Duisburg. Trainer Torsten Lieberknecht spricht von einer schon jetzt „historischen Saison.“ Am Montag trainiert der MSV Duisburg in Zweiergruppen.

Am Montag kehren die Drittliga-Fußballer des MSV Duisburg in Meiderich auf den Trainingsplatz zurück. Die Zebras üben in Zweiergruppen. Chefcoach Torsten Lieberknecht erlebt in diesen Wochen im Zuge der Corona-Krise die ungewöhnlichste Phase seiner Trainerlaufbahn. Hermann Kewitz sprach mit dem 46-Jährigen.

Herr Lieberknecht, wie ist das Trainerleben mit einer Mannschaft im Homeoffice?

Lieberknecht: Ich befinde mich im Wartezustand, bis wir wieder raus dürfen in Richtung Platz. Ab Montag dürfen wir zumindest wieder in Kleingruppen zu zweit in Meiderich auf dem Platz trainieren. Man weiß aber nicht, wann und wie es mit dem Liga-Betrieb wieder losgeht. Ich gehe davon aus, dass die Spiele durchgeboxt werden. Ich sensibilisiere auch die Spieler, dass es wieder weitergeht.

Wie halten Sie die Spieler bei Laune und in Form?

Jeder Spieler hat das Gebot, sich fit zu halten. Wir als Trainerteam unterstützen sie dabei. Wir bereiten ein attraktives Individualtraining. Sie sollen dabei auch Spaß empfinden. Unsere Jungs sind ja froh, dass sie mal rauskommen und joggen gehen können. In der vergangenen Woche haben wir ihnen zusätzlich Videos mit einzelnen Szenen aus unseren Spielen geschickt. Unsere Spielidee und Abläufe sind uns wichtig. Die sollen in Erinnerung bleiben. Wir haben bewusst damit gewartet, damit wir noch was im Köcher haben.

Auch interessant

Wie versuchen Sie die Spannung hochzuhalten, zumal niemand genau sagen kann, ob es wirklich weitergeht?

Das sind Profis und dazu gehört es, auch selbst für die notwendige Motivation zu sorgen. Wir sensibilisieren die Spieler, fokussiert zu bleiben, damit sie bereit sind, wenn es wieder weitergeht. Wir haben ein großes Ziel vor Augen. Die Kunst liegt darin, den Jungs dies weiter zu vermitteln. Natürlich bedeutet diese Pause eine große Herausforderung. Es liegt darin auch eine gewisse Würze. Den Aufstieg zu realisieren – und das bei all den Widrigkeiten –, das wäre eine ganz große Leistung. Die Saison ist bereits historisch und wird immer in Erinnerung bleiben. Mit dem Aufstieg in dieser Spielzeit können wir dann selbst ein eigenes Stück Geschichte schreiben.

Wie halten Sie Kontakt zur Mannschaft?

Die einzelnen Trainingspläne und die Videos schicken wir über unsere WhatsApp-Gruppe. Ich selbst bin eher schreibfaul und telefoniere lieber mit meinen Spielern. So bleiben wir direkter in Verbindung. Natürlich bin ich auch ständig mit Ivo Grlic, Ingo Wald oder Michael Klatt im Austausch.

Haben Sie die Trainingspläne für die Zeit von dem Neustart bereits geschrieben?

Ich habe sie im Kopf vorbereitet. Mehr geht nicht, denn noch weiß niemand, wann wir wieder mit dem Mannschaftstraining anfangen können. Sind das zwei Wochen oder vielleicht nur drei Tage vor dem ersten Spiel? Wir werden vor allem in Taktikblöcken trainieren. Die Offensive und die Defensive sowie die Mannschaftstaktik werden im Fokus stehen.

Wird ihre Mannschaft da anknüpfen können, wo sie beim 1:0 gegen Magdeburg aufgehört hat?

Niemand von uns ist schon mal mit einer solchen Situation konfrontiert worden. Das macht es schwer zu philosophieren. Ich schaue auf meinen Kader und unsere Situation. Da kommen elf Spiele in kurzer Folge auf uns zu. Dafür sind die Voraussetzungen mit dem relativ kleinen Kader zu schaffen. Der Schutz des Spielers muss angesichts der hohen Belastung im Vordergrund stehen. Was schon jetzt feststeht: Jeder wird gebraucht. Jeder ist wichtig.

Wann Torsten Lieberknecht beim MSV Duisburg wieder zum Mannschaftstraining bitten darf, steht noch in den Sternen.
Wann Torsten Lieberknecht beim MSV Duisburg wieder zum Mannschaftstraining bitten darf, steht noch in den Sternen. © firo Sportphoto | firo Sportphoto / Volker Nagraszus

Wie sehen Sie die Gefahren einer Ansteckung mit dem Corona-Virus?

Die Sorge um eine dann nach wie vor mögliche Ansteckung spielt ebenfalls eine Rolle. Wie gehen wir alle damit um? Da ist viel Einfühlungsvermögen gefragt. Ich mache mir Gedanken, um die Gesundheit meiner Spieler. Ich erwarte ein schlüssiges Konzept, wie diese Situation sicher gehandhabt wird. Wir wissen ja alle, was passiert, wenn Spieler erkranken.

Was halten Sie von Geisterspielen?

Ich spiele lieber vor Publikum. Mit der Meinung stehe ich sicher nicht allein. Ich habe mich gefragt, mit was ist so ein Geisterspiel zu vergleichen. Vielleicht mit unserem Test im Trainingslager in Portugal gegen Portimonense. Da waren nur wenige Zuschauer und Journalisten da. Trotzdem bleibt die Unsicherheit: Was passiert unter Ausschluss der Öffentlichkeit in einem Stadion und in einem Punktspiel? Wenn du auf einmal jedes Wort hörst.

Welche Auswirkung kann das haben?

Wir können ja mal Ivo Grlic darauf ansprechen. Der hat ja 2004 mit Alemannia Aachen ein Geisterspiel mitgemacht. Es ist ein anderes Spiel. Für die einen ist das eher ein Vorteil, für die anderen ein Nachteil. Ich möchte gar nicht soweit denken. Wie das dann wird, das wird dann die Erfahrung aus den Spielen zeigen. Ich kann es nur noch einmal sagen: Sollten wir unter diesen Umständen den Aufstieg schaffen, dann haben wir Großes geleistet.

Wie sollte verfahren werden, wenn es wirklich in dieser Saison nicht weitergeht?

Wenn wir die Saison ad acta legen müssen, dann sollte man die Hinrundentabelle als Maßstab für die Aufstiegsregelung nehmen. Das erscheint mir fair, weil dann jeder einmal gegen jeden gespielt hat. Ich bin dafür, dass es bei einem Abbruch keine Absteiger gibt. Die Ligen sollten aufgestockt werden. Da bin ich ein Fan von.