Duisburg. Nach vier Spieltagen hat der MSV Duisburg weiter nur einen Punkt auf dem Konto. Trainer Thomas Gerstner kritisiert den schwachen Zuspruch.

Die Menschen, die Thomas Gerstner im VIP-Raum der Schauinsland-Reisen-Arena gegenübersaßen und ihr verspätetes Abendessen löffelten, konnten nichts dafür. Sie waren ja schließlich an einem kalten Montagabend vor die Tür gegangen. Dass ihm das nicht genügte, konnte der Trainer von Fußball-Bundesligist MSV Duisburg bei seinem Statement nach der 0:1-Niederlage gegen die SGS Essen nicht verbergen. „Traurig und enttäuschend“, fand Gerstner, dass nur 876 Zuschauerinnen und Zuschauer das Frauen-Derby verfolgen wollten.

Frierende Fans: Die „Zebrinas“ halten den MSV-Frauen auch in der kalten Jahreszeit die Treue. Ansonsten war der Zuspruch aber enttäuschend.
Frierende Fans: Die „Zebrinas“ halten den MSV-Frauen auch in der kalten Jahreszeit die Treue. Ansonsten war der Zuspruch aber enttäuschend. © MSV Duisburg | Nico Herbertz

„Anderswo ist die Bude voll, nur wir kriegen das hier nicht hin“, kritisierte der Ex-Profi im Lichte eines Spieltages, der in seiner Gesamtheit tatsächlich für einen Rekord sorgte. Zusammengerechnet wollten 53.609 Menschen die Spiele von Freitag bis Montag verfolgen, darunter zum ersten Mal in der Liga-Geschichte gleich drei fünfstellige Kulissen in Bremen (21.508), München (19.000) und Leipzig (10.269). In Duisburg blieb es dreistellig. „Und das bei einem Straßenbahnderby“, ärgerte sich Gerstner weiter.

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„Angst vor der eigenen Courage“

Allerdings schränkte der 56-Jährige dann gleich im nächsten Satz ein: „In der ersten Halbzeit hätten wir auch nicht mehr verdient gehabt.“ Da kommt das Gespräch nämlich auf jenen Umstand, der den Verantwortlichen noch mehr Sorgen bereiten sollte als der chronisch mäßige Publikumszuspruch in der dadurch gähnend leer wirkenden Arena: die sportliche Ist-Situation, die für den weiteren Saisonverlauf bereits nach vier Spieltagen wieder Schlimmes ahnen lässt. Gerstner hatte auf ein „Derby-Gesicht“ gehofft, diagnostizierte aber nachher für die ersten 45 Minuten die so gern angeführte „Angst vor der eigenen Courage“.

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Aber was heißt das? Der MSV stand vom Anpfiff weg mit einer 5-4-1-Formation extrem tief in der eigenen Hälfte, betrat die des Gegners nur im äußersten Ausnahmefall. Essen, teilweise mit vier Angreiferinnen auf einer Linie agierend, durfte nach Belieben walten und schalten, konnte damit aber auch nur selten etwas anfangen. Das hätte vielleicht sogar zu einer Nullnummer zur Pause reichen können, aber dann darf man sich angesichts bekannter Standardschwäche nicht eine Ecke nach der nächsten einhandeln. Eine davon führte in der 40. Minute zum entscheidenden Gegentor durch Annalena Riekes Kopfball, den Kaitlyn Parcell noch ins eigene Tor ablenkte.

Nachdenklich bei neun Grad: Thomas Gerstner stand noch im Sommeroutfit an der Linie.
Nachdenklich bei neun Grad: Thomas Gerstner stand noch im Sommeroutfit an der Linie. © MSV Duisburg | Nico Herbertz

Warum die Gastgeberinnen erst so mutlos und phlegmatisch agierten? „Wenn wir es wüssten, würden wir es abstellen“, sagte Co-Kapitänin Yvonne Zielinski nachher. Zwar herrschte ein gewisses Maß an Zufriedenheit mit dem, was sie und ihre Kolleginnen nach Wiederbeginn auf dem Platz brachten, doch es ließe sich auch sagen, dass sich eher die Essenerinnen dem MSV-Niveau anpassten. Echte Torchancen produzierten die Zebras nicht; der abgerutschte Flankenball von Antonia Halverkamps, der fast wie gegen Freiburg zu einem spektakulären Torerfolg geführt hätte, geht als solche nicht durch. Auf die Frage, warum er seine Fünferkette nicht früher als erst in den letzten zehn Minuten aufgelöst habe, antwortete Thomas Gerstner: „Weil wir nicht wollten, dass Essen das Spiel früher entscheidet.“ Das Unterfangen, auf den vielzitierten Lucky Punch in der Schlussphase zu setzen, ging nicht auf.

Ein Image-Film, der in der Halbzeitpause auf der Stadionleinwand lief, lässt die gängigen Vorurteile gegen das vermeintlich chancenlose MSV-Team von den Spielerinnen zitieren, gefolgt von Torhüterin Ena Mahmutovic, die versichert, auch diesmal alles wieder für den Klassenerhalt tun zu wollen. Es wird Zeit, dass die Mannschaft das auch auf dem Platz unter Beweis stellt.