Emmerich/Berlin. Emmericher spricht im „Aktuellen Sportstudio“ über die Nationalmannschaft, Union Berlin und wer ihm Kraft gibt, Rückschläge zu verdauen
„Wenn ich morgens aufstehe, weiß ich von der letzten Nacht relativ wenig“, meinte Robin Gosens zum Auftakt seines Besuchs im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF. Die Frage von Moderator Sven Voss bezog sich allerdings nicht auf das Party-Leben eines Profi-Fußballers, sondern lautete „Was sind Sie für ein Träumer?“ Gosens erläuterte: „Ich bin mehr so der Tagträumer, der sich dann mal weg schlummert und darüber philosophiert, was ich denn noch so erreichen möchte.“
Der Emmericher hat sich bekanntlich seinen Traum vom Profi-Fußball erfüllt und nicht zuletzt deshalb die Stiftung „Träumen lohnt sich“ gegründet. Ein weiterer großer Traum des 29-Jährigen droht dagegen zu platzen. Die Nichtberücksichtigung bei den jüngsten Länderspielen der Deutschen Nationalmannschaft im EM-Jahr habe ihn schon „ein bisschen überrascht“. Er sei im Oktober dabei gewesen, im November habe er dann „aus sehr erfreulichen Gründen“ selbst abgesagt, weil er nochmals Vater geworden war. „Dann ist man schon der Meinung, dass man Teil der Nationalmannschaft ist“, sagte der Stammspieler des 1. FC Union Berlin. „Ich glaube auch, dass meine Leistungen gepasst haben.“ Der linke Außenverteidiger mit dem ausgeprägten Offensivdrang zählt bei den Hauptstädtern zu den Leistungsträgern und ist mit seinen sechs Treffern sogar der erfolgreichste Torschütze.
„Ich fühle mich nicht meilenweit von der Nationalmannschaft entfernt“
Gosens bestritt bisher 20 Länderspiele in der A-Nationalmannschaft des Deutschen Fußball-Bundes. Beim 2:0 in Frankreich und beim 2:1 gegen die Niederlande in diesem Jahr stand Gosens allerdings nicht mehr nicht im Kader von Bundestrainer Julian Nagelsmann. Es gebe nun aber genug Partien, bei denen er sich noch beweisen könnte: „Solange die Tür nicht zu ist, kann man noch durchgehen.“ Die Nicht-Nominierung habe er abgehakt, „es gibt noch einige Spiele, wo ich viel beweisen kann. Und das werde ich machen. Ich fühle mich nicht meilenweit von der Nationalmannschaft entfernt.“
An welche starken Schultern sich Gosens nach solchen Nachrichten anlehne, wollte Voss wissen. „Vor allem die Familie natürlich, die in solchen Momenten bei einem ist“, so der Emmericher, „die Frau, die Kiddies, die den großen Vorteil haben, dass sie das herzlich wenig juckt, ob der Papa jetzt nominiert wird oder nicht. Hauptsache, er kommt abends nach Hause und liest die Gute-Nacht-Geschichte vor. Da zieht man gerade in solchen Momenten sehr viel Kraft raus.“
Bundestrainer Julian Nagelsmann lobt Robin Gosens‘ Einstellung
Der Zug sei ja auch noch nicht abgefahren, erklärte Nagelsmann in einem Videobeitrag auch mit Bezug auf andere Spieler, die zuletzt nicht dabei gewesen waren. Es sei im Fall von Gosens auch ein bisschen die Gesamtgemengelage mit einer lange Zeit nicht so guten Saison von Union. „Dann ist es für jeden einzelnen Spieler natürlich auch schwieriger, dort zu glänzen“, erklärte der 36 Jahre alte Coach. Generell sei Gosens ein Spieler mit großem Charakter und großem Herz, der immer alles gebe für den Verein und das Land. „Da ist weiter die Türe offen“, betonte Nagelsmann.
Der 1. FC Union Berlin will in der noch verbleibenden Saison in der Fußball-Bundesliga auch ein bisschen Wiedergutmachung bei seinen Anhängern betreiben. „Ich glaube, wir schulden den Fans noch ein paar Siege. Das ist Motivation genug“, sagte Gosens. Nach 27 Spieltagen befinden sich die Eisernen im Mittelfeld der Liga, „glücklicherweise“, wie der Emmericher betonte. „Es sah ja auch ganz lange anders für uns aus. Da waren wir da, wo gar keiner hinwill“, sagte er mit Blick auf das Tabellenende. Die Entwicklung der vergangenen Monate sei erstmal sehr positiv, erklärte Gosens. „Ich glaube, nach oben geht gar nix mehr, nach unten müssen wir vielleicht mit einem halben Auge immer noch hin schielen.“
Union Berlin empfängt mit Robin Gosens am Samstag Bayer Leverkusen
Weiter geht es für den 1. FC Union am kommenden Samstag. Im Stadion An der Alten Försterei wird der souveräne Tabellenführer Bayer 04 Leverkusen zu Gast sein. „Viele Leute wünschen sich, dass endlich mal jemand anders als die Bayern Meister wird. Gehören Sie auch dazu?“, fragte Voss. „Was ich dazu sagen kann, ist, dass sich das Leverkusen in diesem mit ihren Leistungen absolut verdient hat. Es ist die absolut konstanteste Mannschaft in der Bundesliga“, so Gosens, der zum 0:4 der Berliner im Hinspiel gegen Leverkusen noch ergänzte: „Bodenloses Spiel von uns, hochverdient verloren. Wir würden sie natürlich sehr, sehr gerne ärgern. Nicht, weil wir unbedingt Bayern einen Gefallen tun wollen, sondern vor allem uns selbst. Es wäre schön, wenn wir in der Alten Försterei für ein Highlight sorgen könnten in der Hinsicht.
Robin Gosens bot dem Moderator - obwohl rund 18 Jahre jünger - auch noch das „Du“ an. Voss hatte natürlich nichts dagegen und der Emmericher legte einmal mehr einen bodenständigen, aber auch selbstbewussten Auftritt auf der ganz großen Bühne hin. Ach ja, das obligatorische Torwandschießen gegen Zuschauer Manuel Kohn entschied Robin Gosens auch noch mit 2:0 für sich.