Düsseldorf. Fortuna kehrt nach 15 Jahren Abstinenz in die Fußball-Bundesliga zurück. Dieser profane Satz, der bei allen rot-weißen Sympathiesanten für Schmetterlinge im Bauch hätte sorgen sollen, fühlte sich am späten Dienstagabend eher an wie eine Magen-Darm-Grippe. Und war gestern in Frage gestellt. Die Blicke vieler Protagonisten waren versteinert. Vorstandschef Peter Frymuth musste sich, ganz gegen seine sonst geschliffene Zunge, wiederholen.

„Das darf einfach nicht passieren!“ lautete vier-, fünfmal der Frymuth’sche Kopfschüttelsatz, der das Bengalofeuerwerk aus dem Hertha-Block, den verfrühten Platzsturm tausender Fortuna-Anhänger und die anschließende 28-minütige Spielverzögerung des 2:2 zusammenfasste, da Fortuna eigentlich in die Bundesliga gebracht hatte.

Unwürdig und gefährlich

Während der DFB-Kontrollausschuss gestern die Ermittlungen zum unwürdigen, gefährlichen Arena-Abend aufnahm, legten die Herthaner Protest gegen die Spielwertung ein. „Der Schutz der Hertha-Spieler war nicht mehr gewährleistet, ein regulärer Spielbetrieb am Ende nicht möglich“, hieß es in einer Erklärung von Manager Michael Preetz.

Fortuna-Vorstand Frymuth sah das gestern Abend anders: „Das Spiel ging ordnungsgemäß zuende. Und es gab auch kein Sicherheitsproblem, wie die Polizei versichert hat.“ Freitag um 13.30 Uhr wird das Schiedsgericht darüber beraten. Ob’s zu einem Wiederholungsspiel kommt, ist Kaffeesatzleserei.

Allein dass die über eine Million Euro teure LED-Bande der Deutschen Fußball-Liga nach einem Pyrotreffer kokelte, könnte der Fortuna schon teuer zu stehen kommen. Von Strafen seitens der Liga ganz zu schweigen. Ob es sich am Ende noch um ein „normales“ Fußballspiel gehandelt hatte? Hertha-Anwalt Christoph Schickardt ergriff noch am Abend bei Sky Sport News Partei für seine Mandanten: „Die Hertha-Spieler hatten Todesangst, hier weiterzuspielen. Ein Fußballspiel, das nicht geordnet abläuft, muss wiederholt werden.“

Sehr diskutabel war auch die Aussage von Fortuna-Sportvorstand Wolf Werner: „Die Hertha-Spieler wollten einen Abbruch provozieren und sich in etwas hineinretten, was sie nicht verdient hatten.“

Organisationschef Sven Mühlenbeck, der für den reibungslosen Ablauf bei Fortuna-Matches mitverantwortlich ist, war gestern wenig begeistert: „Ich bin konsterniert und brauche noch ein bisschen, um alles zu sortieren.“

In der NRZ-Redaktion meldeten sich erboßte Leser, die wegen Verletzung der Aufsichtspflicht durch Arena-Mieter Fortuna beim Spiel mit einer Strafanzeige gegen den Klub drohten. Fortuna-Aufsichtsratschef Dirk Kall konnte sich nicht freuen: „Wir haben ein schlechtes Bild abgegeben, keine Frage.“

Hertha-Cheftrainer Otto Rehhagel hätte sich einen besseren Abgang gewünscht: „Fortuna hat sich das große Glück erkämpft. Die Begleitumstände waren eine Katastrophe. Die Zuschauer nehmen sich das Recht raus, hier Einfluss zu nehmen. Das müssen gerade die Medien mal härter kritisieren.“

Fortuna-Coach Norbert Meier blickte in der Pressekonferenz trotz seines größten Karriereerfolgs als Trainer betrübt drein. „Wir haben eine Fußball-Sensation geschafft. Ich bin letztlich sehr froh, dass Referee Wolfgang Stark die Übersicht behalten hat und nichts schlimmeres passiert ist.“

Übrigens: In ähnlicher Situation des Platzsturms gab es schon einmal eine Spielwiederholung. Am letzten Spieltag der Zweitliga-Saison 1983/84 wurde bei Schalke 04 – Rot-Weiss Essen (5:0) der RWE-Keeper von einem Zuschauer verletzt und musste in der Nachspielzeit durch einen Feldspieler ersetzt werden. Es gab eine Neuansetzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Schalke siegte 3:2 und schickte Essen damals in die Oberliga.