Gelsenkirchen. Gerald Asamoah muss Schalke verlassen. Das ist nachvollziehbar, aber nicht ohne Risiko für einen solchen Traditionsklub. Ein Kommentar.

Blickt man sehr nüchtern auf den Vorgang, ist wenig einzuwenden: Gerald Asamoah verlässt den FC Schalke 04 zum Saisonende, sein auslaufender Vertrag wird nicht verlängert, seine Stelle eingespart. Asamoah, als Spieler ein Teil der so viel erfolgreicheren Vergangenheit, zweimaliger Pokalsieger, erster Schalker in einem WM-Finale – jener Asamoah also hinterlässt als Funktionär nicht annähernd so große Fußstapfen wie einst als Spieler, der dem Legendenstatus mindestens sehr nahe kam. Da lässt sich nachvollziehen, dass die Klubführung auf die Dienste des Publikumslieblings künftig verzichten und die Stelle angesichts leerer Kassen gleich ganz einsparen will.

Aber nüchterne Logik allein ist kein guter Ratgeber bei einem hochemotionalen Traditionsklub wie Schalke, ein wenig Wärme braucht es auch. Die hätte übrigens auch der auffällig kalten Klub-Mitteilung des Asamoah-Abschieds gutgetan. Wärme aber strahlt die aktuelle Klubführung nicht aus. Der Vorstandsboss Matthias Tillmann ist eher der Typ smarter Startup-Investor, Sportvorstand Marc Wilmots mehr ruppig als empathisch unterwegs. Das allein ist ja nicht schlimm. Genauso, wie es nicht schlimm, sondern logisch ist, mit dem Alten zu brechen – die Fehler der Vergangenheit haben Schalke ja erst an den Rande des Abgrunds geführt.

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Die Tradition ist Schalkes größter Trumpf

Das aber ist ein schmaler Grat: Die Vergangenheit ist ja fast das Einzige, das Schalke noch bleibt. Wer sich von dieser Vergangenheit lösen möchte, müsste sie durch etwas Neues ersetzen – aber was soll das aktuell sein? Es ist doch vor allem die reichhaltige Tradition des Klubs, die Woche für Woche über 50.000 Menschen in die Arena lockt, der dargebotene Fußball ist es sicher nicht. Diese Tradition bewahrt man nicht, indem man sie im Museum ausstellt, sie muss lebendig bleiben. Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers. Und das Feuer brennt in Menschen wie Asamoah, der die irrationale Liebe zu diesem Klub verkörpert wie nur wenige andere. Schade, dass sich so einer nicht länger einbinden lässt, in welcher Rolle auch immer. Denn so geht ein weiteres Stück Schalke verloren.