Duisburg. 2013 war das Jahr des ASC Duisburg. In zwei Wettbewerben gelingt des dem ASCD, Wasserball-Rekordmeister Spandau zu entthronen.
Wo ist der Meisterschaftspokal? Paul Schüler muss auch Jahre später noch schmunzeln, als er auf eine kleine Anekdote angesprochen wird. „Ich habe das ehrlich gesagt gar nicht mitbekommen. Aber irgendwie passt das auch zu dem, wie es damals war“, sagt der heutige Trainer des ASC Duisburg in der Deutschen Wasserball-Liga (DWL) und damalige Leistungsträger mit einem Lachen.
Doch wo war der Pokal? Die Antwort auf diese Frage ist ebenso einfach wie typisch für die damalige Zeit in der DWL. Das edle Stück lag an diesem 29. Mai 2013 in einem Auto mit Berliner Kennzeichen. Die Meister-Trophäe hatte längst so etwas wie eine feste Heimat in der Hauptstadt gefunden. In zuvor 32 Spielzeiten hatte Branchenprimus Wasserfreunde Spandau 30 Mal (!!!) den Titel geholt. Doch an jedem verregneten, kühlen Abend im Mai jubelten einmal nicht die Berliner. Meister wurde der ASC Duisburg. Nach zahlreichen Anläufen hatte es endlich mit dem heiß ersehnten Titelgewinn geklappt. Doch während sich die Duisburger freudetrunken in den Armen lagen, mussten die Spandauer Verantwortlichen erst noch schleunigst den Pokal herbeischaffen. Sie hatten schlichtweg nicht mit dem eigenen Scheitern gerechnet.
Doch der Reihe nach.
Die Geschichte dieses furiosen Frühsommers beginnt mit einem langen, miserablen Winter. Noch heute schüttelt sich Paul Schüler, wenn er an diese kalten, dunklen Wintermonate zurückdenkt. „Das war total brutal“, erinnert er sich. Das Leiden der jungen Wasserballer hatte auch gar nicht in der dunklen Jahreszeit ihren Ursprung genommen, sondern wiederum im Sommer 2012.
Die Stadt Duisburg schockt die Wassersportler
Damals schockte die Stadt Duisburg ihre Wassersportler mit der Sperrung des Schwimmstadions. Zahlreiche Kacheln hatten sich im Becken gelöst – Betreten verboten. „Das hat uns fast das Genick gebrochen“, so Schüler. „Das Ausmaß, in dem wir dann durch die Gegend tingeln mussten, das war einfach unmenschlich.“
Für die obligatorischen Trainingseinheiten am frühen Morgen wichen die Amateure in die Bäder nach Großenbaum oder Neuenkamp aus. Das reguläre Abendtraining fand in der Uerdinger Traglufthalle in Krefeld, am Toeppersee im Duisburger Westen oder in Walsum ganz im Norden statt. „Dazu hatten wir auch noch das Krafttraining in der Innenstadt. Da sind wir dann von dort abends spät noch nach Walsum gefahren. Die Belastung hat sich irgendwann innerhalb der Mannschaft bemerkbar gemacht, zumal wir in der Hauptrunde in Spandau verloren haben“, erzählt Schüler, der im Rückblick aber auch sagt: „In dieser Saison haben wir es letztlich geschafft, aus der Not eine Tugend zu machen.“
Ein Befreiungsschlag
Doch mit dem beginnenden Frühling besserte sich die Laune im Lager des ASCD schlagartig. Endlich hatte die Trainings-Tingelei ein Ende, fortan wurde im Freibad auf der Vereinsanlage trainiert. Schüler: „Wir haben zwar zum Teil bei Eiseskälte morgens um 6 Uhr am Beckenrand gestanden, aber es fühlte sich einfach gut an. Das war ein Befreiungsschlag.“
Zitterpartie zum Halbfinalstart
Der Start in die Play-offs verlief dann zunächst nach Maß. Im Viertelfinale schaltete der ASCD die White Sharks Hannover (16:8 in Hannover; 21:11 im Duisburger Toepperseebad) aus. Rekordmeister Wasserfreunde Spandau, der langjährige Rivale der Duisburger, ließ seinerseits beim SSV Esslingen nichts anbrennen. Im Halbfinale wartetet die sehr körperbetont spielende Mannschaft von Waspo 98 Hannover auf das Team von Trainer Arno Troost. „Ich erinnere mich, dass das zunächst nicht so gut lief“, blickt Schüler auf die Zitterpartie zum Start der Halbfinalserie zurück. Erst im Fünfmeterwerfen (15:14, den Siegtreffer verwandelte Till Rohe) setzten sich die Duisburger in Niedersachsen durch. In den darauffolgenden zwei Duellen an der Wedau (10:7 und 9:6) machte das Troost-Team alles klar.
Die Finalserie startete – nur drei Tage nach dem Pokalerfolg der Duisburger (siehe Bericht unten auf der Seite) – mit einem knappen Heimsieg des ASCD. „Für uns ging die Serie sehr gut los“, weiß Paul Schüler. Für den damaligen Nationalspieler waren es besonders aufregende Tage. „Einen Tag nach dem ersten Spiel hatte ich meine Eignungsfeststellung an der Uni. Wie man sich vielleicht denken kann, bin ich jetzt nicht der geborene Läufer. Die 3000 Meter, die ich an dem Donnerstag laufen mussten, machten sich noch länger bemerkbar. Als wir samstags in Berlin gespielt haben, hatte ich noch immer schwere Beine“, erzählt Schüler mit einem Lachen.
An die Wand gespielt
In der großen Sport- und Lehrschwimmhalle Schöneberg passierte dann etwas, womit die Duisburger in dieser Form selbst nicht gerechnet haben dürften. Beim 11:7-Auswärtssieg spielte der ASCD den Rivalen, wie es Trainer Arno Troost später ausdrücken sollte, „an die Wand“. Ein weiterer Sieg am Sonntag hätte den Amateuren gereicht, um den Nimbus des ewigen Zweiten ein für alle Mal abzulegen. „Doch dann haben wir das Spiel verloren und ich erinnere mich, dass danach alle im Kreis gesessen haben und ausgesehen haben, als hätten wir die komplette Serie verloren. Aber wir hatten ja das Heimspiel am Mittwoch und somit trotzdem noch eine Chance. Wir haben ja noch geführt. Ich glaube, auf der Rückfahrt schlug die Stimmung dann um“, so Schüler. Keine 72 Stunden später war sie dann auf dem Höhepunkt. Schüler: „Wir haben gefühlt vier Tage durchgefeiert.“ Mit dem Pokal.
Der Pokalsieg als Fingerzeig
Nur zehn Tage vor der Meistersause hatte der ASC Duisburg allen Grund zur Freude. In der Traglufthalle von Bayer Uerdingen – da wo die Duisburger während der Saison den Großteil ihre Heimspiele hatten austragen müssen -- gelang ihnen mit dem Pokalsieg der erste Streich. Es sollte ein Fingerzeig werden, für das, was wenig später noch kommen sollte. „Das hat in diesem Moment allen gezeigt, dass es auch in der Finalserie für uns laufen kann“, erinnert sich Paul Schüler.
Das Pokalwochenende hatte für das Team von Arno Troost direkt mit einem schweren Halbfinalspiel begonnen. Gegen Gastgeber Bayer, den kleinen Rivalen von der linken Rheinseite, lieferten sich die Amateure um Kapitän Tobias Kreuzmann einen harten Kampf. Der 10:5 (1:1, 3:1, 3:3, 3:0)-Sieg bei Toren von Paul Schüler (4), Julian Real (2), Kostas Gouvis, Yannik Zilken, Tobias Kreuzmann und Christian Theis war alles andere als ein Selbstläufer. Die Wasserfreunde Spandau 04 Berlin hatten hingegen bei ihrem 17:3 (3:1, 4:1, 6:1, 4:0)-Halbfinalsieg gegen das zweite Krefelder Team – den SV Krefeld 72 – leichtes Spiel.
Überragender Moritz Schenkel
Im Endspiel boten die Duisburger dem Dauerrivalen aus Berlin couragiert die Stirn. Den 9:6 (4:2, 1:1, 2:1, 2:2) wertete Arno Troost schon damals nicht als Zufallsprodukt: „Wir haben das Ding hier nicht mit Ach und Krach gewonnen. Es war deutlich und verdient“, meinte der ASCD-Trainer, der seinerzeit mit einer Personalentscheidung ein durchaus glückliches Händchen bewiesen hatte. Statt, wie üblich, im Tor mit Routinier Tim-Ole Fischer und Youngster Moritz Schenkel zu rotieren, entschied sich Troost, auf den formstarken ehemaligen Uerdinger Schenkel zu setzen. Der bedankte sich mit einer bärenstarken Leistung und konnte sein Glück anschließend kaum fassen: „Das ist ein ein absoluter Traum, hier zu gewinnen, wo ich als Kind das Wasserballspielen gelernt habe.“