Anholt. Wer beim Golfclub Anholt abschlägt, weiß kaum, wieviel Arbeit in den optimalen Bedingungen steckt. Ein Team pflegt fast unbemerkt die Anlage.
Rainer Paus bohrt das Locheisen sorgsam in den Boden. Wenig später hält der 54-jährige eine fast 30 Zentimeter lange „Wurzelsäule“ mit einem Durchmesser von 10,8 Zentimetern in den Händen. Der Head-Greenkeeper und sein Team haben ganze Arbeit geleistet. Auch auf den erst 2018 angelegten Kurzbahnen des Golfclubs Anholt ist das Grün inzwischen fest verankert – und das in einem sehr sandigen Untergrund. „Wir hatten Bedenken, ob das überhaupt funktioniert“, sagt Rainer Paus, der zusammen mit seinen sechs Kollegen auf der kompletten Anlage an der Wasserburg dafür verantwortlich ist, dass die Sportler stets bestens präparierte Spielflächen vorfinden.
„Erschwerend kam hinzu, dass es nach der Einsaat acht Wochen lang überhaupt keinen Niederschlag gegeben hat und wir stündlich bewässern mussten“, erinnert sich der Experte. „Das war schon eine ganz besondere Herausforderung“. Heute sind die Bedingungen auf den etwa 60 Meter langen Spielflächen, die im Übrigen von Jedermann genutzt werden können, genauso perfekt wie auf den 18 regulären Bahnen des 1972 gegründeten Clubs.
Durch viele Lehrgänge in den Job eingearbeitet
„Wir brauchen uns definitiv nicht zu verstecken“, weiß Paus, dass sich die akribische Arbeit seiner Truppe auch lohnt. „Greenkeeper ist kein Lernberuf“, sagt der Anholter, der früher Landmaschinenschlosser war und sich dann durch viele Lehrgänge in den Job hineingearbeitet hat. Seit zehn Jahren ist Paus der Chef der Truppe, die sich aus Quereinsteigern unterschiedlicher Berufsgruppen zusammensetzt. „Das ist ein echtes Allroundteam. Wir sind in der Lage, fast alle Arbeiten auf der Anlage selbst zu erledigen und sind kaum auf Fremdfirmen angewiesen“, erläutert Bogumil Ferfecki, der als Platzwart im ehrenamtlichen Vorstand des rund 800 Mitglieder starken Golfclubs tätig ist.
Identifikation mit dem Verein
So können Wartungen und Reparaturen im Maschinenpark genauso fachgerecht erledigt werden wie Pflaster-, Baumschnitt- oder Malerarbeiten. Beispielsweise ist Astrid Steuer – die einzige Frau im Team – gelernte Anstreicherin. Von Vorteil sei sicherlich auch, dass alle Sportrasenpfleger selbst Golf spielen und die Identifikation mit dem Verein groß sei, nennt Ferfecki einen weiteren Mehrwert der „Naturtalente“. Mit Sander Hoekstra wohnt ein Greenkeeper direkt an der Anlage. „So haben wir dort immer zwei wachsame Augen und er kann im Notfall sofort einspringen“, ist Paus froh über die ortsnahe Unterstützung des Niederländers.
Ganz besonderer Pflege bedürfen die Grüns, sie sind die Aushängeschilder eines Golfclubs und müssen in Anholt täglich über etwa vier Stunden auf exakt vier Millimeter gemäht und danach noch gebügelt werden. Zudem müssen gegebenenfalls tiefere Abdrücke der Bälle ausgebessert werden, wenn die Pitchmarken nicht selbst von den Aktiven entfernt werden – wie es laut Etikette eigentlich gewünscht ist.
Möglichst unsichtbar für die Sportler bleiben
Identische Geschwindigkeit der Bälle auf allen Flächen und Lauftreue sind Qualitätsmaßstäbe, die auf den Grüns entscheidend sind. Oft kommt es auf Feinheiten an. „Flächen, die im Schatten liegen, sind noch anspruchsvoller, dürfen unter anderem nicht so stark vertikutiert werden“, nennt Paus einen Aspekt. Die Fairways werden dreimal in der Woche auf 16 bis 18 Millimeter gestutzt, beim Semi-Rough reicht ein Schnitt ein- bis zweimal in der Woche. Seit 15 Jahren gibt es auf dem insgesamt 20 Hektar großen Areal Beregnungsanlagen.
Wenn ab 7 Uhr die ersten Sportler ihre Runden drehen und mit mehr oder weniger gelungenen Schlägen die Löcher anvisieren, sind die Platzpfleger schon eine Stunde im Dienst. Bei allen Arbeiten gilt: Die Greenkeeper sollen für die Golferinnen und Golfer möglichst unsichtbar sein und dürfen diese nicht stören. „Das ist oft ein Balanceakt“, weiß Ferfecki. „Zudem müssen sie immer auch selbst auf die fliegenden Bälle achten“. Die neue Startzeiten-App, mit der inzwischen in Anholt alle Mitglieder und Gäste ihre Runden buchen müssen, hilft auch den Greenkeepern, die dadurch besser einschätzen können, wo gerade Arbeiten möglich sind.
Eine Wissenschaft für sich ist die Wahl der Rasenmischungen – und eine ungemein kostspielige dazu. Ihre Namen lauten Festuca, Agrostis capillaris oder Lolium. „Sie sollten möglichst trockenresistent sein und mit Krankheiten gut zurechtkommen“, führt Paus zwei Eigenschaften an, die wichtig für Golfplätze sind.
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Ein schöner Farbtupfer sind mehrere insektenfreundliche Wildblumenwiesen, die neu auf dem Gelände angelegt worden sind. „Sie liegen aber immer abseits der Bahnen, so dass sie normalerweise nicht im Spiel sind“, schmunzelt Ferfecki. Chemische Hilfsmittel sind generell nur ganz wenige erlaubt. „Wir investieren da auch lieber in einen neuen Mäher und bekämpfen Unkraut mechanisch“, unterstreicht der Platzwart.
Dass sich die ganzen Anstrengungen der Greenkeeper lohnen, bestätigt Rudi Schmeing. „Ich bin inzwischen seit 30 Jahren im Verein, der Platz wird immer schöner“, lobt der Bocholter, der vor zehn Jahren selbst das Clubhaus gebaut hat.