Anholt. .
Wenn Carmen Freund zum Bâton greift, kann dem Zuschauer schon mal schwindelig werden. In Windeseile lässt sie den Metallstab durch ihre Finger gleiten. Ertönt dazu noch Musik, folgt sie mühelos dem Takt und legt gleich noch die passenden Tanzschritte mit den Füßen nach. Soviel Körperbeherrschung lässt staunen. Und sich wundern: „Was macht die Anholterin da eigentlich?“ Die 36-Jährige hat darauf natürlich eine Antwort parat: „Twirling“. Seit ihrem sechsten Lebensjahr ist Freund fest verbunden mit dem Metallstab. Wenn auch nicht mehr aktiv in der Gruppe, greift sie dennoch regelmäßig zu ihrem Gerät. Denn zusammen mit Christa Mast trainiert sie die Twirling-Gruppe des VfL Anholt. Seit fast sieben Jahren.
Marschieren und tippen
Wissend um das außergewöhnliche Hobby der 36-Jährigen, sprachen Verantwortliche des VfL sie an, ob sie nicht Lust hätte, eine Twirling-Gruppe zu leiten. Und sie hatte. Zusammen mit Christa Mast, die Freund vom Twirling in Bocholt her kennt, lud sie am 19. April 2007 zum ersten Schnuppertraining. „Das war ein voller Erfolg“, erinnert sich Christa Mast. Die Halle war voll. Und ist es heute immer noch, wenn geübt wird. Das Twirling-Gespann trainiert wöchentlich nahezu 50 Mädchen und junge Frauen in der Anholter Mehrzweckhalle. Immer wieder kommen neue hinzu, der Einstieg ist jederzeit möglich. „Auch wenn Twirling nicht ganz einfach ist“, wie Carmen Freund zugibt. Denn das Drehen des Stabes erfordert ein hohes Maß an Koordination. Dazu dann noch passende Tanzchoreographien auf das Parkett zu bringen, fordert weiteres Geschick. Zumal: „Unser Tanz besteht nicht nur aus marschieren und tippen. Beim Twirling sind alle Tanzstile gefragt“, erklärt Christa Mast. „Da muss man manchmal wirklich sehen, dass der Stab noch mitkommt“, scherzt Freund. Ihre Stäbe beziehen die Twirling-Mädels übrigens aus den USA – der Heimat des Twirlings.
Viel Spaß statt Pokale
Twirling ist beliebt. Die Bewegung zur Musik macht Spaß. „Zudem gibt es hier nicht viele Tanzangebote“, weiß Carmen Freund. Vor allem in Richtung Niederrhein ist das Anholter Angebot nahezu einzigartig. Daher sind die Auftritte dieser besonderen Gemeinschaft auch beliebt. Egal ob Stadtfeste, Umzüge, Feiern oder Einweihungen: Die Twirling-Gruppe ist oft unterwegs. Als Show-Act quasi. Denn stetig erarbeiten Carmen Freund und Christa Mast mit den Mädels neue Choreographien, suchen Musik heraus und stellen das passende Outfit zusammen. Unterteilt ist die Gruppe in Junioren und Senioren. Die jüngste Dame am Stab ist dabei fünf Jahre alt. Bei den Senioren ist Christa Mast die älteste aktive Tänzerin mit 32 Jahren.
Der Twirlingsport setzt in Wettbewerben hohe Anforderungen. Früher hat auch die Truppe aus Anholt an diesen teilgenommen. Doch statt Pokale steht nun eher der Spaß im Vordergrund. „Wir wollen keinen Druck erzeugen“, erklärt Freund. Sicher sollen auch die Choreographien stimmen. Aber es sei einfach kein Beinbruch, wenn ein Stab mal nicht perfekt gedreht werde.
Momentan lehnen die Metallstäbe der Damen aber eher an der Turnhallenwand. Denn derzeit wird geprobt. Und zwar für den Rosenmontagszug in Bocholt. Hier sind die Twirlingmädels des VfL Anholt schon seit Jahren dabei. Es wird marschiert und getanzt – und mit Pompons angefeuert. So wie es auch Cheerleader machen. „Die beiden Sportarten sind sich mit den Tanzelementen ohnehin ähnlich“, sagt Carmen Freund. Zudem hat es einen ganz pragmatischen Grund, warum sie Pompons statt Stäbe auf dem Rosenmontagszug schwenken. „Bei niedrigen Temperaturen sind die Stäbe einfach zu kalt.“ Und manch ein Mädchen sei auch mal froh, ein wenig Abwechslung in den Händen zu halten.