Essen. Goncalo Paciencia soll die Offensive des VfL Bochum verstärken. Wie gut passt der frühere Schalke-Stürmer zum Revierklub? Eine Analyse.

Am letzten Tag der Sommer-Transferperiode hat der VfL Bochum einen neuen Angreifer aus dem Hut gezaubert. Goncalo Paciencia soll die Offensive des Revierklubs verstärken. Der 29 Jahre alte Portugiese kommt auf Leihbasis bis Ende Juni 2024 vom spanischen Erstligisten Celta Vigo. Der Mittelstürmer hatte in der Bundesliga zuvor schon für Eintracht Frankfurt und den FC Schalke 04 gespielt. Zuvor gaben die Bochumer Angreifer Simon Zoller an den Zweitligisten FC St. Pauli ab.

Ist Paciencia ein Panikeinkauf der Bochumer oder hat er das Zeug, um eine wichtige Rolle im VfL-Sturm einzunehmen? Eine ausführliche Datenanalyse von Createfootball liefert die Antworten auf diese Frage.

VfL Bochum: Stärken und Schwächen von Goncalo Paciencia

Goncalo Paciencia spielte eine Saison für Schalke 04, nun hat er beim Nachbarn VfL Bochum unterschrieben.
Goncalo Paciencia spielte eine Saison für Schalke 04, nun hat er beim Nachbarn VfL Bochum unterschrieben. © ffs | Tim Rehbein

Stärken

Abschlussfreude

Offensivzweikampf

Dribbling

Schwächen

Ballsicherheit

Effizienz in Offensivaktionen

Concalo Paciencia - Spielstil: Target Man (Zielspieler)

Paciencia kommt vom spanischen Erstligisten Celta Vigo. Er ist in der Vergangenheit bereits für Eintracht Frankfurt sowie Schalke 04 in der höchsten deutschen Spielklasse aufgelaufen und hat 67 Bundesligaspiele absolviert. Genug Erfahrung in höchsten europäischen Spielklassen bringt der neue Stürmer des VfL Bochum definitiv mit.

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Zuletzt war Paciencia in Spanien vor allem als Joker im Sturmzentrum als einzige Spitze aktiv, sporadisch kam er aber auch in einer Doppelspitze zum Einsatz. Der 1,84 Meter große Angreifer bringt also nicht nur jede Menge Erfahrung, sondern auch Flexibilität zur Castroper Straße mit. Paciencia ist ein hart arbeitender Stürmer, der vor allem mit dem Ball am Fuß keinen Zweikampf scheut (über 16 offensive Duelle pro 90 Minuten). Einzig die Effizienz ist ausbaufähig.

Auch gegen den Ball arbeitet er solide, mit fast zwei Balleroberungen pro 90 Minuten in der gegnerischen Hälfte kann er immer wieder den Ball in aussichtsreichen Positionen gewinnen. Trotz seiner recht geringen Körpergröße arbeitet er auch in der Luft ordentlich, führt über sieben Duelle pro 90 Minuten und gewinnt ordentliche 40 Prozent seiner Luftkämpfe - ein guter Wert für einen Stürmer. Auch im Spiel mit dem Ball zeigt sich Paciencia engagiert: Er geht fast fünfmal pro 90 Minuten ins Dribbling, wühlt sich also regelmäßig durchs Zentrum, weicht aber auch immer wieder auf die Halbräume oder die Flügel aus. Auch dort zeigt sich der Portugiese bemüht, seine Dribbling-Quote von 42 Prozent erfolgreicher Duelle ist dabei aber keinesfalls herausragend.

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Am wohlsten fühlt sich der Angreifer aber im Zentrum, wo er dank seiner physischen Präsenz regelmäßig in aussichtsreichen Positionen an den Ball kommt. So hatte er in der letzten Saison für Celta Vigo über vier Aktionen pro 90 Minuten im Strafraum und schloss über dreimal ab - und das aus praktisch jeder Lage.

Paciencias Passspiel ist durchschnittlich. Mit seinen Zuspielen versucht er, zur Progressivität seines Teams beizutragen (2,7 Pässe ins letzte Drittel pro 90 Minuten) und Situationen mit langen Pässen aufzulösen (2,2 lange Pässe pro 90 Minuten). Defizite hat Paciencia in seiner Ballsicherheit: Mit 15 Ballverlusten pro 90 Minuten verliert er recht häufig das Leder und lässt generell in seinen meisten Aktionen die Effizienz vermissen. So ist er nicht nur in seiner Pass- oder Dribblingquote, sondern auch in seiner Schussgenauigkeit im Vergleich zu anderen Bundesligaangreifern maximal durchschnittlich erfolgreich.

Durchschnittliche Positionierung von Goncalo Paciencia während seiner Bundesliga-Zeit (Heatmap)
Durchschnittliche Positionierung von Goncalo Paciencia während seiner Bundesliga-Zeit (Heatmap)

Wirft man einen Blick auf Paciencias "Heatmap", lässt sich erkennen, dass er sich besonders gerne im gegnerischen Strafraum positioniert und dort auf seine Aktionen lauert. Situativ weicht der Portugiese dank seiner guten Beweglichkeit aber auch auf die Flügel aus oder lässt sich in die Halbräume fallen. Besonders gerne agiert er dabei auf der linken Seite, von wo er per Dribbling nach innen ziehen oder per Pass kreieren kann. Gegen den Ball kann sich Paciencia auch in die eigene Hälfte zurückfallen lassen und aus tieferen Positionen verteidigen, was in Bochum gebraucht werden dürfte. Auch in der gegnerischen Hälfte kann der 29-Jährige Bälle erobern, wirklich effizient ist er in seinem defensiven Zweikampfverhalten aber nicht. Er gewinnt 50% seiner Duelle - ein mäßiger Wert.

VfL Bochum: Paciencia, Hofmann und Asano im Vergleich (Alle Daten pro 90 Minuten)

 

Paciencia Bundesliga-Zeit

Hofmann 22/23

Asano

22/23

Schüsse (% aufs Tor)

3.1 (42%)

1.8 (48%)

2.7 (40%)

Tore (erwartete Tore)

0.39 (0.43)

0.27 (0.35)

0.27 (0.33)

Luftduelle (% gewonnen)

7.1 (40%)

13.9 (49%)

2.9 (34%)

Pässe (% erfolgreich)

19.0 (65%)

17.4 (72%)

17.4 (73%)

Pässe ins letzte Drittel (% erfolgreich)

2.7 (56%)

2.1 (48%)

1.8 (62%)

Ballaktionen im Strafraum

4.1

2.9

4.0

Dribblings (% erfolgreich)

4.9 (42%)

0.7 (54%)

2.9 (50%)

Ballaktionen (% erfolgreich)

66.6 (38%)

58.9 (44%)

53.1 (42%)

Offensiv-zweikämpfe (% gewonnen)

16.4 (28%)

6.1 (25%)

7.8 (37%)

Ballverluste

15.0

14.8

9.4

Defensiv-zweikämpfe (% gewonnen)

4.0 (50%)

2.3 (57%)

4.4 (63%)

Panikeinkauf? Wie gut passt Goncalo Paciencia zum VfL Bochum?

Nachdem der VfL Bochum Silvere Ganvoula und nun auch Simon Zoller abgab, musste im Angriff nachgelegt werden, zumal Bochum in der aktuellen Saison auf ein 3-4-1-2, also ein System mit Doppelspitze, setzt. Daher ergibt der Transfer von Goncalo Paciencia Sinn. Der Portugiese ist ein Hybrid aus den beiden Spielertypen, die Trainer Thomas Letsch aktuell in der Doppelspitze auflaufen lässt: Während Philipp Hofmann der klare Zielspieler ist, der mit Flanken und langen Pässen gefüttert werden soll, ist Takuma Asano ein gelernter Außenbahnspieler. Er ist beweglich, arbeitet viel um seinen Sturmpartner herum, findet aber dank seiner starken Technik immer wieder den Weg in den Strafraum und kommt zu Abschlüssen. Zuletzt überragte Asano in Augsburg.

Paciencia ist zwar im Dribbling nicht so effizient wie der Japaner, sucht aber häufig die direkten Duelle mit seinen Gegenspielern und auf diese Weise auch regelmäßig den Weg zum Tor. Der 29-Jährige ist auch solide in der Luft, kann also - ähnlich wie Hofmann - mit hohen Pässen gesucht werden.

Philipp Hofmann reibt sich im Sturmzentrum des VfL Bochum stets auf, konnte in dieser Saison aber noch nicht treffen.
Philipp Hofmann reibt sich im Sturmzentrum des VfL Bochum stets auf, konnte in dieser Saison aber noch nicht treffen. © AFP

Eine weitere Komponente, die Paciencia neu ins Angriffsspiel der Bochumer bringen wird, ist sein Fleiß. Er führt klar mehr offensive Zweikämpfe als die beiden Angreifer und wird so nochmals die Intensität beim VfL erhöhen. Goncalo Paciencia ist damit eine gute Ergänzung für Bochum: Er kennt die Liga gut, bringt eine Menge Erfahrung mit und kann auf beiden Stürmerpositionen eingesetzt werden.

VfL Bochum: Goncalo Paciencia ist kein Panikeinkauf

Möchte der VfL neben Hofmann zusätzliche Wucht aufstellen, hat er nun eine gute Ergänzung, die nicht Hofmann auf den Füßen stehen wird, sondern es auch versteht, in Halbräumen zu agieren oder auf den Flügel auszuweichen, um Flanken zu schlagen. Zugleich kann er auch Hofmann ersetzen, weil er in der Luft solide ist, sich gut im Angriffszentrum bewegt und häufig zum Abschluss kommt. Auf der zentralen Stürmerposition fühlt sich der Portugiese besonders wohl, regelmäßige Einwechslungen sind besonders auf dieser Position erwartbar. Damit wird der Ex-Frankfurter wohl zunächst eine starke Option von der Bank sein. Es ist ein guter Last-Minute-Transfer des VfL Bochum und alles andere als ein Panikkauf.

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