Essen. Die erst 16-jährige Kassandra Potsi spielte sich beim 4:1 gegen MSV Duisburg in den Vordergrund. Manager Zeutschler hat sie langfristig gebunden.

Es war ein besonderer Moment, auch wenn am Sieg vom Frauenfußball-Bundesligisten SGS Essen im Ruhrderby über den MSV Duisburg zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr zu rütteln war: Mit einem herrlichen Diagonalball legte Kassandra Potsi in der Nachspielzeit noch das 4:1 von Annika Enderle auf. Spätestens nach dieser Vorarbeit ist klar: Die SGS hat ein neues Ausnahmetalent. Erst im Januar ist Potsi 16 Jahre geworden, hat umgehend ihren ersten Vertrag unterschrieben und fünf Tage später gegen den VfL Wolfsburg in der Eliteliga debütiert. Nun folgte die erste Torbeteiligung.

„Für mich ist das alles ein super spannendes Erlebnis“, schwärmt die Angreiferin, die bereits in der U11 für die Essenerinnen kickte. „Es macht mir richtig viel Spaß und ich freue mich jedes Mal, wenn ich mit der Mannschaft auf dem Platz stehen kann.“ Der SGS geht es nicht anders: Denn in Potsi hat es einmal mehr eine Spielerin aus dem vereinseigenen Nachwuchs in den Erstliga-Kader geschafft. „Wir sind sehr froh, dass wir sie haben, wollen sie aber langsam an das Niveau und Tempo der 1. Liga heranführen“, erklärt Trainer Markus Högner, der mahnt angesichts ihres Alters „Ruhe zu bewahren“.

Debütierte auch mit 16 bei der SGS in der Bundesliga: Nicole Anyomi (am Ball).
Debütierte auch mit 16 bei der SGS in der Bundesliga: Nicole Anyomi (am Ball). © FUNKE Foto Services | Michael Gohl

Er weiß, wovon er spricht. Lea Schüller, Lena Ostermeier, Jana Feldkamp und Nicole Anyomi haben ebenfalls mit 16 unter dem 56-Jährigen debütiert, wurden behutsam aufgebaut und entwickelt. Während Ostermeier noch immer im Team ist, haben sich Schüller (FC Bayern), Feldkamp (TSG Hoffenheim) und Anyomi (Eintracht Frankfurt) Top-Klubs angeschlossen. Doch wie Potsi sind es Eigengewächse der SGS, die sich der Ausbildung von Nachwuchsspielerinnen verschrieben hat und dafür den vereinseigenen „Förderturm“ geschaffen hat.

Wir sind sehr froh, dass wir sie haben, wollen sie aber langsam an das Niveau und Tempo der 1. Liga heranführen
SGS-Trainer Markus Högner über Kassandra Potsi.

Es ist ein Gegenmodell zur zunehmenden Kommerzialisierung im Frauenfußball. Bedingt dadurch, dass in Schönebeck ein finanzstarker Lizenz-Verein mit einem Männer-Bundesligisten im Rücken fehlt, müssen die Verantwortlichen andere Wege gehen. Und das gelingt dem Verein in seiner 20. Erstliga-Saison bisher mit Bravour. Mit dem Sieg über Duisburg hat die SGS wohl auch die letzten Pessimisten im Umfeld vom vorzeitigen Klassenerhalt überzeugt und kann sich nun ohne großen Druck der Tabelle widmen.

Rang sieben wäre Verbesserung zur Vorsaison

Manager Florian Zeutschler würde sich über eine Platzierung oberhalb von Rang sieben in der Endabrechnung freuen. Denn die würde dann eine Verbesserung im Vergleich zur Vorsaison bedeuten. Auf dem Rasen ist die längst sichtbar. Die Partie beim direkten Verfolger Werder Bremen sollte die SGS dafür an diesem Samstag (14 Uhr) zumindest nicht verlieren. Trainer Markus Högner genießt vor allem die Ruhe, in der er arbeiten kann. Ihm ist die Weiterentwicklung seiner Spielerinnen allerdings wichtiger als der Tabellenplatz. Und dafür hat er nun Zeit.

Dazu gehört, Talente wie Potsi heranzuführen und erste Erfahrungen sammeln zu lassen. Die sportliche Lebensversicherung in der Gegenwart aber besteht darin, solche Spielerinnen auch noch länger zu halten. Das gelingt der SGS nach einigen personellen Umbrüchen in der jüngeren Vergangenheit immer besser. So ist der aktuelle Erfolg eng mit dem Jahrgang 2003 verbunden - dem Geburtsjahr von Sophia Winkler, Beke Sterner, Katharina Piljic, Lilli Purtscheller, Natasha Kowalski und Laureta Elmazi, die an der Ardelhütte das Gerüst der Mannschaft bilden.

Die Essener profitieren von langfristigen Verträgen

Ein Argument, auch solche Spielerinnen von einem Verbleib zu überzeugen, hat sich der Verein selbst erarbeitet. Denn aktuell muss es schon ein absoluter Top-Klub sein, der bessere sportliche Perspektiven als die SGS aufzeigen kann. Und wenn ein solcher dann anklopft, profitierten die Essenerinnen zuletzt immer häufiger davon, dass Manager Zeutschler ein Freund langfristiger Verträge ist, denen eine seriöse Karriereplanung zugrunde liegt. Bei einem vorzeitigen Wechsel wird so zumindest eine Ablöse fällig. Potsi hat bis 2027 unterschrieben.