberligen zum Zweck des Wettbetrugs manipuliert worden sein. Nach einem Bericht der „Ruhrnachrichten“ stehen auch Spiele in NRW unter Verdacht, manipuliert worden zu sein.

Oberliga- und Pokalspiele waren zuletzt regelmäßig auf den Wettportalen zu finden

In Deutschland haben die Glücksspielbehörden aller Bundesländer Wetten auf Amateurfußball untersagt. Sie gefährden die Integrität des Sports. Ein Amateurfußballer, der wenig oder gar kein Geld damit verdient, könnte anfälliger für Angebote zur Spielmanipulation sein als Profispieler. Vorgekommen ist das schon des Öfteren.

Im Niederrheinpokal spielte der Vogelheimer SV in der ersten Runde gegen den KFC Uerdingen. Das Spiel war live wettbar. Zur Pause führte der Vogelheimer SV mit 1:0, schied erst durch ein Tor des Regionalligisten in der Verlängerung aus.
Im Niederrheinpokal spielte der Vogelheimer SV in der ersten Runde gegen den KFC Uerdingen. Das Spiel war live wettbar. Zur Pause führte der Vogelheimer SV mit 1:0, schied erst durch ein Tor des Regionalligisten in der Verlängerung aus. © Screenshot WAZ

Trotz des Verbots kann man auch aus Deutschland auf Amateurfußball wetten, vor allem bei Glücksspiel-Anbietern, die im Ausland sitzen. Manche halten sich zumindest vordergründig an deutsches Recht. In Deutschland verbotene Wetten sind auf bestimmten Portalen nur dann verfügbar, wenn man aus dem Ausland auf diese Seite zugreift. Mit einem sogenannten „VPN-Klienten“ auf dem Handy oder Computer lässt sich das aber simulieren, und schon hat man relativ einfach auch Zugriff auf illegale Wetten.

Amateurfußball-Wetten: Manche ausländischen Anbieter haben keine Geolokalisierung

Andere wiederum sind ganz einfach so erreichbar, haben die im Bericht des Innenministeriums angesprochene Geolokalisierung nicht implementiert. Verhindern können das Geschäft so aktuell vor allem die Vereine: Vor jedem Spiel müssten dazu Mitarbeitende die Wettportale checken, ob die Partie dort auftaucht, und dann während des Spiels im Publikum anwesende Datenübermittler ausfindig machen und diesen ein Hausverbot aussprechen.

„Wenn ich davon wüsste oder jemand Fremdes entdecken würde, dann würde ich denjenigen auch rausschmeißen“, sagt Marcel Dvorak, Geschäftsführer beim Vogelheimer SV, angesprochen auf das wettbare Pokalspiel seines Vereins gegen Uerdingen. Wie bei den allermeisten Amateurvereinen fehlen in Vogelheim aber die Kapazitäten, um dauerhaft gegen illegale Wetten auf Amateurfußball vorzugehen.