Am Niederrhein. Der Abschied vom Eisstadion an der Brehmstraße war für die Düsseldorfer EG im Spätsommer 2006 der Aufbruch in eine neues Eishockey-Zeitalter.

Ganz am Ende brannte auf dem Eis nur noch eine einsame Wunderkerze. Vier Minuten lang Abschied von einem Eisstadion, nein, von einem Eistempel, der 71 Jahre lang die Ur-Heimat der Düsseldorfer EG war. Das Bild der einsamen Wunderkerze, die für 10.000 Wunderkerzen zu Hochzeiten der rot-gelben Eishockey-Kultur an der Brehmstraße stand, war nicht spektakulär. Aber es symbolisierte passend, das es am 2. September 2006 um 20.35 Uhr vorbei war mit Profispielen im Zooviertel. Die Living Legends hatten die Honoured Rivals mit 11:7 besiegt. Das letzte Tor erzielte, natürlich, Chris Valentine, selber lebende Legende.

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Dann kam die Eismaschine, schüttete eine Schaufel Schnee auf den Mittelkreis. Den Beerdigungsmarsch mit Dudelsackmusik bewältigten DEL-Rekordspieler Daniel Kreutzer und fünf DEG-Fans. Etwas vom abgekratzten Brehmstraße-Eis kam in den DEB-Pokal, den die Cracks im Februar 2006 gewonnen hatten. Danach glimmte nur noch die Wunderkerze. Es war ein flackerndes Symbol für selige Düsseldorfer Eishockeyzeiten.

Valetine und Holdaway flogen von Kanada nach Düsseldorf

Diesen Schlusspunkt damals vor 14 Jahren, gut vier Monate nach einer mehr als würdigen Saison 2005/06, hatte Walter Köberle organisiert. Der olympische Bronzemedaillen-Gewinner von Innsbruck 1976 hatte fast alle DEG-Legenden für den Abschied gewinnen können. Petr Hejma flog aus Prag ein, Chris Valentine und Chuck Holdaway aus Kanada. An der Bande versammelten sich Xaver Unsinn, Hans Zach und Otto Schneitberger. Trainer-Institutionen.

Umzug von der Brehmstraße in den Rather Dome. Tausende an Fans der Düsseldorfer EG laufen mit.
Umzug von der Brehmstraße in den Rather Dome. Tausende an Fans der Düsseldorfer EG laufen mit. © NRZ | Winfried Göllner

„Es war ein tolles Fest, später auch in den Rheinterrassen. Und es war ein absolut bewegendes Wochenende, das wir danach so nicht mehr wiederholen konnten“, versichert Köberle (71), der immer noch als Repräsentant für die DEG unterwegs ist, im Gespräch mit der Redaktion.

Mit dem Marsch von Tausenden Fans am Vormittag nach dem Abschiedsspiel von der Brehmstraße zum Rather Dome an der Theodorstraße, der anfangs wegen seines muschelartigen Daches nur „Kuppel“ genannt wurde, war der Schritt vom traditionellen Stadion in eine moderne Arena physisch vollzogen. Es dauerte allerdings eine ganze Weile, bis sich die Anhänger mit dem Dome angefreundet hatten. Darüber konnten gerettetes Altbier-Lied und Schneewalzer, dazu günstige Stehplätze für die treue Anhängerschar fast direkt an der Bande nicht hinwegtäuschen.

Schmellenkamp: „Viel Charme, wenig Perspektive“

Doch es ging nicht anders. „Viel Charme, wenig Perspektive“, so erklärte der damalige DEG-Geschäftsführer Elmar Schmellenkamp die Aussichten für den achtmaligen Deutschen Eishockey-Meister. Dabei hatte gerade die Abschiedssaison 2005/06 noch einmal das Gemüt der Traditionalisten befeuert. Mit einer starken Truppe, mit dem Topsturm Daniel Kreutzer/Tore Vikingstad/Klaus Kathan etwa, mit Ex-NHL-Keeper Andrei Trefilov im Tor und einem brandneuen Cheftrainer namens Don Jackson an der Bande marschierte die DEG bis ins DEL-Finale durch.

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Unvergessen war dabei das fünfte, das entscheidende Halbfinale in Düsseldorf gegen die Kölner Haie. Es war eines der dramatischsten Spiele, das man an der Brehmstraße je gesehen hat. Die DEG lag fünf Minuten vor dem Ende 2:3 hinten, hatte aber Glück, dass Schiedsrichter Rick Looker die Haie mit zwei großen Strafen dezimiert hatte.

DEG-Torsteher Trefilov küsst das Eis

Trainer Jackson nahm dazu Torhüter Trefilov vom Eis und ließ tatsächlich Sechs gegen Drei ohne Keeper spielen. Finale oder Aus. „Ich wollte mich hinterher nicht selber dafür bedauern, zu lange gewartet zu haben“, erklärte Jackson später. Seine Jungs rissen das verloren geglaubte Spiel binnen 95 Sekunden mit drei Treffern aus dem Feuer. Craig Johnson, Tore Vikingstad und Patrick Reimer sorgten für ein Tollhaus. Ex-DEG-Trainer Hans Zach, der an der Kölner Bande gestanden hatte, tobte nach der finalen Sirene wütend vor den Unparteiischen.

Düsseldorfer Trainer-Legenden auf einem Bild: (von links) Xaver Unsinn, Hans Zach und Otto Schneitberger
Düsseldorfer Trainer-Legenden auf einem Bild: (von links) Xaver Unsinn, Hans Zach und Otto Schneitberger © NRZ | Helmut Müller

Torsteher Andrej Trefilov gönnte sich eine Solo-Runde, küsste vor lauter Freude das Eis. „Es ist ein großartiges Gefühl, noch mindestens ein weiteres Spiel hier machen zu dürfen“, frohlockte der Russe.

Es wurde allerdings auch nur noch eine weitere Partie. Die Eisbären Berlin entpuppten sich im Finale als zu stark. Reimers 5:3 gegen Köln sollte das letzte DEG-Profitor am Brehmplatz gewesen sein. Gegen den neuen Meister verloren die sichtlich müden Düsseldorfer das Heimspiel mit 0:2 – und zwei Tage später im alten Wellblechpalast zu Hohenschönhausen final.

Näher dran am neunten Eishockey-Meistertitel war die DEG nur noch in der Saison 2008/09 unter Trainer Harold Kreis. Wieder hieß Berlin der Finalgegner. Diesmal verlor die DEG mit 1:3 die Serie. Auf der Gegenseite jubelte Don Jackson. Es war eine seiner nunmehr acht DEL-Meisterschaften.

Das war die DEG-Saison 2005/2006:

Kader

Tor: Andrej Trefilov (37 Spiele), Alexander Jung (33), Daniel Petry (ohne Einsatz, 14-mal auf der Bank), Danijel Kovacic (ohne Einsatz, zweimal auf der Bank).

Abwehr: Jeff Tory (66 Spiele/15 Tore/41 Vorlagen), Mike Pellegrims (65/3/17), Alexander Sulzer (61/6/21), Todd Reirden (51/5/13), Chris Schmidt (65/6/7), Tommy Jakobsen (53/4/18), Marian Bazany (66/1/11), Robert Dietrich (4/0/0).

Angriff: Tore Vikingstad (66/30/47), Daniel Kreutzer (65/25/42), Klaus Kathan (65/32/29), Andrew Schneider (65/15/30), Chris Ferraro (56/8/25), Peter Ferraro (54/15/18), Patrick Reimer (63/13/19), Thomas Jörg (64/12/12), Craig Johnson (38/19/7), Fabian Bränn-ström (64/3/9), Florian Jung (66/3/5).

Trainer: Don Jackson.

Play-offs (Platz 3 in der Vorrunde)

Viertelfinale, Hamburg Freezers (Best of 7): 3:2 n.V. (Heim), 2:4 (Auswärts), 4:1 (H), 2:3 (A), 4:3 n.V. (H), 4:2 (A).

Halbfinale, Kölner Haie (Best of 5): 3:2 (H), 3:5 (A), 6:1 (H), 4:5 n.V. (A), 5:3 (H).

Finale, Eisbären Berlin (Best of 5): 1:6 (A), 0:2 (H), 2:6 (A).