Kleve. Der 1. FC Kleve blickt mit gemischten Gefühlen auf Hinrunde zurück. Trainer Umut Akpinar hofft auf einen frühen Klassenerhalt in der Rückrunde.
Am Klever Bresserberg herrscht Zufriedenheit, so viel steht fest. Der Oberligist 1. FC Kleve steht zur Winterpause auf Tabellenplatz 13 – mit elf Punkten Vorsprung auf einen Abstiegsplatz. Wir bilanzieren die Hinserie der Rot-Blauen.
Beim Klever Saisonstart lief alles schief, was hätte schief laufen können. Die Mannschaft von Trainer Umut Akpinar schien am ersten Spieltag völlig überrascht von kämpferisch auftretenden Aufsteigern aus Essen-Kray und unterlag mit 0:2. „Vielleicht haben einige Jungs da gedacht: ‘Das läuft schon irgendwie.’ Aber so läuft es in der Oberliga eben nicht“, sagt Akpinar.
Auch die erfahrene Achse um Abwehrchef Nedzad Dragovic, Kapitän Fabio Forster und Angreifer Andre Trienenjost schwächelte gewaltig. Es folgte eine erschreckende Durststrecke. Aus den ersten sechs Ligapartien holte der 1. FC Kleve bloß zwei Punkte, es wurde unruhig beim sportlichen Aushängeschild der Schwanenstadt. Danach aber ging’s kontinuierlich bergauf. Gegen die direkte Konkurrenz von TuRU Düsseldorf, TVD Velbert oder Schwarz-Weiß Essen holten die Bresserberg-Kicker wichtige Zähler.
Der emotionale Glanzpunkt war der Einzug ins Halbfinale des Niederrheinpokals. Auswärts beim Ligakonkurrenten TSV Meerbusch gelang ein 4:1-Erfolg. So könnten nun große Namen wie Rot-Weiß Oberhausen oder Rot-Weiss Essen warten. Ein weiterer Höhepunkt: Der 3:2-Sieg im Essener Uhlenkrug-Stadion, als die Klever bereits mit 0:2 zurücklagen, sich allerdings zurückkämpften und in Person von Levon Kürkciyan in der sechsten Minuten der Nachspielzeit den Siegtreffer erzielten.
Angreifer schmerzlich vermisst
Abseits des besorgniserregenden Saisonstarts war die 0:2-Niederlage beim höchst abstiegsgefährdeten SC Velbert Anfang November ein Nullpunkt. Pomadig, überheblich, ideenlos – der FC war kaum wiederzuerkennen, Coach Akpinar bedient. Auch besonders bitter: Angreifer Andre Trienenjost, im Sommer vom SV Sonsbeck in die Kreisstadt gewechselt, zog sich im Oktober eine schwere Knieverletzung zu und fällt bis heute aus. Dabei gab der 30-Jährige dem Aufgebot Halt und zeigte sich zudem vor dem gegnerischen Tor eiskalt: In acht Begegnungen traf er sechs Mal.
Bisher hatte der 1. FC Kleve eine Menge Pech. Und das nicht nur bei Andre Trienenjost. Die Verletztenliste war über Monate hinweg lang. Auch Nils Hermsen und Sebastian Santan fielen lange aus.
Personalsituation entspannt sich
Dazu kommt: Abdullo Saidov und Marvin Ehis standen Umut Akpinar verletzungsbedingt bisher noch gar nicht zur Verfügung. Nun aber entspannt sich die Personalsituation merklich: Mit der Ausnahme von Angreifer Trienenjost und Nils Hermsen (Innenbandanriss im Knie) hat Akpinar alle Oberliga-Kicker an Bord.
Zudem sind zwei A-Jugendliche zur Mannschaft gestoßen: Leander Derksen und Marten Albrecht. Über die Nachwuchsspieler sagt Akpinar: „Sie sollen jede Einheit mitmachen und passen sich prima an. Die bisherigen Eindrücke sind gut, sie sollen möglichst viel mitnehmen.“
Auch die sportliche Führung scheint gut aufgestellt. Der Abgang von Georg Kreß, der den 1. FC Kleve im vergangenen Winter gen Hönnepel-Niedermörmter verließ, hat den Posten des Sportchefs verwaisen lassen. Um einen Nachfolger bemühte sich die Vereinsführung nicht. Schließlich kümmern sich Hans Noy (in Zusammenarbeit mit Christoph Thyssen), im Vorstand mit dem Aufgabenbereich „Sponsoring“ betraut, seit Jahren bereits sporadisch um alle Angelegenheiten rundum die Klever Erstvertretung.
Überragende Mentalität
Außerdem punktet der 1. FC Kleve auf dem Feld mit einer Mannschaft, die über bemerkenswerte Ausdauer und überragende Mentalität verfügt. Aus aussichtslos erscheinenden Situationen kann sich das Aufgebot um Spielführer Fabio Forster herauskämpfen. Dazu kommt: Der Abwehrverbund hat sich nach dem schwachen Saisonstart deutlich stabilisiert. Schwierig wird’s für die Klever Mannschaft, wenn der Gegner hoch und aggressiv presst. Dann machen sich bei Forster, Dragovic und Kollegen Geschwindigkeitsdefizite bemerkbar – siehe die Partien gegen Straelen, den 1. FC Monheim oder Schwarz-Weiß Essen.
Prominente Testspielgegner
Umut Akpinar legte nun in den ersten Trainingseinheiten den Fokus auf Ausdauer und Kraft. Eine höchst intensive Zeit für das Aufgebot, in den nächsten Wochen folgt der spielerische Feinschliff. Dafür hat Akpinar prominente Testspielgegner auserkoren. So geht es am Sonntag gegen den Landesligisten FC Remscheid (siehe Zweittext), auch stehen noch Begegnungen mit dem SV Sonsbeck und dem Oberligisten SV Schermbeck auf dem Vorbereitungsprogramm.
Im Tabellenmittelfeld der fünfthöchsten deutschen Spielklasse ist der 1. FC am sportlichen Limit angekommen. Die finanziellen Rahmenbedingungen erlauben es nicht, höhere Ansprüche anzumelden. Die Spitzengruppe der Liga ist unerreichbar. Verwunderlich ist das nicht. Dem Vernehmen nach hat der Klassenprimus SV Straelen ein drei Mal, der 1. FC Bocholt ein zweieinhalb Mal üppigeres Budget. In solchen Dimensionen geht es um mehrere Hunderttausend Euro.
Der 1. FC Kleve steht unter der Regie der Vereinsvorsitzenden Lukas Verlage und Christoph Thyssen finanziell solide dar. Zwei ausgeglichene Charaktere, die keinen Gedanken daran verschwenden, die Regionalliga anzupeilen. Ohne einen Geldgeber der Marke „Mom“ Zevens wäre das illusorisch.
Abseits zweier Ausreißer ist die Oberliga in dieser Spielzeit bemerkenswert ausgeglichen. Der SV Straelen thront mit zehn Punkten Vorsprung auf den ersten Verfolger an der Tabellenspitze, die Sportfreunde Niederwenigern sind mit bloß vier Zählern abgeschlagen Schlusslicht.
100 Prozent Leistung notwendig
„Das Tabellenmittelfeld ist dicht beieinander, da kann viel passieren. Das führt dazu, dass in eigentlich jedem Spiel für uns etwas drin ist, wir es uns aber auch nicht erlauben können, mal nicht 100 Prozent zu gehen“, sagt Akpinar. Zum Hintergrund: Auch auf die drittplatzierte Spielvereinigung Essen-Schonnebeck hat der 1. FC Kleve bloß zehn Punkte Rückstand.
Über die Zielsetzung der Rückrunde sagt Umut Akpinar: „Wir wollen frühestmöglich den Klassenerhalt perfekt machen. Das wird schwer genug.“ Dieses Ziel sollte der 1. FC aber erreichen. Und zwar deutlich eher als im vergangenen Jahr. Damals zitterten die Rot-Blauen bis zum vorletzten Spieltag. Kommt das Fusionsklub-Aufgebot gleich gut in die Rückrunde und kehrt Stoßstürmer Andre Trienenjost frühzeitig zurück, könnte es für einen einstelligen Tabellenplatz reichen.
Testspiel-Gradmesser am Sonntag
Der erste Testspielgegner des 1. FC Kleve ist gleich ein prominenter. Am Sonntag, 15 Uhr, gastiert der Landesligist FC Remscheid am Bresserberg. „Das ist ein unbekannter Gegner für uns. Remscheid steht allerdings dafür, immer ganz gute Mannschaften zu haben“, sagt Kleves Trainer Umut Akpinar. Auf das Ergebnis komme es ihm zu Folge nun noch nicht an. Es gehe vielmehr darum, taktische und personelle Ideen auszutesten und Wettkampfpraxis zu sammeln. Remscheid steht in der Tabelle der Landesliga-Gruppe eins auf Platz zehn – also im gesicherten Mittelfeld.
Die letzte Begegnung der Vereine datiert übrigens aus der Spielzeit 2002/2003. Damals trafen die Mannschaften in der Verbandsliga aufeinander. Die Rot-Blauen behielten mit 4:0 und 6:0 die Oberhand. In den vergangenen Jahren gehörte der FC Remscheid stets zum tristen unteren Drittel der Landesliga. Aufregender war’s beim FC in der Spielzeit 2015/2016. Damals stand Torsten Legat, Ex-Bundesligaprofi und TV-Sternchen, an der Seitenlinie – ohne durchschlagenden Erfolg.
Der Rückrundenauftakt wartet am 9. Februar auf den 1. FC Kleve. Dann geht es auswärts gegen Germania Ratingen.