Duisburg. Die neu gegründeten MSV-Amateure bereiten sich auf ihre erste Saison vor. Sie investieren viel Herzblut in ihre Idee. Nächster Test am Sonntag.

Ganz ehrlich? Die Antwort auf diese Frage war klar. Wie sie Fabian Halver aber gibt, unterstreicht, wie ernst er es meint. Warum hat er sich dazu entschieden, für die neue Amateurmannschaft des MSV Duisburg zu spielen. Der neue Kapitän steht noch ein wenig gerader als zuvor, seine Augen funkeln – und sein Herz tanzt. Vielleicht nicht anatomisch, aber ganz sicher emotional. „Weil ich einmal dieses Trikot tragen wollte“, sagt er. Fast schon inbrünstig.

Damit spricht der Käpt’n seiner Mannschaft aus der Seele. Und den Machern. Selbst seinem Trainer. Das hier geschieht aus Liebe. Zum Fußball. Zum ursprünglichen Fußball. Und zum MSV natürlich.

2016 machten die Zebras das, was auch einige andere Vereine taten: Sie meldeten ihre zweite Mannschaft – hier wie fast überall zuletzt ein U-23-Team – vom Spielbetrieb ab. Für viele Fans ein falscher Schritt. Für einige sogar eine Katastrophe. Denn es gab einige, die mit dem Fangesang „Glory, Glory, Amateure!“ die Reserve unterstützt hatten. Und bei einigen dieser Vereine entstand die Idee, die zweite Mannschaft, bis 2005 „Amateure“ genannt, als Fanmannschaft wieder auferstehen zu lassen. Der Nachbar aus Oberhausen machte das beispielsweise als „RWO Team 12“.

Idee schon 2016

Die Pässe müssen sitzen – die wieder gegründeten Amateure trainieren beim MTV Union Hamborn.
Die Pässe müssen sitzen – die wieder gegründeten Amateure trainieren beim MTV Union Hamborn. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

War das einer der Ideenstifter? „Ne!“, rufen Andreas Jörißen und Christian Kern – die Gründer der neuen MSV-Abteilung „Fanmannschaft“ – fast schon ein wenig zu laut. Denn ihre Idee ist schon älter. Sie gab es schon 2016. „Hätte das damals schon geklappt, wären wir einer der ersten in Deutschland gewesen.“ Aber die Umstände sprachen nicht dafür. Dennoch blieben sie am Ball – und in Kontakt. Mit MSV-Präsident Ingo Wald. Und mit dem damaligen Fanbeauftragten und jetzigen Vorstandsmitglied Robert Komossa. Silvester 2021/22 wurde es konkret – und am 5. September 2022 offiziell: Die neue Abteilung wurde gegründet.

Zuvor hatten Jörißen, Kern und ihre Mitstreiter den MSV-Verantwortlichen ihr Konzept unterbreitet. Das Wesentliche: Die Abteilung trägt sich selbst, die Mitgliedsbeiträge gehen an den MSV. „Wir haben gesagt, der Verein soll sie behalten“, so Kern. Jörißen, übrigens Abteilungsleiter, ergänzt: „Wir finanzieren uns durch zusätzliche 20 Euro der Abteilungsmitglieder.“ Und dazu zählt jeder einzelne Spieler. Kern, stellvertretender Chef der Abteilung, erklärt: „Natürlich muss zu Beginn viel angeschafft werden. Das geht nicht ohne Sponsoren.“

Macher mussten viel lernen

Andreas Jörißen ist der Abteilungsleiter.
Andreas Jörißen ist der Abteilungsleiter. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Aber auch die Sache mit den Sponsoren ist nicht so leicht. Und eines der Dinge, die die beiden im Laufe der Aufbauarbeit lernen mussten. Mal eben im Namen des MSV auf Sponsorensuche gehen, mal eben das Logo verwenden? Das ist nicht so einfach. Die Agentur „Sportfive“ ist der Rechtevermarkter des MSV – und bekommt einen Anteil an den Sponsoreneinnahmen. Das ist freilich an sich ein Vertrag für die Fußballprofis gewesen – aber er ist in der Welt. „Wir konnten uns dann aber schnell einigen. Bis zu einem gewissen Betrag dürfen wir Sponsoren akquirieren und ihn komplett behalten“, so Kern.

Irgendwie passend daher, dass ein mit Duisburg verbundenes Modeunternehmen wie „Stahlkind“ auf den Trikots der Mannschaft werben will, die in der Saison 2023/24 in der Kreisliga C an den Start gehen wird. „Wir wollen am liebsten Sponsoren wie den Metzger aus der Nachbarschaft haben“, beschreibt Kern die Idee. Denn es soll ja auch wieder Fußball zum Anfassen sein. So wie es im Profibereich auch mal war – aber längst nicht mehr ist. Auch beim MSV. Die Spieler zum Anfassen? Zum mit ihnen Reden? Das kommt deutlich seltener vor, als es früher zu goldenen Zeiten in der Bundesliga einmal der Fall war. Da sind die Zebras keine große Ausnahme. Die Macher der Fanmannschaft, ihre Spieler und Funktionäre machen da aus ihrem Herzen keine Mördergrube. „Ich denke, Ingo Wald schätzt da auch unsere Ehrlichkeit. Am Ende sind wir natürlich MSV-Fans. Aber wir sagen unsere ehrliche Meinung“, so Kern.

Daniel Fischer trainiert das Team

Christian Kern hatte die Gründungsidee zusammen mit Andreas Jörißen und ist stellvertretender Abteilungsleiter.
Christian Kern hatte die Gründungsidee zusammen mit Andreas Jörißen und ist stellvertretender Abteilungsleiter. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Die Idee vom ehrlichen Fußball an der Basis kommt an. So entstand einst United of Manchester in England. Nur dass der MSV so etwas wie United of Manchester innerhalb von Manchester United ist. Die Rückkehr zu den Wurzeln innerhalb des Vereins. „Breitensport ist beim MSV in der Form ja bislang nicht vorgesehen gewesen“, sagen Andreas Jörißen und Christian Kern.

Als die Nachricht von der Gründung in den Sozialen Medien verbreitet wurde, „hatten wir aus dem Stand in dreistelliger Zahl Anfragen von Leuten, die für uns spielen wollten“, so Kern. Aktuell gehören dem Kader 40 Kicker an. „Das ist auch nötig“, sagt Trainer Daniel Fischer, der einst im Mädchen- und Frauenbereich tätig war – für den im MSV aufgegangenen FCR 2001 Duisburg. Außerdem war er in Gladbach, Oberhausen und Hamborn tätig. „Ich habe schon mit dem Gedanken gespielt, meine Lizenz nicht mehr zu verlängern“, sagt Fischer. Bis er das Angebot bekam, die MSV-Amateure zu trainieren. Und da konnte er nicht widerstehen.

Kreisliga-Kicker und Neulinge

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Woher kommen die Spieler? Ehemalige Kreisliga-Kicker – oder völlige Neulinge? „Ich würde sagen 50:50“, so Kern. Das macht die fußballerische Entwicklung nicht einfacher, „aber der Zusammenhalt in der Mannschaft ist absolut bemerkenswert“, sagt Kapitän Fabian Halver. Die Ergebnisse der ersten Testspiele waren zum Teil noch schmerzhaft. Selbst die Partie gegen eine – freilich mit „regulären“ Spielern gespickte – Hobbymannschaft namens Fast Helden Duisburg ging verloren. „Aber nach und nach ist ein Konzept zu erkennen. Es geht darum, unseren Spielern eine Idee zu vermitteln“, so Kern. Das sechste Testspiel brachte ein Remis gegen TuRa 88 Duisburg II. Im siebten Spiel gelang der erste Sieg gegen die Turnerschaft Rahm II.

Bemerkenswert: Einige hundert Zuschauer waren immer dabei. Den ersten Fanclub gibt es bereits. Und die Amateure werden bei den Spielen der Profis auf den Rängen schon angesprochen. Dass man das Ganze toll findet. Und zu den Spielen kommen will. Und was ist, wenn sich der Erfolg einstellt? Das Team vielleicht mal in der Kreisliga A spielt – und der MSV dann doch eine „echte“ zweite Mannschaft neu gründen will? Jörißen: „Das ist schon besprochen“, sagt er. „Wenn das irgendwann passieren sollte, dann bekommt der MSV natürlich den Liga-Startplatz – und wir fangen als dritte Mannschaft wieder in der C-Liga an.“

>>Training und Spiele beim MTV Union Hamborn

Die neuen MSV-Amateure trainieren und spielen auf der Anlage des MTV Union Hamborn, weil an der Westender Straße keine Zeiten mehr frei waren. „Dafür sind wir Union sehr dankbar“, wie Christian Kern betont. Nichts Ungewöhnliches – so bestreitet die Fanmannschaft von Darmstadt 98 ihre Spiele im Regelfall auf dem Gelände von Germania Pfungstadt. Als aber das Aufstiegsspiel von der Kreisliga D zur Kreisliga C in der Saison 2021/22 anstand, wurde am Böllenfalltor gespielt – und es kamen über 3000 Fans. Das zeigt, wie sehr die Idee einer Fanmannschaft bei den Anhängern verfängt.

„Auch wir wollen so hoch wie möglich spielen – wie es das Konzept einer Fanmannschaft hergibt“, so Kern.

Das nächste Testspiel ist bereits terminiert: Am Sonntag bestreiten die Amateure eine Partie beim C-Ligisten Eintracht Duisburg II. Anstoß auf der BSA Wedau II ist um 13 Uhr.