Am Niederrhein. Der TuS Duisburg 48/99 wurde 1959 Westdeutscher Amateurmeister und stieg in die 2. Division auf. Das Aus im Kampf um den DM-Titel war bitter.
Der TuS Duisburg 48/99 hat eine ereignisreiche Geschichte hinter sich, die am 1. Juli 1964 mit der Fusion mit dem Duisburger Spielverein (SpV) zu Eintracht Duisburg endete. Fünf Jahre zuvor erlebte der Verein, aus dessen starker Jugendarbeit auch Weltmeister-Torwart und „Fußballgott“ Toni Turek entstammt, noch einmal einen absoluten Höhepunkt: Der TuS wurde 1959 erst Meister der Verbandsliga Niederrhein, anschließend noch Westdeutscher Amateurmeister, stieg damit in die 2. Division auf und durfte zudem an der Deutschen Amateurmeisterschaft teilnehmen.
Dort scheiterten die Duisburger erst im Halbfinale äußerst unglücklich an Arminia Hannover. Im heutigen Stadion der 96er schied der TuS durch ein 1:2 (1:1) nach Verlängerung aus. „Den Namen des Schiedsrichters weiß ich heute noch, weil ich selten so verpfiffen worden bin“, erinnert sich Willi Will. „Jede Ecke für uns endete kurz darauf mit einem Freistoß für Hannover. Unglaublich!“
Nur noch zwei Spieler der TuS-Erfolgself am Leben
Will ist einer von nur noch zwei lebenden Spielern der damaligen TuS-Erfolgself. Der andere ist Torwart Hermann Roß, der in der Saison 1966/67 mit Rot-Weiss Essen 21 Ligaspiele in der Bundesliga absolvierte. Will feierte später noch einige Erfolge wie den Aufstieg in die Regionalliga West mit dem Homberger SV.
Doch es geht um den TuS und für den lief es in der Meisterschaft der Saison 1958/59 mit am Ende 44:16 Punkten und 79:35 Toren rund. Dabei setzte der neue Mann an der Linie, Berufstrainer Fred Harthaus hatte zuvor einige Erfolge mit dem Duisburger SpV gefeiert, in der gesamten Saison lediglich 13 (!) Spieler ein. Die Mehrzahl der Kicker kam aus der starken eigenen Jugend und überzeugte unter anderem durch eine „kameradschaftliche Bindung“, wie es damals hieß.
„Wir haben unsere Spiele immer im Stadion Duisburg ausgetragen, weil unser eigentlicher Platz von den Engländern aus der Kaserne Wanheimerort belegt war“, erinnert sich Will, auch mit seinen 85 Jahren immer noch voll auf Ballhöhe.
Duisburg 48/99 wird Meister, Hamborn 90 steigt ab
Im letzten Spiel der regulären Verbandsliga-Saison ging es für beide Mannschaften um sehr viel. Der TuS benötigte noch einen Zähler, um sicher Meister zu sein. Kontrahent Hamborn 90 dagegen benötigte einen Sieg, um die Hoffnung auf den Klassenerhalt vor den „Restspielen“ der Konkurrenz am Leben zu erhalten. Vor 4000 bis 5000 Zuschauern im Wedau-Stadion, die Angaben der Reporter schwanken, setzte sich Tabellenführer TuS mit 3:1 (2:1) durch, bejubelte die Meisterschaft und schickte die „Roten Teufel“ aus Neumühl letztlich in die Landesliga.
Dabei waren die Hamborner durch Rudolf Zoglauer (42.) in Front gegangen. Angefeuert wurde der Außenseiter zudem von hunderten Anhängern des VfB Speldorf, der auf Rang zwei noch auf die Meisterschaft lauerte. Doch TuS-Mannschaftskapitän Paul Howahl (43.) und Theo Ullenboom (44.) drehten den Spieß noch vor der Halbzeit um, Hermann Sodermanns (59.) machte für den Favoriten sehenswert den Deckel drauf.
In der Aufstiegsrunde gegen Bonner FV und SpVg Beckum
Als Titelträger des Verbandes ging es für 48/99 in der Aufstiegsrunde zur II. Division gegen den Mittelrheinmeister Bonner FV und den Westfalenmeister SpVg Beckum. Bonn hatte zu Hause 4:1 gegen Beckum gewonnen, Duisburg „nur“ 3:1 (Tore: Sodermanns/2, Ullenboom), in Beckum.
„Unser Heimspiel gegen Bonn war also das entscheidende Endspiel“, so Will, der in der Presse stets viel Lob für seine Leistungen als Stopper erhielt. „Es war der Pfingstsonntag 1959, eine Bullenhitze und wir lagen in der ersten Halbzeit nach 25 Minuten schon mit 1:3 hinten, haben bis zur Pause aber noch auf 3:3 ausgeglichen.“
Zweite Hälfte für die Geschichte
Was dann folgte, dürfte kein Zeitzeuge vergessen haben. Der TuS fertigte den Mittelrheinmeister aus der damaligen Regierungssitz-Stadt durch ein Feuerwerk in Halbzeit zwei vor 5000 begeisterten Zuschauern in der neuen Fugmann-Kampfbahn (heute Leichtathletikstadion am Kalkweg) am Ende mit 9:4 ab und feierte die Westmeisterschaft. Howahl (3), Sodermanns (3), Ullenboom (2) und Erhard Kühne erzielten die Tore. „Die Bonner haben in der zweiten Halbzeit ganz schön abgebaut“, so Willi Will, dessen Mitstreiter ihre Fitness gnadenlos und effizient ausnutzten.
Vor 100.000 Zuschauern in Berlin
Lohn im 60. Jubiläumsjahr der Fußballabteilung war der Siegerkranz sowie der Aufstieg in die Zweite Liga West. Einer der Gegner dort: Bayer 04 Leverkusen. „Mit dem Aufstieg wurden wir alle zu Vertragsspielern“, so Will. Das Salär? „Unterschiedlich, aber höchstens 400 DM, zumindest offiziell…“
Die Geschichte des TuS Duisburg 48/99
Der TuS Duisburg 48/99 war ein Sportverein aus Duisburg. Der Verein spielte neun Jahre lang in der damals erstklassigen Gauliga Niederrhein, deren Meister er 1937 und 1942 wurde, und stellte mit Hans Biallas (3 Länderspiele 1938/39), Willy Busch (13/1933-36, WM-Teilnehmer 1934), Hermann Flick (1/1929), Walter Günther (4/1935–1937), Friedel Holz (1/1938) und Heinz Ludewig (1/1914 für Viktoria) sechs deutsche Nationalspieler.
Im Jahr 1899 wurde der Duisburger FK 1899 gegründet, der vier Jahre später mit dem 1893 gegründeten SV Viktoria Duisburg zum Duisburger SV Viktoria fusionierte. 1921 kam es zur Fusion mit dem Duisburger TV von 1848 und dem SV Borussia Duisburg zum Duisburger TSV 1848. Der SV Borussia („Turn-Borussia“) entstand 1921 durch die Fusion des SV Borussia Rheinhausen und der Duisburger Turngemeinde für Erwachsene.
Im Rahmen der Reinlichen Scheidung kam es 1923 zur Aufspaltung in den Duisburger TSV 1899 und den Duisburger TV 1848. 1938 wurden beide Vereine vom nationalsozialistischen Fachamt Fußball wieder zum TuS Duisburg 48/99 vereint. Zwischen 1943 und 1945 bildete der TuS 48/99 eine Kriegsspielgemeinschaft mit dem Duisburger Spielverein, mit dem er am 1. Juli 1964 zum heutigen Verein Eintracht Duisburg fusionierte.
Die Duisburger durften als Westdeutscher Vertreter an der Deutschen Amateurmeisterschaft teilnehmen. Der erste Gegner war der gastgebende SV Norden-Nordwest in Berlin. „Für jeden unserer Spieler war es der erste Flug überhaupt. Und nach Berlin durfte ja nicht einmal die Lufthansa fliegen, nur die Alliierten. Hin mit Air France, zurück mit British Airways“, so der TuS-Abwehrchef, neben dem auf der linken Seite in der Defensive der Niederrheinauswahl damals übrigens Otto Rehhagel agierte.
Im damals noch nicht durch eine Mauer geteilten Berlin behielten die Duisburger mit 3:1 (0:1) die Oberhand. Es war das Vorspiel der Partie Tasmania Berlin gegen den Hamburger SV in der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft, das die Norddeutschen vor rund 100.000 Zuschauern durch zwei Treffer von Uwe Seeler mit 2:0 gewannen.
„Das Olympiastadion und die Kulisse waren ein ganz besonderes Erlebnis“, so Will, der dem gefährlichsten Berliner Angreifer Kunkel kaum eine Chance ließ. Rund 40.000 Zuschauer waren es beim Anpfiff des Amateurspiels im sich dann schnell komplett füllenden Olympiastadion. Vor so vielen Zuschauern hatte noch keine Mannschaft aus Duisburg zuvor gespielt. Der Zuschlag für die Doppelveranstaltung betrug 50 Pfennig. Ostberliner zahlten mit Ostmark.
Die Treffer für die Gäste, die fast eine Stunde einem Rückstand hinterher liefen, erzielten Howahl (2) und Ullenboom. Will bekam in der Hauptstadt auch noch ein Krankenhaus von innen zu sehen, da er sich am Tag nach dem Spiel beim Baden am hoteleigenen Wannsee-Strand den Fuß aufschnitt.
Im Halbfinale wartete der Niedersachsen-Meister Arminia Hannover. Die Duisburger hatten sich bereit erklärt, erneut auswärts anzutreten, allerdings im neutralen Niedersachsen-Stadion, nicht auf dem Heimplatz von Arminia Hannover. Vor diesmal „nur“ 7000 Zuschauern hatten die Gäste bereits einige gute Möglichkeiten ungenutzt gelassen, ehe Sodermanns (29.) die hochverdiente Führung erzielte.
Klarer Elfmeter nicht gepfiffen
Doch in Halbzeit zwei wurden die Gastgeber stärker und glichen aus (55.). TuS-Torwart Roß und einmal auch Will auf der Linie verhinderten den Rückstand. Bitter: Beim klaren Foul an Sodermanns im Strafraum (88.) blieb der fällige Pfiff des wenig unparteiischen Günter Sparing aus Kassel aus.
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„Wie gesagt: Den Schiedsrichter werde ich nie vergessen“, so Willi Will, der seit 1976 in Hamminkeln am Niederrhein lebt, über das Halbfinale der Deutschen Amateurmeisterschaft, das der TuS Duisburg 48/99 durch einen Gegentreffer in der 96. Minute durch Heinz Mnich und trotz eines Sturmlaufs in der Schlussphase mit 1:2 verlor. Das Ende einer trotzdem überragenden Saison. Im DM-Finale unterlag Hannover dem südbadischen FC Singen 04 mit 2:3.
Als Vizemeister der Saison 1962/63 hinter dem punktgleichen VfB Bottrop qualifizierte sich der TuS für die neu geschaffene Regionalliga West. Aus dieser stiegen die Duisburger kurz vor der Fusion als Vorletzter wieder ab. Aber das ist eine andere Geschichte. Dieser Bericht soll an die Saison 1958/59 erinnern, als der Tus 48/99 ein sehr erfolgreiches Stück Duisburger Fußballgeschichte schrieb.