Essen. Nach dem 0:9-Debakel beim VfL Wolfsburg sucht Trainer Markus Högner noch nach den Gründen. In der Liga gab es immer nur knappe Niederlagen.
Mit viel Hoffnung sind die Bundesliga-Fußballerinnen der SGS Essen am Osterwochenende zum VfL Wolfsburg gefahren. Die eigenen Leistungen in dieser Saison machten Mut, selbst den großen Favoriten im DFB-Pokalhalbfinale herausfordern zu können. Bekanntlich kam es anders, denn es folgte eine 90-minütige Abreibung. Und der Schock über die 0:9-Niederlage steckt ihnen bei der SGS noch heute in den Knochen. Auch wenn Trainer Markus Högner schon am Abend des Debakels mit der Aufbauarbeit begann, nachdem auf der Heimfahrt noch große Stille herrschte.
In der Liga acht Mal zu Null gespielt
„Ich habe den Mädels am Abend geschrieben, dass wir uns davon nicht umhauen lassen. Man muss ja auch sehen, dass wir es durch gute Leistungen überhaupt erst unter die besten Vier im Pokal geschafft haben“, erklärt der 56-Jährige, dessen eigene Verarbeitung der Niederlage noch nicht abgeschlossen ist: „Natürlich bin ich immer noch enttäuscht. Wir haben in der Liga bisher acht Mal zu Null gespielt und dabei noch nie höher als mit zwei Toren Unterschied verloren. Und dann erleben wir in Wolfsburg so ein Debakel. Das war fast surreal.“
Bitter für die SGS sei gewesen, dass verschiedene Faktoren zusammen kamen, die für die Essenerinnen das größtmögliche Unheil bedeuteten. Während die eigene Leistung nicht stimmte, nahm Wolfsburg die Chance zur Frustbewältigung an und spielte sich nach zuletzt zwei Niederlagen in der Liga in einen Torrausch. Entscheidend war für Högner der Doppelschlag nach gut einer Viertelstunde durch Jule Brand und Ewa Pajor. „Das hat uns komplett den Stecker gezogen. Es war dann ein mentales Problem. Wolfsburg hat brutal nach vorne gespielt und die Chancen brutal genutzt“, sagt Högner. Sein Team leistete sich dagegen „viele individuelle Fehler im Abwehrverbund“.
Und so geriet die zweite Halbzeit zu einem Schützenfest für den VfL, der fast im Minutentakt vor Essens Torfrau Sophia Winkler auftauchte. Zunächst sorgte die 20-Jährige mit ihren Paraden noch für Schadensbegrenzung, doch auch sie agierte nicht bei allen Gegentreffern fehlerfrei. Aber dabei war sie nur das letzte Glied in der Kette. „Wir wussten gar nicht mehr wie uns geschieht. Wolfsburg hat uns überrollt und wir kamen gar nicht mehr hinterher“, erkannte Högner, der vom Verlauf doch auch ziemlich überrascht schien: „So kenne ich die Mädels gar nicht.“
Im Vorjahr gab es ein 1:6 beim Zweitligisten RB Leipzig
Eine Parallele drängt sich aber auf. Denn auch im Vorjahr schied die SGS im Pokal mit Pauken und Trompeten aus. Damals reiste sie im Viertelfinale sogar als Favorit zum damaligen Zweitligisten RB Leipzig und geriet mit 1:6 unter die Räder. „Auch damals lief für uns an diesem Tag gar nichts zusammen“, erinnert sich Högner. Über die Ursachen kann er nur mutmaßen: „Vielleicht setzen sich die Spielerinnen vor manchen Spielen zu sehr selbst unter Druck.“ Immerhin ist der Einzug ins Pokalfinale für viele Spielerinnen so etwas wie ein Karrieretraum.
Nun ist Högner erst einmal in Sachen Aufbauarbeit gefragt. Dass in der Liga eine zweiwöchige Pause ansteht, ist dabei Fluch und Segen zugleich. Einerseits hätte die SGS gerne schnellmöglich mit einer anderen Leistung Wiedergutmachung betrieben. Andererseits ist nun etwas Zeit, das Pokal-Aus aufzuarbeiten und den Fokus für das Saisonfinale in der Liga wiederzufinden. „Wir hatten ein paar Tage, um runterzufahren und müssen jetzt sehen, dass wir die Kurve kriegen“, erklärt Högner. Helfen soll dabei die Definition neuer Ziele.
Eine bestimmte Platzierung oder eine Punktevorgabe für die verbleibenden fünf Begegnungen ist damit allerdings nicht gemeint. „Mir geht es darum, Dinge, die uns in letzter Zeit aufgefallen sind, zu verbessern.“ Konkret war das die fehlende Torgefahr bei den Nullnummern gegen Werder Bremen und Bayer Leverkusen. „Unser Thema ist, dass wir in der letzten Zone kreativer werden müssen. Aber ich möchte auch noch einmal ganz klar sagen, dass ich mit den Spielen nicht unzufrieden bin. Beide Mannschaften sind schwer zu bespielen und die Unentschieden waren für uns ein Teilerfolg.“
Im SGS-Umfeld herrscht andere Erwartungshaltung
Im Umfeld der SGS spürte er aber eine andere Erwartungshaltung, die an die Essenerinnen herangetragen worden sei. Davon möchte sich Högner aber nicht leiten lassen. Klar ist aber nach dem krachenden Pokal-Aus auch für ihn: „Ich möchte jetzt auch eine Reaktion meiner Mannschaft sehen.“ Und die soll dann in knapp zwei Wochen der abstiegsbedrohte 1. FC Nürnberg zu spüren bekommen.
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