Duisburg. Scouting statt Training: MSV-Coach Thomas Gerstner nutzt die Freizeit, um Videos zu studieren und die Saisonplanung der Zebras voranzutreiben.

Thomas Gerstner lässt sich die ihm verbliebenen Freiheiten nicht nehmen. Er geht jeden Tag joggen; mit seiner Ehefrau steigt der in Düsseldorf lebende Trainer der Bundesliga-Fußballerinnen des MSV Duisburg zudem so oft, wie es geht, aufs Rad. Frische Luft und Sonne tanken. Angesichts der Temperaturen am Wochenende wird dazu wieder Gelegenheit sein. Seinem eigentlichen Job kann er während der Corona-Krise zumindest unter freiem Himmel nicht nachgehen – zu tun hat der frühere Bundesliga-Profi aber trotzdem genug.

„Gott sei Dank haben wir ja jetzt viel Zeit, uns potenzielle Neuzugänge anzuschauen“, sagt der 53-Jährige. Das Scouting betreibt Gerstner mit seiner „kleinen Hausband“, wie er sein Team augenzwinkernd nennt, sonst neben der Arbeit auf dem Trainingsplatz. Nun kann er sich voll darauf konzentrieren, die Filmaufnahmen aller anderen Bundesligisten zu studieren und so zumindest virtuelle Planungen einer neuen Saison in die Wege zu leiten.

Gerstner will Bundesliga-Aufstockung

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Die Fragen nach dem „ob“, dem „wann“ und dem „wie“ müssen da erst einmal hinten anstehen. Gerstner geht davon aus, bald wieder auf dem Platz zu stehen und dann auch irgendwann die Spielzeit zu beenden, in der sein Team aktuell einen Nichtabstiegsrang einnimmt, der aber wackelig genug ist, weil der direkte Konkurrent 1. FC Köln noch ein Spiel mehr auszutragen hätte.

„Plan A ist, die Saison zu Ende zu spielen. Aber natürlich muss man einen Plan B und C in der Tasche haben“, so Thomas Gerstner. Schon vor der aktuellen Krise hatte er dafür plädiert, die 1. Bundesliga auf 14 Klubs aufzustocken. In diesem Fall bliebe auch der FF USV Jena erstklassig, der vor einem Zusammengehen mit dem Männer-Nachbarn FC Carl Zeiss steht. Aufsteiger wären aktuell Werder Bremen und der SV Meppen.

Konkurrent Köln erhöht Engagement

Die Frage, welche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit den ohnehin schon mit einem knappen Etat arbeitenden MSV-Frauen angesichts der viel diskutierten Probleme des Hauptvereins nach der Wiederaufnahme des Spielbetriebs noch bleiben wird, muss auch den Trainer beschäftigen. Schon etwas erstaunt hat er da zur Kenntnis genommen, dass Abstiegskonkurrent Köln mitten im Corona-Chaos für die kommende Saison Stürmerin Sharon Beck aus Hoffenheim und Nationalspielerin Lena Lotzen vom SC Freiburg verpflichtet hat. In der Domstadt scheint das Engagement nicht geringer zu werden – im Gegenteil.

In Duisburg wären sie da schon froh, die aktuellen Leistungsträgerinnen halten zu können. Lisa Makas zum Beispiel: Die Angreiferin ist derzeit in ihrer österreichischen Heimat; auch Danica Wu (Kanada), Claire O‘Riordan (Irland) und Lucia Harsanyova (Slowakei) halten sich außerhalb von Deutschland auf. Kristina Maksuti, die zwar für Albanien spielt, aber US-Staatsbürgerin ist, hat es ebenso vorgezogen, hier zu bleiben wie die Neuseeländerin Meikayla Moore. Sie halten mit ihren Teamkolleginnen Kontakt über eine WhatsApp-Gruppe. „Es wird auch viel telefoniert“, sagt Thomas Gerstner, der aber guter Hoffnung ist, seine Spielerinnen bald wiederzusehen.