Düsseldorf. Wer erinnert sich nicht an jenen tränenreichen Samstag von Babelsberg? Nach dem 0:1 beim Zweitliga-Neuling und dem sportlichen Abstieg in die Viertklassigkeit war die kuriose Saison 200/2001 aber noch nicht beendet. Zwei Lizenzentzüge retteten Fortuna die Klasse. Der dritte Teil der Fortuna-Serie “Einmal Oberliga und zurück“.
Wer erinnert sich nicht an jenen tränenreichen Samstag von Babelsberg? Sicher doch jene unter den gut 3000 Fortuna-Fans, die am Zaun des Karl-Liebknecht-Stadions im einstigen Potsdamer Filmviertel ihrer Trauer nach dem 0:1 beim Zweitliga-Neuling und dem daraus resultierenden sportlichen Abstieg der Rothemden in die Viertklassigkeit ihrer Trauer freien Fluss ließen.
Der Wahnwitz führte Regie
Doch die Saison 2000/2001 war in ihrer kompletten Kuriosität noch nicht zuende. Zwei Lizenzentzüge retteten den Fortunen die Klasse. Sachsen Leipzig streckte finanziell die Waffen, beim SV Wilhelmshaven arbeitete das Faxgerät zehn Minuten zu langsam. Doch konnte man sich wirklich über diese Rettung freuen?
Sportlich hatte Fortuna stets am Abgrund getaumelt. Hinter den Kulissen hatte der Wahnwitz die Regie. Präsident Helge Achenbach entließ im Wintertrainingslager in Albufeira/Portugal seinen Retter, Aleksandar Ristic. „Zwischen ihm und den Spieler gab es einen Riesenspalt“, so Achenbach. Der hatte plötzlich mit Teammanager Uwe Fuchs und Coach Tim Kamp zwei Trainer am Start. Ristic und Geschäftsführer Paul Jäger gaben am Flinger Broich eine eigene Pressekonferenz. In der sie Achenbach kritisierten. Der Kunsthändler übte sich wenig später in medialer Selbstgeißelung: „Ich bin als Präsident gescheitert. Wir haben insgesamt eine Scheißleistung gezeigt.“
Von 1986 bis 2001, so rechnete damals die NRZ aus, hatte Fortuna 330 Spieler, 16 Trainer, fünf Präsidenten, 15 Präsidiumsmitglieder, acht Marketingleiter – und 13-mal die Liga gewechselt. Bevor ein neues Trio die Fortuna-Geschicke mit forschem Ehrgeiz lenken sollte, spielte sich das „Kommando rettet Fortuna“ in den Vordergrund. Mitarbeiter der damaligen Düsseldorfer Illustrierten „die sport“ hatten die Elfmeterpunkte vom Rasen des Paul-Janes-Stadions entführt, versuchten drei Wochen lang, Oberbürgermeister Joachim Erwin und Düsseldorfer Wirtschaftsunternehmen auf die kuriose Art, für die Fortuna zu begeistern. Der Wasserentzug für die Rasenkreise mit Kreide obendrauf beschäftigte sogar die „Süddeutsche Zeitung“.
Die Verzweiflungsrufe gelangten immerhin bis zu den Toten Hosen. Campino und Co. steuerten im Sommer 2001 immerhin eine Million Mark dazu bei, erneut in der Regionalliga antreten zu dürfen. Das Dress mit dem schwarzen Totenkopf auf rotem Stern verkaufte sich gut. Was man von der Mannschaft nicht behaupten konnte. Der obligatorische Trainerwechsel, diesmal von Tim Kamp zu Stefan Emmerling, brachte nichts. Drei Spieltage vor dem Ende besiegelte ein 2:3 gegen Braunschweig den Abstieg.
Gerade der März 2002 war bewegt. 21 000 Fans sahen das letzte Fortuna-Match im Rheinstadion: ein 1:1 gegen Rot-Weiss Essen. Zwei Tage zuvor hatte sich die Metro AG entschieden, mit mehreren Millionen Mark bei den DEG-Eishockey-Cracks einzusteigen, während Geschäftsführer Paul Jäger gerade den halben Etat für eine Regionalliga-Lizenz zusammen hatte.
Am Ostersonntag flippten Fortuna-Zuschauer nach dem 0:2 im Paul-Janes-Stadion gegen den 1. FC Magdeburg aus. 200 Aggressivisten drängten die Ordner beiseite, stürmten den Rasen, warfen Mülltonnen in die Ränge und zogen vor dem verblüfften Gäste-Anhang blank. Die junge Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus war das schon in Sicherheit gebracht worden.
Rheinstadion geschrottet
Wenige Tage später wurde bekannt, dass die WM 2006 ohne Düsseldorfer Beteiligung steigen würde. OB Erwin hielt dennoch am Plan fest, das Rheinstadion zu schrotten und eine neue Arena bauen zu lassen. Nicht Fortuna, nein, die Footballer von Rhein Fire hatten am 22. Juni 2002 den letzten sportlichen Auftritt in der WM-Arena von 1974. 53 109 Zuschauer sahen eine 20:26-World-Bowl-Finalniederlage gegen Berlin Thunder. Live übertragen in ganz Europa und nach Nordamerika. Beim Magdeburger Mülltonnenwurf gab’s keine Kameras. Auch ein Zeichen dafür, wie tief Fortuna im öffentlichen Erscheinungsbild vor zehn Jahren gesunken war.
Das wusste auch ein neues Präsidiumstrio nicht zu bessern. Michael Steffes-holländer, der unter anderem über den Verkauf von Rasenparzellen im Janes-Stadion Bares in die Kasse holen wollte, stolperte über Betrugsvorwürfe seines Arbeitgebers Deutsche Post AG. „Vize“ Werner Nowak hatte genau deshalb vorher schon den Hut genommen, Schatzmeister Kai Seibel folgte wenig später. In die Oberliga Nordrhein ging es mit einem Ur-BV-04-Funktionär, Karl-Heinz „Charly“ Meyer.