Magdeburg. Schlimmer geht immer - das ist das Motto von Schalke in dieser Zweitliga-Saison. Das 0:3 in Magdeburg war eine Fußball-Demütigung.
Es waren gerade einmal 45 Minuten gespielt, da riefen die Fans des FC Schalke 04 schon „Wir wollen Euch kämpfen sehen.“ Fassungslos sahen sie in der Gästekurve, was die königsblauen Profis im Zweitliga-Spiel beim 1. FC Magdeburg schon in der ersten Halbzeit auf den Platz oder besser: nicht auf den Platz gebracht hatten. Für das, was die Königsblauen zeigten, fehlen selbst im Profifußball die negativen Begriffe - am ehesten treffen es noch die Wörter Bankrotterklärung, Blamage, Debakel, Vorführung. Schalke ging hochverdient mit 0:3 (0:3) unter. In dieser schlimmen Verfassung ist der Klassenerhalt in der Zweiten Liga nicht zu schaffen.
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An der defensiven Organisation und der Mentalität hatte Schalkes Trainer Karel Geraerts während der Woche gearbeitet, um seine Mannschaft auf den Ballbesitz-Fußball der Magdeburger einzustellen - doch was auch immer er in Einzel- oder Gruppengesprächen gesagt hatte: Nichts klappte, ab der ersten Sekunde. Die Schalker spielten Die-Null-muss-stehen-Betonfußball, schlugen den Ball meist blind nach vorn, und das ohne sich in den ersten 57 Minuten eine Torchance herauszuspielen. Die Magdeburger nutzten die Schalker Schlafmützigkeit zu flotten Kombinationen, modernem Fußball, wunderbar anzuschauen.
Schalke in Magdeburg mit Betonfußball
Die Tore waren vor 27.038 Zuschauern nur eine Frage der Zeit. In der 17. Minute fiel das erste. Nach einer Spielverlagerung erhielt der flinke Baris Atik den Ball, den Schalkes Verteidiger Thomas Ouwejan übersehen hatte. Mit einem simplen Querpass bediente Atik an der Strafraumgrenze den ebenfalls ungedeckten Silas Gnaka, der den Ball problemlos ins Tor schlenzte. Ein Aufbäumen der Schalker danach? Gab es nicht. Es blieb beim Betonfußball, aber ohne dass die Null noch stand. Direkt drängte Magdeburg auf das zweite Tor, und das fiel in der 35. Minute. Der Schalker Cedric Brunner hatte Tatsuya Ito leicht im Strafraum berührt, der Japaner sank zu Boden, als hätte ihn eine Faust von Vitali Klitschko erwischt. Schiedsrichter Christian Dingert zeigte nach Video-Ansicht trotzdem auf den Elfmeterpunkt, unverständlich. Mohammed El Hankouri verlud S04-Torwart Marius Müller - 2:0.
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Direkt nach dem Anstoß gaben die Schalker als nette Gäste den Ball wieder an die Magdeburger ab, die ihren schicken Fußball ungestört weiterspielen konnten. Nachdem Torwart Müller eine Ito-Flanke noch klären konnte (42.), verlud Ito drei Minuten später den bedauernswerten Brunner im Strafraum, ließ ihn aussehen wie einen Kreisligakicker, der mal Profifußball-Luft schnuppern darf, und schob den Ball zum 3:0-Pausenstand ins Tor. Schalke hatte in der ersten Halbzeit 30 Prozent Ballbesitz, gewann nur 29 Prozent der Zweikämpfe, ohne offensive Idee, ohne Torchance - das war die schwächste Halbzeit der jüngeren Vereinsgeschichte. Und schwach war vieles in den vergangenen Jahren. Drei Eurofighter waren im Stadion - OIaf Thon, Sportdirektor Marc Wilmots und Co-Trainer Mike Büskens, doch von einem Fight war Schalke so weit entfernt wie aktuell von einer Bundesliga-Rückkehr.
Schalke-Trainer Karel Geraerts nimmt in der Pause vier Wechsel vor
Trainer Geraerts hätte alle zehn Feldspieler wechseln können - tauschte immerhin viermal aus. Das hatte es auch noch nicht gegeben auf Schalke. Doch viel änderte sich nicht: Magdeburg kontrollierte das Spiel, wollte die Schalker aber etwas zu vergnügt auseinander kombinieren. Deshalb ging auch mal ein Trick daneben. Und nicht in jeder Minute drängte der FCM auf das vierte Tor, ließ es nach einigen Wechseln ruhiger angehen.
Deshalb konnten die Schalker auf dem schmerzhaften Weg bis zum Abpfiff ab und an verschnaufen und hatten in der 58. Minute sogar ihre erste Torchance. Doch Kenan Karaman, beste Schütze in dieser Saison, scheiterte an Torwart Dominik Reimann. Weitere Möglichkeiten, wenigstens den Ehrentreffer zu erzielen, ließen die danach für die nun etwas besseren Gäste Brandon Soppy (64.), Karaman (71.) und Bryan Lasme (75.) ungenutzt. In der Schlussphase wurde das Spiel zu einem Magdeburger Schaulaufen - die FCM-Fans schunkelten bei so viel Spielfreude, die S04-Anhänger schwiegen.
Schalke-Debakel: So wird es eng für Karel Geraerts
Es blieb beim 0:3, die dritte nicht zu erklärende Auswärtsleistung in Folge, schon in Kaiserslautern (1:4) und Kiel (0:1) hatte sich Schalke ergeben. In der Tabelle gelang der mögliche Sprung ins Tabellen-Mittelfeld nicht. Viele weitere Demütigungen dieser Art darf sich Trainer Geraerts nicht mehr erlauben. Dann wird es trotz aller Treueschwüre von Marc Wilmots für ihn eng.