Am Niederrhein. Der dänische Auftritt gegen Deutschland hat Eindruck hinterlassen. Trotzdem trauen die lokalen Fachleute dem DHB-Team noch eine Menge zu.
Luca D‘ Auria hat nicht nur italienische Wurzeln, sondern sogar die italienische Staatsangehörigkeit. Da hört es bei dem Trainer des Handball-Oberligisten MTV Rheinwacht Dinslaken II, dessen Großeltern der Arbeit wegen nach Deutschland einwanderten, aber schon auf. „Ich kann nicht mal Italienisch“, lacht der 32-Jährige, für den das bisher so starke Abschneiden der italienischen Nationalmannschaft bei der Handball-WM eine genauso große Überraschung wie für den Rest der Interessierten. Die positive Entwicklung im „Stiefel“ ist D‘Auria weitestgehend verborgen geblieben. Die Daumen drückt der frühere Linksaußen, der mit dem MTV 2019 Regionalliga-Meister wurde, nicht nur im direkten Duell beider Länder, das am Donnerstag um 18 Uhr ansteht, ganz klar dem deutschen Team: „Alles andere als ein Sieg wäre eine Enttäuschung.“
D‘ Auria findet Leistung gegen Dänemark ansprechend
Bei der klaren 30:40-Schlappe gegen den amtierenden Weltmeister und Mit-Gastgeber Dänemark am Dienstag sah der Reservecoach, der sein Amt in Dinslaken am Saisonende abgibt, die Mannschaft von Alfred Gislason gar nicht mal so schlecht: „Ich fand die Leistung ansprechend, aber Dänemark hat einfach auch eine unfassbare Klasse. Deutschland traue ich trotzdem absolut zu, ins Halbfinale einzuziehen, und dann ist ja sowieso viel möglich. Wobei ich mir auch vorstellen könnte, dass dann Schluss ist, wenn man auf Frankreich treffen sollte.“
Während D‘ Auria mit den Oberliga-Handballern des MTV II derzeit schon längst wieder um Punkte spielt, befindet sich Nils Homscheid noch in der Vorbereitung. Wegen der WM pausiert auch die zweite Liga in Deutschland aktuell. Der Voerder, der bei der SV 08/29 Friedrichsfeld zum Handball kam, ist mit seinen gerade einmal 22 Jahren bei Tusem Essen längst zu einem Führungsspieler gereift, hat seinen Vertrag beim Revierclub kürzlich erst wieder um zwei Jahre bis Sommer 2027 verlängert. „Ich fühle mich superwohl im Verein. Wir hatten gute Gespräche, da gab es nicht viel zu überlegen“, sagt der Rückraumspieler, der sich von der Dominanz Dänemarks bei der WM keineswegs überrascht zeigt: „Die Dänen sind einfach unglaublich stark und haben aus meiner Sicht den mit Abstand stärksten Kader bei diesem Turnier. Ich bin mir sicher, dass sie am Ende auch Weltmeister werden.“
Nils Homscheid blickt positiv in die Zukunft
Den Deutschen traut er trotz der Schlappe am Dienstag „mindestens das Halbfinale“ zu. „Bis auf Dänemark ist Deutschland auf jeden Fall in der Lage, jeden anderen Gegner zu schlagen“, sagt Homscheid. Auch grundsätzlich sieht der frühere Jugendspieler der HSG Hiesfeld/Aldenrade die Nationalmannschaft auf einem sehr guten Weg: „Wir haben ja schon viele junge Spieler, die sich sicher noch weiterentwickeln. Ich kann mir schon vorstellen, dass wir in der Zukunft auch mit den Dänen auf Augenhöhe agieren können.“
Von den Auftritten der dänischen Mannschaft ist auch Sandra Lai überaus angetan. „Das ist ja wirklich nahe an der Perfektion. Überhaupt: die ganze Machart und Spielweise ist ganz anders als bei uns. Ich wüsste wirklich nicht, wer die Dänen stoppen sollte“, sagt Lai, die im Sommer ihre Ämter als Frauenwartin der HSG Hiesfeld/Aldenrade und Abteilungsleiterin beim Stammverein TV Jahn (“Ich habe das Jahrzehnte gemacht, so langsam reicht es“) abgibt. Durchaus Lob hat die Hiesfelderin aber auch für das deutsche Team übrig, dem sie auch im Turnier noch so einiges zutraut, „wenn die Mannschaft das Dänemark-Spiel schnell verarbeiten kann.“ Lai hat mit Wohlwollen registriert, wie der Bundestrainer in den letzten Jahren viele junge Talente integrieren konnte. Besonders gut gefällt ihr die Spielweise des quirligen Nils Lichtlein, auch von Marko Grgic erwartet sie in Zukunft noch viel. Außerdem: „Was ein Renars Uscins schon in so jungen Jahren an Verantwortung trägt, ist enorm.“
Kirchner glaubt an eine Steigerung
Kevin Kirchner, Trainer der Hiesfelder Herren, hat das Dänemark-Spiel wegen des parallel stattfindenden Trainings seines Oberligisten nicht live sehen können, sieht beim Gislason-Team aber auf jeden Fall noch Steigerungspotenzial: „Bis jetzt haben die Deutschen noch in keinem Spiel über die vollen 60 Minuten das gezeigt, was sie eigentlich können“, so Kirchner. Das Halbfinale sollte für ihn schon das Mindestziel sein. „So lange wir den Dänen aus es dem Weg gehen, bin ich mir sicher, können wir jede Mannschaft schlagen. Vielleicht haben wir ja Glück und es passiert noch eine Überraschung im Turnier“, sagt der HSG-Übungsleiter. mit pogy