Düsseldorf. Warum einige Fans an der Qualität des Trainers zweifeln und warum das überhaupt keinen Sinn für den Zweitligisten ergibt

Die Fußball-Saison 2023/24 ist inzwischen Geschichte. Aber ganz loslassen können die Anhänger und alle anderen Beteiligten der Fortuna sicherlich noch nicht. Auch Trainer und Spieler befinden sich noch zumindest am Rand des Gedanken-Karussels, dass sie nicht loslässt und immer wieder auf die 120 Minuten plus Elfmeterschießen des Relegations-Rückspiels zurückführt. Das geht sogar soweit, dass einige Anhänger den Rücktritt von Trainer Daniel Thioune fordern, obwohl dieser die Mannschaft nach einer insgesamt großartigen Zweitliga-Saison auf den dritten Platz geführt hat. Zum Glück für den Verein sind es nur wenige Unzufriedene, die sich mit dem Ergebnis der Relegation nicht abfinden wollen. Der VfL Bochum, und damit Bessere an diesem schicksalhaften Abend hat schließlich gewonnen und letztlich die Bundesliga verdient.

Fortuna war in diesem Spiel nicht gut genug, und eigentlich muss nun der Blick ausschließlich nach vorne gehen, um sich bestens gerüstet auf die neue Saison vorzubereiten. Das heißt nicht, dass zuletzt alles gut war, sondern Spieler, Trainer und Verein müssen das Gelernte aufnehmen und es fortan besser machen. Das ist leicht gesagt, weil einige gute Spieler den Verein wohl verlassen werden. Aber auch in der vergangenen Saison ist es der sportlichen Leistung gelungen, letztlich eine schlagkräftige, wenn auch kleine Truppe aufzubieten, die dann am Aufsteig nur knapp vorbeischrammte. Die Befürchtung, dass Fortuna jetzt durchgereicht wird in die Niederungen der Tabelle, muss niemand haben.. Zu großen Respekt muss Fortuna Düsseldorf vor Mannschaften wie dem 1. FC Köln, Schalke 04, Hertha BSC oder dem Hamburger SV auch nicht haben. Das hat die Vergangenheit deutlich vor Augen geführt, dass auch die vermeintlichen großen Klubs nur mit Wasser kochen.

Hat Daniel Thioune seine Mannschaft nicht stark geredet?

Kommen wir noch einmal auf die Kritik am Trainer zurück. Daniel Thioune wird vorgeworfen, seine Mannschaft „vercoacht“ zu haben. Das bedeutet, dass er mehr oder weniger sehenden Auges, die Katastrophe in Kauf genommen hat. Was man ihm vielleicht in seinen öffentlich geäußerten Kommentaren vorwerfen könnte, ist die Tatsache, dass er zwischen Hin- und Rückspiel immer wieder warnend vor der Klasse des Bundesligisten aus Bochum den Zeigefinger gehoben hat. Damit hat er die Stärke der Konkurrenz hervorgehoben, den Gegner stark geredet, um sein Team zu sensibilisieren und zu warnen. Über die Klasse der eigenen Mannschaft, die breite Brust, die die Spieler vor allem nach der zweiten Hälfte in Bochum haben konnten, hat Thioune zumindest öffentlich zu wenig geredet.

Zwischen äußerer Darstellung und den im Mannschafts- und Vereinskreis getätigten Äußerungen muss aber unterschieden werden. Die eben geäußerte Wahrnehmung hatten die Fans, weil die Infos ausführlich über die Medien an sie herangetragen wurde. Intern wird der Trainer anders geredet haben. Er hat versucht, sein Team gut vorzubereiten und hat den Spielern auch erklärt, was sie in Bochum so exzellent gemacht haben. Sein Versäumnis war wohl, dies nicht öffentlich genug gemacht zu haben. Deswegen hatten einige Beobachter wohl die Annahme, dass die Fortunen viel zu ängstlich ins Spiel gegangen seien.

In diesen Zusammenhang passt es auch, dass Daniel Thioune zwar die Bochumer für die Idee lobte, Elfmeterschießen zu üben. Das kam für ihn und seine Mannschaft nach seiner Meinung nach aber nicht für Fortuna in Frage.. Denn genau damit hätte er Zweifel an seinem Team geäußert, dass seine Spieler es nicht schaffen würden, den Vorsprung über die Zeit zu bringen. Sicherlich hätte man das auch so verkaufen können, dass man sich hinterher nichts vorwerfen lassen und auf alle Exremfälle vorbereitet sein wollte. Doch im Hinterkopf wären Zweifel aufgekommen, das der Trainer seinen Spieler zu wenig zutraut.

Was soll ein Trainer vor dem Elfmeterschießen machen, wenn sich sechs Spieler melden und meinen, sie wären sicher, ihren Elfmeter zu verwandeln. Es handelte sich um eine Extremsituation und der Pechvogel Takashi Uchino wäre vielleicht auch später noch drangekommen, wenn alle weiteren Schützen (Kastenmeier, Daferner, Zimmermann, Iyoha) noch getrofen hätten. Der U21-Nationalspieler aus Japan ist übrigens mit 23 Jahren sogar älter als Isak Johannesson (21 Jahre) und Christos Tzolis (22), die zuvor ebenfalls geschossen hatten. Zudem genießt Uchino auch innerhalb des Teams sicherlich nicht nur den Ruf eines Ergänzungsspielers. So kann man die Entscheidung des Trainers verstehen, der froh war, dass sich inklusive Uchino sechs Spieler zum Elfmeterschießen gemeldet hatten - und sich sicher waren, zu verwandeln.

Eine Entscheidung des Klubs gegen den Trainer wäre trotz des Scheiterns eine sportliche Bankrotterklärung

Dass Daniel Thioune dem Schicksal 75 Minuten im Spiel seinen Lauf ließ, ohne einzugreifen, führt natürlich auch an der Wahrheit vorbei. Der Trainer hat jede kleinste Unterbrechung genutzt, um seine Spieler moralisch wieder aufzubauen und ihnen Mut für den weiteren Verlauf zu geben. Mit den Einwechslungen hat sich Thioune tatsächlich schwer getan, weil er Ao Tanaka und Marcel Sobottka gerne weiter auf dem Platz gesehen hätte, falls es möglich gewesen wäre. Nur bei dem Verzicht auf Shinta Appelkamp für die kompletten 120 Minuten plus Elfmeterschießen sah es im nachhinein so aus, als würde Thioune das nachträglich für einen Fehler gehalten haben. Die Erklärung, einen offensiven Spieler nicht bringen zu können, weil dieser dann jemand ablöst, der sich zuvor um Bochums Spielmacher Kevin Stöger gekümmert hatte, zieht nicht so richtig.

Fazit: An der Qualität des Trainer zu zweifeln, ist nicht nur unfair. Gerade in dieser schweren Situation für den Verein verbietet sich eine Trennung von Daniel Thioune auf jeden Fall. Fortunas Chefcoach hat es über die zweieinhalb Jahre seiner Tätigkeit geschafft, die Mannschaft immer weiter zu verbessern. Hätte er nicht so viele Verletzungssorgen gehabt, wäre das Spiel seiner „geilen Truppe“, wie er selbst sagt, bereits in der Hinrunde so stabil wie über zwei Drittel der Rückrunde gewesen. Zudem hat er aus einigen Spielern absolute Stammkräfte wie Tim Oberdorf und Jamil Siebert gemacht und auch die Karriere von Christos Tzolis wieder ans Laufen gebracht. Es ist nicht nur ein Verdienst der Teamchemie, dass da eine eingeschworene Truppe auf dem Platz stand. Auch die Art von Thioune, wie er die Mannschaft führte, war ein Garant für gute Leistungen und die Tatsache, dass sich die Spieler eigentlich fast immer für die Fortuna und ihre Fans zerrissen haben. Dass ein Trainer perfekt sein muss und keine Fehler machen darf, steht übrigens nirgends. Und zudem geht es hier um Menschen, die alle nicht so funktionieren wie seelenlose Roboter. Wie sehr Daniel Thioune darunter leidet, dass der Aufstieg nicht gelungen ist, zeigt, dass er ein wahrer Fortune ist.