Duisburg. Emotionales Benefizspiel des Handball-Regionalligisten gegen den Zweitligisten TuSEM Essen vor 500 Zuschauern in Rheinhausen.

In seiner Ankündigung zum Benefizspiel für Julian Kamp hatte Klaus Stephan, der Chef des Handball-Regionalligisten OSC Rheinhausen, geschrieben: „Es reicht nicht, einmal im Jahr ‚You’ll Never Walk Alone‘ zu singen, um dann wieder zum Alltag überzugehen und alles zu vergessen.“ Gesungen haben die knapp 500 Zuschauer am Mittwoch den Klassiker von Gerry and the Pacemakers vor der Partie gegen den Zweitligisten TuSEM Essen dann durchaus.

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Die Halle an der Krefelder Straße hatte Moderator Matthias Tilgner für den Moment verdunkeln lassen. Die Lichter der Handys setzten stimmungsvolle Leuchtzeichen. Die Spieler beider Teams hatten sich die Arme um die Schultern gelegt und bewegten sich im Takt des Treueschwurs mit. Julian Kamp saß an der Kopfseite der Halle, direkt neben der Tribüne, in seinem Rollstuhl und hörte zu. Sein Vater Gerd sagte: „Auch wenn er nicht sprechen kann – er bekommt alles mit.“ Auch das Gefühl, den Weg durch den schier endlosen Sturm niemals allein gehen zu müssen.

Gerd Kamp richtete dankende Worte an die Mannschaften und die Zuschauer.
Gerd Kamp richtete dankende Worte an die Mannschaften und die Zuschauer. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Denn auch das galt am Mittwochabend: Die Rheinhauser Handball-Familie hat das tragische Ereignis aus dem Jahr 2021 nicht vergessen. Unmittelbar vor einem Dreierturnier um den Aufstieg in die 3. Liga in Düsseldorf war der damals 24-jährige OSC-Spieler mit einer Hirnblutung zusammengebrochen. Sein Leben konnte – auch dank des Einsatzes der Teamärztin Laura Ufermann – gerettet werden. Doch Julian Kamp behielt schwere Schäden zurück.

„Auch wenn er nicht sprechen kann – er bekommt alles mit.“

Gerd Kamp
Vater von Julian Kamp

Deshalb gehen der Verein und seine Fans nicht wieder zum Alltag über. In jedem Jahr veranstalten sie ein Spiel gegen einen hochrangigen Gegner. Der Erlös erleichtert der Familie die Kosten für Therapien und weitere Maßnahmen, die das Leben ein bisschen leichter machen. Für die Handballer aus Rheinhausen ist die Partie Ehrensache.

Der Traum von der Reise ans Meer

Für den Gegner aus Essen war es das auch. „TuSEM spielt für eine Pizza und Getränke“, sagte Klaus Stephan. Ebenso selbstverständlich ist es für die Fans des Vereins, den Abend nicht vor dem Fernseher zu verbringen. Fast 500 Zuschauer sorgten nicht nur für eine gut gefüllte Halle und einen stimmkräftigen Chor, sondern bescherten auch eine satte Einnahme.

Eintritt wurde zwar nicht verlangt. Der Spendenkasten auf dem Tresen am Bierstand hatte aber einen breiten Schlitz, durch den auch Scheine passten. Etwa 4000 Euro sind zusammengekommen, schätzte der Abteilungsvorsitzende. Wie das Geld hilft, hatte vor dem Spiel Vater Gerd Kamp berichtet. Er sprach von Therapien, aber auch von dem „Traum, mit Julian nach Holland ans Meer zu fahren.“ Über die Unterstützung durch die jährlichen Benefizspiele sagte der Vater: „Am Anfang haben wir gedacht, wir brauchen das nicht, wir schaffen das schon. Aber im Laufe der Zeit hat sich gezeigt, dass es doch ein sehr langer Weg ist und dass es gut ist, ein gewisses Portfolio an Geld zu haben.“ Gemeinsam mit seiner Frau Edith kümmert er sich um Julian. Zwillingsbruder Yannick war ebenfalls am Mittwoch in der Halle.

OSC-Spieler Daniel Zwarg versucht hier, die Essener Deckung auszuspielen.
OSC-Spieler Daniel Zwarg versucht hier, die Essener Deckung auszuspielen. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

In seiner kurzen Rede machte Gerd Kamp zugleich deutlich, wie weit der Weg ist, den sein inzwischen 27-jähriger Sohn gehen muss. Julian könne nicht sprechen und nicht alleine essen. Augenzwinkern wird zum Kommunikationsmittel. Es sind die kleinen Fortschritte, die Freude machen und die Gerd Kamp als „gute Nachricht“ beschrieb. Einer dieser kleinen Fortschritte: Dank seines neuen Rollstuhls konnte Julian Kamp deutlich länger seinem Handball-Team, dem OSC Rheinhausen, zuschauen als noch vor einem Jahr. Er trug sein Trikot mit der Nummer 68.

Der guten Ordnung halber: Der OSC verlor mit 24:36 (11:19). Die Mannschaft stellte ihre schicken neuen Heimtrikots vor. Trainer Thomas Molsner beklagte sehr leise die mangelnde Effizienz beim Abschluss. Er räumte aber auch ein: „Heute ging es für uns vor allem um Julian und weniger darum, unsere Form gegen einen höherklassigen Gegner zu testen.“

Was bereits feststeht: Auch 2025 werden sie wieder im Licht der Handylampen „You’ll Never Walk Alone“ singen. Essens Trainer Daniel Haase sagte nach dem Spiel: „Wir kommen nächstes Jahr wieder.“ Klaus Stephan sagte: „Danke.“