Essen. Sechs Knie-Operationen haben die 19-jährige Lily Reimöller von der SGS Essen zum Karriereende bewegt. Sie beschäftigt die Frage nach dem Warum.
Es ist erst zwei Jahre her, da präsentierte Lily Reimöller mit strahlenden Augen ihre goldene Medaille nach dem EM-Titel mit der deutschen U17 und blickte schon voraus. Möglichst schnell wollte sie nun auch in der Frauenfußball-Bundesliga bei der SGS Essen durchstarten. Doch mittlerweile steht fest: Dieses Ziel bleibt unerreicht.
Eine schier unglaublich anmutende Anzahl von schweren Knieverletzungen zwang Reimöller dazu, ihre Karriere zu beenden, bevor sie so richtig Fahrt aufnehmen konnte. Mit gerade einmal 19 Jahren. Noch im April startete sie einen letzten Comeback-Versuch in der U23 der SGS, der mit einem Kreuzbandriss jäh endete.
SGS-Trainer sah in Lily Reimöller eine künftige Kapitänin
Es folgte die bereits sechste Knie-OP und die Erkenntnis, dass der Traum vom Profi-Fußball unerfüllt und es bei nur zwei Kurz-Einsätzen in der deutschen Eliteliga bleiben wird. Seitdem sind zwei Monate vergangen. „Mir geht’s ganz gut“, sagt Reimöller. „Auch wenn alles noch relativ frisch ist und sich mein Alltag stark verändert hat.“ Natürlich mache sie ihr vorzeitiges Karriere-Ende „unfassbar traurig“. Frustrierend sei vor allem, dass eine medizinische Begründung für die Häufung ihrer Verletzungen fehlt: „Die Frage nach dem Warum kann mir keiner beantworten.“
Auch bei der SGS ist man noch immer angefasst von der Situation. „Für mich ist es einfach nicht nachvollziehbar, dass ein junger Mensch immer wieder von so schweren Verletzungen zurückgeworfen wird“, hadert Manager Florian Zeutschler. „Wir haben bis zuletzt gehofft, dass es für Lily wieder möglich ist, Fußball zu spielen.“ Denn das außergewöhnliche Talent der Linksfüßin steht außer Frage. „Sportlich müssen wir gar nicht über ihr Potenzial reden. Aber auch in ihrer Persönlichkeit ist sie unglaublich gereift.“ Trainer Markus Högner sah in Reimöller eine künftige Kapitänin.
Mittel- und Südamerika als Reiseziel – Studium im Bereich Sport angepeilt
Trotz dieser tragischen Entwicklung gelingt es ihr bereits wieder, nach vorne zu schauen. Denn in gewisser Weise steht Reimöller nun am Anfang eines neuen Lebens, das erst einmal in Köln beginnt. Dort lebt die Linksfüßin mittlerweile. Aus dem Essener Sportinternat ist sie nach ihrem bestandenen Abitur gleich ausgezogen, um schnell Abstand zu gewinnen. Obwohl sie die letzten Prüfungen auf Krücken ablegte und ihre gesamte Oberstufenzeit von Verletzungen geprägt war, kann sich der Schnitt mit 2,0 sehen lassen. „Ganz gut“, findet sie und schmiedet schon eifrig Zukunftspläne.
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„Nach meiner Reha würde ich gerne erst einmal reisen“, sagt Reimöller, die auf Instagram bereits einen Ordner mit dem Titel „Unterwegs“ erstellt hat. Wohin es gehen soll, ist noch nicht endgültig klar. Mittel- und Südamerika stehen auf der Favoritenliste aktuell weit oben. „Da war ich noch nie.“ Fest steht aber, wie es nach ihrer Rückkehr weitergehen soll. „Ich möchte gerne ein Studium beginnen. Irgendetwas im Bereich Sport, denn der war immer ein großer Teil in meinem Leben. Vielleicht klappt es ja an der Sporthochschule in Köln.“
Ehemaliger Essenerin nach frühem Karriere-Aus nun Trainerin in Bochum
Und dabei fallen gewisse Parallelen zu einer anderen früheren Essenerin auf: Kyra Malinowski. 2009 wurde sie ebenfalls U17-Europameisterin, musste allerdings vier Jahre später ihre Karriere auch aufgrund von Knieverletzungen vorzeitig beenden. Sie war damals 20. Und doch ist Malinowski noch immer eng mit dem Frauenfußball verbunden. Nur die Perspektive hat sich verändert, denn mittlerweile nimmt sie auf der Trainerbank Platz und schaffte mit dem VfL Bochum zuletzt den Aufstieg in die 2. Liga. Ihre ersten Schritte machte die heute 31-Jährige als Jugendtrainerin bei der SGS.
„Wenn Lily auch Interesse hat, sich in irgendeiner Funktion im Fußball zu engagieren, sind wir gerne ihr erster Ansprechpartner“, erklärt Zeutschler. So oder so hofft er, Reimöller nicht aus den Augen zu verlieren. „Sie ist bei uns immer herzlich Willkommen und eingeladen, vorbeizukommen. Aber natürlich soll sie ganz in Ruhe schauen, inwieweit sie bereit ist, das anzunehmen und jetzt erst einmal ihr neues Leben beginnen.“
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