Essen. Vom BV Altenessen in die Bundesliga. Thomas Cichon spielte auf Mauritius und half Lukas Podolski. Nun wieder Kreisliga. Ein Porträt.
„Nö, es ist Jekyll und Hyde“, antwortet Thomas Cichon lachend auf die Frage, ob er auch auf dem Fußballplatz ein so entspannter Zeitgenosse wäre. Privat sei er ruhig, auf dem Rasen sei das aber etwas ganz anderes, sagt der heute 47-jährige Ex-Profi des 1. FC Köln, von Rot-Weiß Oberhausen und des VfL Osnabrück. Rund 15 Jahre lang war der Essener ein Gesicht des deutschen Profifußballs – mit Höhen und Tiefen.
Der Anfang der Geschichte liegt allerdings in Altenessen, beim dort ansässigen Ballspielverein. „Ich bin mit zweienhalb Jahren aus Polen nach Deutschland gekommen. Ab diesem Moment habe ich in Essen gewohnt, immer an der Grenze zu Wattenscheid, bis heute“, so Cichon. Ein Trikot aus der Zeit in Altenessen befinde sich in seiner großen Sammlung zwar nicht, Fotos seien aber natürlich noch vorhanden.
„Und das ist doch das schönste und wichtigste. Trikots hin oder her“, so Cichon.
Thomas Cichon: Vom BV Altenessen über den ETB Schwarz-Weiß bis zum 1. FC Köln
Über die folgende Station des Essener SC Preußen, zu dem der junge Cichon damals immer mit der Buslinie 170 fuhr, führte sein Weg zum ETB Schwarz-Weiß. Als B-Jugendlicher spielte er am Uhlenkrug bereits bei der U19, als A-Jugendlicher dann auch schon in der Oberliga unter Trainer Detlef Pirsig, der nicht nur deshalb ein ganz entscheidender Coach für die spätere Profikarriere seines Spielers sein sollte.
„Bis zur A-Jugend habe ich Linksaußen, Rechtsaußen oder in der Mitte gespielt. Hauptsache offensiv. Erst Detlef hat mich in die Innenverteidigung gestellt“, erinnert sich Cichon. Es war eine goldrichtige Entscheidung. Schon vorher waren die großen Klubs des Ruhrgebiets auf ihn aufmerksam geworden.
„Mit dem BV Altenessen war das entscheidende Spiel immer gegen RWE. Und wir waren immer richtig gut gegen sie. Da kamen die ersten Kontakte mit 16 Jahren zustande“, so Cichon, der aber erst nach seinem Abitur den Lockrufen folgte, sich 1995 dem 1. FC Köln anschloss und am 29. August 1995 gegen den Hamburger SV sein Bundesligadebüt feierte.
Der 1. FC Köln ist etwas Besonderes und Heimat für Thomas Cichon
Wenn Cichon heute über seine Heimat spricht, dann nennt er Köln in einem Atemzug mit Essen. So wirklich entscheiden kann, will und muss er sich ja auch gar nicht. In Essen, da liege seine Basis, da seien die Menschen, die ihn unterstützen und Kraft geben. Köln sei seine sportliche Heimat und die Station, die ihm besonders im Kopf geblieben ist. Noch heute spielt er in der Traditionsauswahl des „Effzeh“.
„Das ist einfach ein spezieller Verein, eine spezielle Stadt, etwas ganz Besonderes“, sagt Cichon. Der Abstieg 1998 sei emotional ein Tiefpunkt gewesen, der Aufstieg 2000 oder auch das erste UI-Cup-Spiel gegen Tottenham Hotspur hingegen absolute Höhepunkte. Auf und ab mit dem FC – und Thomas Cichon war lange mitttendrin, war Kapitän und erlebte auch die ersten Schritte von Lukas Podolski im Profibereich. „Mit ihm war ich in der Sportschule Hennef unter Trainer Marcel Koller auf einem Zimmer. Ich sollte ihn ein bisschen unter meine Fittiche nehmen“, sagt Cichon.
Am Ende des Jahres stand trotz Podolski der Abstieg. Und Cichon wählte den Weg nach Oberhausen. Heute sagt er: „Ich hätte damals nie vom FC weggehen sollen.“ Allerdings gab es die eine oder andere Unstimmigkeit mit dem damaligen Trainer Marcel Koller. „Es hieß, dass er bleibt. Die Aussicht, dass wir direkte wieder aufsteigen mit allem, was passiert war, war nicht gut. Daher habe ich gesagt, dass ich das nicht kann und will. Aber zwei Wochen später wurde der Trainer entlassen. Ich hatte aber schon in Oberhausen zugesagt“, so Cichon.
Einmal spielte Thomas Cichon auch auf Mauritius
Am Ende sollten 132 Bundesligaspiele und 167 Zweitliga-Spiele auf seinem Arbeitsnachweis stehen. Und dann gab es da ja noch die zwei Auslandsstationen: Panionios Athen und Moroka Swallows FC in Südafrika. Während die Zeit in Griechenland nach nur einem halben Jahr wieder beendet war, spielte Cichon in Südafrika zweieinhalb Jahre.
„Eigentlich wollte ich meinen Trainerschein machen. Aber dann hat mich Rainer Zobel angerufen und mich gefragt, ob ich nicht noch was machen will. Südafrika ist speziell gut. Die Landschaft, die WM damals dort, die Menschen waren freundlich, es gab so viele schöne Sachen, die das Land geboten hat. Ich bereue meine Zeit dort nicht“, sagt Cichon, dem vor allem ein Spiel im Kopf geblieben ist: Zweite Runde der CAF Champions League, dem wichtigsten afrikanischen Vereinsfußballwettbewerb.
„Wir hatten das Pokalfinale in Südafrika gegen die Meister Orlando Pirates gewonnen und durften deswegen am CAF-Cup teilnehmen. Und dann spielen wir auf Mauritius. Was gibt es Schöneres“, so Cichon lachend.
In der kommenden Saison wird er zum Co-Trainer bei der SpVgg Steele
Mittlerweile ist all dies Vergangenheit. Doch noch heute kann Cichon aus diesen Erfahrungen viel ziehen. Aktuell ist er Trainer bei der Zweitvertretung der SpVgg Steele, die in der Kreisliga A gegen den Abstieg kämpft. „Du musst nur deinen eigenen Anspruch ändern. Ich kannst sehr viel mitnehmen, weil ich ich viele Menschen kennengelernt habe, nicht nur Trainer, sondern auch Spieler. Da habe ich mir eine Menge Sicht- und Denkweisen mitgenommen“, sagt Cichon.
In der kommenden Saison wird er Co-Trainer bei der Landesliga-Mannschaft in Steele werden – und hilft auch jetzt schon als bei Chefcoach Dirk Möllensiep mit. Cichon: „Es ist ein sehr gut geführter Verein mit riesigen Möglichkeiten. Der Platz müsste an sich erneuert werden, da sind wir auch dran. Aber alles Drumherum passt, auch wenn wir nicht die finanziellen Möglichkeiten haben wie andere Klubs. Dafür muss eben das Scouting besser sein. Die erste Mannschaft hat die Qualität, in der Liga zu bleiben.“
Wenn es einer beurteilen kann, dann wohl der Ex-Profi.
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