Düsseldorf. Heinz Lucas wäre heute 100 Jahre alt geworden. Als Trainer stellte er von 1970 an die Weichen für die goldene Ära von Fortuna Düsseldorf.

Welcher Fußballlehrer hat Fortuna Düsseldorf in der 125-jährigen Geschichte die wichtigsten Impulse gegeben und mit ihr die größten Erfolge erzielt? Heinz Lucas war einer der Trainer, denen in dieser Auflistung ein Platz weit oben gebührt. Vielleicht sogar ganz oben. Denn in den knapp fünf Jahren seiner Tätigkeit in Düsseldorf stellte er von 1970 an die Weichen für Fortunas goldene Ära.

Er führte ihr Team, in dem der einstige Kapitän Fred Hesse seine erste Anlaufstation war, 1971 in die Bundesliga, und anders als nach dem ersten Aufstieg 1966 blieb der Klub anschließend jahrelang, bis 1987, erstklassig. Mit den dritten Rängen 1973 und 1974 glückten Fortuna die besten Platzierungen im Oberhaus, und als sie zweimal, 1979 und 1980, den DFB-Pokal gewann und 1979 in das Europacupfinale gegen den FC Barcelona (3:4 nach Verlängerung) einzog, standen noch sechs Spieler in der Mannschaft, die Lucas einst geformt hatte. Heute wäre Heinz Lucas 100 Jahre alt geworden. Er starb wenige Tage vor seinem 96. Geburtstag.

Anzeige im „Kicker“

Dank einer Anzeige im „Kicker“ kam Fortuna 1970 in Kontakt zum gebürtigen Berliner, der im Krieg verwundet worden war und sich deshalb mehr als 30 Operationen unterziehen musste. Die Ausbildung zum Fußballlehrer hatte er bei Weltmeistertrainer Sepp Herberger absolviert. Die Verantwortlichen der Fortuna um Bruno Recht und den heutigen Ehrenpräsidenten Hans-Georg Noack entschieden sich unter drei Bewerbern für ihn. Empfohlen hatte ihn Fortunas Spieler Benno Beiroth, der später auch als Funktionär für den Klub vom Flinger Broich tätig war. „Ich habe ihnen erzählt, dass er ein sehr menschlicher Trainer war. Das hat anscheinend dazu beigetragen, dass er hierher kam“, sagt Beiroth. „Als ich beim Heider SV spielte, kam Heinz zu uns und wollte mich unbedingt zum VfB Lübeck holen.“ Drei Jahre lang arbeiteten sie in der Hansestadt zusammen. Manches Mal war Beiroth bei Lucas und seiner Frau Delo, einer Sportlehrerin, zum Essen eingeladen. Eine Besonderheit des Hauses: Kirschstreusel. „Mit Sahne“, wie sich der heute 77-Jährige erinnert. „Und da gab es auch noch die feinen Kohlrouladen. „Heinz war ein toller, geradliniger, korrekter Mensch. Man konnte sich auf sein Wort verlassen“, betont Beiroth.

Als fachlich hervorragender Trainer und mit seiner Art väterlicher Fürsorge prägte Lucas – Kinder hatte er selbst nicht – die Mannschaft der Siebzigerjahre, in denen Dieter Herzog (Weltmeister 1974), Rainer Geye und Wolfgang Seel während seiner Tätigkeit bei Fortuna zu Nationalspielern reiften. Drei Jahre nach Lucas‘ Wechsel zum TSV 1860 München gab auch Gerd Zewe sein Debüt in der DFB-Elf und zählte in Argentinien zum deutschen WM-Kader. Heiner Baltes wurde ins deutsche Olympiateam bei den Spielen von München (1972) berufen, und auch er sagt: „Heinz Lucas war für mich eine Vaterfigur.“

Starker Zusammenhalt

Lucas sorgte dafür, dass etliche seiner einstigen Schützlinge auch nach ihrer Profikarriere noch jahrelang gemeinsam in einer von ihm betreuten Traditionsmannschaft spielten. Bis heute ist der Zusammenhalt der „Fortuna 70“ sehr stark, und das war vor allem auch das Verdienst ihres ehemaligen Chefs, der sich bereits in Schleswig-Holstein und später auch bei Fortuna mit einer äußerst akribischen Arbeitsweise auszeichnete. Jedes Spiel, aber auch jedes Training hielt Lucas schriftlich fest. Die fünf Ringbücher aus den Spielzeiten in Düsseldorf sind heute im Archiv der Fortuna.

Auch nach seiner Trainerkarriere blieb Lucas Fortuna und der Region Düsseldorf treu. Er lebte in Metzkausen und nach dem Tod seiner Frau in einer Erkrather Seniorenresidenz, wo ihn ehemalige Spieler gern zu besonderen Anlässen besuchten.